Fußball-WM in Katar Emir behauptet, die Kritik speise sich aus »Erfundenem und Doppelmoral«

Kurz vor der Reise von DFB-Präsident Bernd Neuendorf und Bundesinnenministerin Nancy Faeser ins WM-Gastgeberland hat der Emir von Katar die anhaltende Kritik an seinem Land scharf zurückgewiesen. Er wittert eine Kampagne.
Scheich Tamim bin Hamad Al Thani: Katar hat rund 150 Milliarden Euro in das Turnier investiert

Scheich Tamim bin Hamad Al Thani: Katar hat rund 150 Milliarden Euro in das Turnier investiert

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IMAGO/SNA

Die deutsche Delegation ist noch gar nicht im Land, da wettert der Emir von Katar schon gewaltig gegen die Kritiker. Das Staatsoberhaupt hat die andauernden Vorwürfe gegen den Gastgeber der bevorstehenden Fußball-WM (20. November bis 18. Dezember) als »beispiellose Kampagne« inklusive »Erfundenem und Doppelmoral« gegeißelt. Bei einer Fernsehansprache beklagte Scheich Tamim bin Hamad Al Thani, dass noch kein Endrunden-Ausrichter derart heftig angegangen worden sei wie Katar.

»Wir haben Teile der Kritik zunächst in gutem Glauben sogar als positiv und nützlich erachtet, um Aspekte bei uns zu entwickeln, die entwickelt werden müssen«, sagte der Emir: »Aber uns wurde bald klar, dass die Kampagne weitergeht, sich ausdehnt, Erfundenes und Doppelmoral einschließt –, bis sie einen Grad an Heftigkeit erreichte, die leider viele Fragen über die wahren Gründe und Motive hinter dieser Kampagne aufwirft.«

Die Spitze des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) sieht die Endrunden-Austragung in Katar mittlerweile kritisch. Am Montag wird DFB-Präsident Bernd Neuendorf gemeinsam mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nach Katar reisen, um sich ein Bild über die Lage zu machen.

Die Agenda des Besuchs steht bereits fest. Er soll unter anderem ein Gespräch mit dem umstrittenen Fifa-Präsidenten Gianni Infantino beinhalten. Der Fußball-Weltverband erwartet von der ersten Endrunde in einem arabischen Land einen Gewinn von rund 6,5 Milliarden Euro. Katar soll rund 150 Milliarden Euro in das Turnier investiert habe. Infantino prophezeite »die beste WM aller Zeiten«.

Faeser will die heiklen Themen ansprechen

Bundesinnenministerin Faeser will bei der Reise, an der Luise Amtsberg (Grüne) als Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung teilnehmen wird, die heiklen Themen ansprechen. »Im Mittelpunkt stehen die Menschenrechtsfragen, die rund um das Turnier diskutiert werden, etwa der Schutz von queeren Menschen vor Diskriminierung und Verfolgung sowie die Verantwortung für Wanderarbeiter, die die WM-Stadien gebaut haben«, hieß es aus dem Innenministerium.

Faeser sei es außerdem wichtig, auch Vertreter der Zivilgesellschaft zu treffen, »um aus erster Hand einen Eindruck über ihre Lage zu erhalten«. Zudem kündigte Neuendorf einen »Austausch« mit Katars Verbandsboss Scheich Hamad bin Chalifa Al Thani und der Regierung an. Dabei müsse »unter anderem die Forderung nach einem Zentrum für Arbeitsmigrantinnen und -migranten im Vordergrund stehen«.

Die Vergabe der WM nach Katar wird seit Jahren kritisiert. Zunächst ging es um die Schmiergelder, die bei dem Votum im Jahr 2010 geflossen sein sollen. Danach ging es um den Umweltaspekt, da die Endrunde aufgrund des Klimas in den Winter verlegt werden musste. In den vergangenen Jahren standen die Menschenrechtslage, die Situation der Gastarbeiter und die Bedingungen für LGBT-Personen im Mittelpunkt.

Hören Sie hier den SPIEGEL-Podcast »Ausverkauft« zum Thema.

vgl/sid
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