Klarer DFB-Erfolg gegen Liechtenstein Ein Tritt, ein Abschied und ein verschobener Aufbruch

Beim 9:0 über Liechtenstein ließ ein Foul die Partie früh in Richtung Kantersieg kippen. Auf dem Platz stand die älteste deutsche Startelf seit 20 Jahren, der DFB-Twitteraccount zeigte schlechten Stil.
Leroy Sané (Nummer 19) traf gegen Liechtenstein doppelt

Leroy Sané (Nummer 19) traf gegen Liechtenstein doppelt

Foto: via www.imago-images.de / imago images/ActionPictures

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Abschied in Grau: 17 Jahre war Joachim Löw beim DFB, 15 Jahre davon als Cheftrainer, er wurde Weltmeister, war Gestalter einer neuen Nationalmannschaft, obwohl er am Ende für das Lähmende stand, das er zu Beginn seiner Amtszeit doch einst vertrieben hatte. »Der Beste für seine Zeit«, schreibt Peter Ahrens, DFB-Reporter des SPIEGEL. Löws Abschied nun nicht gegen Brasilien oder Italien, sondern gegen Liechtenstein. In Wolfsburg. Im trüben November. Man hätte einen besseren Anlass finden sollen.

Mats Hummels hatte bei Löws Verabschiedung zu einer großen Garderobenlösung gegriffen

Mats Hummels hatte bei Löws Verabschiedung zu einer großen Garderobenlösung gegriffen

Foto: Markus Gilliar / dpa

Ergebnis: Die deutsche Fußballnationalmannschaft hat ihr WM-Qualifikationsspiel gegen Liechtenstein 9:0 (4:0) gewonnen. Hier geht es zum Spielbericht.

Erste Hälfte: Vor 26.000 Zuschauenden traf İlkay Gündoğan erst per Strafstoß zum 1:0 (11. Minute), dann per Kopf die Latte (18.). Liechtensteins Daniel Kaufmann klärte ins eigene Netz (20.), Leroy Sané erhöhte aus halblinker Position auf 3:0 (22.). Marco Reus erzielte das 4:0 (23.)

Böser Tritt: Liechtensteins Jens Hofer wollte früh in der Partie im eigenen Strafraum klären, übersah dabei aber Leon Goretzka und traf diesen mit dem Stollen am Hals. Es gab Strafstoß und Rot (9.). Der sichtlich schockierte Hofer begleitete den deutschen Mittelfeldspieler auf dem Weg zur Behandlung an der Seitenlinie. Dieser nahm die Entschuldigung seines Gegenspielers an. Für Goretzka ging es weiter, für Hofer nicht.

Der frühe Tritt, der das Liechtensteiner Vorhaben noch schwerer machte

Der frühe Tritt, der das Liechtensteiner Vorhaben noch schwerer machte

Foto: Maik Hölter/TEAM2sportphoto / imago images/Team 2

Zweite Hälfte: 5:0 Sané (49.), 6:0 Thomas Müller (76.), 7:0 Ridle Baku (80.), 8:0 Müller (86.), 9:0 Eigentor Maximilian Göppel (89.).

Schlechter Stil: Nach dem 4:0 jubilierte der offizielle Twitteraccount des DFB-Teams. Gegen den 190. der Fifa-Weltrangliste, der seit der 9. Minute in Unterzahl agierte. »Was ist denn hiiier los« – der Weg zurück in die Weltklasse ist nicht nur auf dem Platz weit.

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Baku is back: Beim ersten Spiel der Post-Löw-Ära durfte Ridle Baku von Beginn an ran. 2:0 gewann man damals bei den Liechtensteinern, die Partie rumpelig, Baku schlecht – und fortan außen vor. Durch die Corona-Verwicklungen um Niklas Süle und Kollegen wurde er zurück in den Kader und direkt wieder in die Startelf gespült. Der U21-Europameister war sichtlich bemüht, seine Chance zu nutzen, Traumtor in den Winkel inklusive.

Premiere nach 113 Jahren: Am 5. April 1908 trat eine deutsche Fußballnationalmannschaft zum ersten Mal bei einem Länderspiel an. Der Schiedsrichter beim 3:5 (1:3) in der Schweiz hieß Herbert Patrick Devitte und war, wie die Vornamen unschwer verraten, ein Mann. So wie alle Unparteiischen der folgenden 113 Jahre. Mit der Kroatin Ivana Martincic war nun erstmals eine Frau Spielleiterin bei einer Begegnung der DFB-Elf. Die 36-Jährige agierte bei ihrem Debüt im internationalen Männerbereich unauffällig. Frauen an der Pfeife bei den Männern? »Es ist an der Zeit«, so Bundestrainer Hansi Flick.

Die Kroatin Martincic hatte keine Probleme mit der Partie

Die Kroatin Martincic hatte keine Probleme mit der Partie

Foto: FABIAN BIMMER / REUTERS

Günters Chance: Auf 48 Länderspielminuten war Linksverteidiger Christian Günter in den vergangenen siebeneinhalb Jahren gekommen, nach dem EM-Turnier ohne Einsatz schien seine Zeit im DFB-Dress beendet. Nun haben ihn die starken Auftritte im Trikot des SC Freiburg, dem Überraschungsteam der bisherigen Bundesligasaison, auch in Flicks engere Auswahl gespült. Und für den 28-Jährigen ist dies kein hoffnungsloser Kampf: Robin Gosens ist verletzt, David Raum ein Konkurrent auf Augenhöhe. Günters Leistung? Siehe Baku, minus Traumtor.

Flicks Serie: Sechs Siege in sechs Länderspielen, 27:1 Tore – Flicks Trainerbilanz bei der Nationalmannschaft ist makellos. Als erster Verantwortlicher hat er die ersten sechs Pflichtspiele gewonnen, Franz Beckenbauer gelangen einst fünf zum Einstand. Allerdings: zweimal Liechtenstein, Island, Armenien, Rumänien und Nordmazedonien sind keine Gegner jener Güteklasse, in der sich die Deutschen wieder zeigen möchten. Erste Härtetests stehen im März an: Für jene Termine bemüht sich der DFB um Gegner der höchsten Kategorie. Gerade einmal ein gutes halbes Jahr vor WM-Auftakt werden es die ersten richtungsweisenden Partien für Flick. Der Länderspielkalender gab nichts anderes her, ideal ist es dennoch nicht.

Aufbruch verschoben: Ohne zehn verletzte, gesperrte oder wegen Corona abstinente Profis setzte Flick auf Erfahrung statt Nachwuchs. Mit einem Durchschnittsalter von 29 Jahren und 11 Tagen ging die älteste Startelf seit dem 12. Juni 2000 auf dem Platz. Damals spielte man im ersten EM-Gruppenspiel der EM 2000 1:1 gegen Rumänien. Die damalige Startelf, unter anderem mit dem 39-jährigen Lothar Matthäus, brachte im Schnitt 30 Jahre und 86 Tage auf den Platz.

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Schaulaufen in Eriwan: Als Sieger der Gruppe J reist das DFB-Team zum letzten Spiel nach Eriwan. In der armenischen Hauptstadt kommt es am Sonntag (18 Uhr, TV: RTL) im knapp 3000 Kilometern entfernten Vazgen Sargsyan-Stadion zum unbedeutenden Ausklang der WM-Qualifikation, denn die Gastgeber haben nach dem 0:5 (0:2) gegen Nordmazedonien keine Chance mehr auf die Teilnahme am Turnier in Katar.

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