Wutreden Sauereien und leere Flaschen
"Das ist eine populistische Scheiße", wetterte Uli Hoeneß auf der Jahreshauptversammlung - und redete sich dann richtig in Rage. "Es kann nicht sein, dass wir uns jahrelang den Arsch aufreißen und dann so kritisiert werden", brüllte der Manager den Mitgliedern entgegen, von denen er zum Teil wütend ausgepfiffen wurde.
Anlass für die folgende Brandrede des bekannt wortgewaltigen Hoeneß war der Wortbeitrag eines Fans namens Ralf Seeliger, der sich beklagte, wie wenig die Anhänger vom Club ernst genommen würden, dass es zu viele Logen gebe, wie schlecht die Stimmung in der fast immer ausverkauften Allianz Arena sei - und laut "Süddeutscher Zeitung" das schöne Zitat vorbrachte, dass "man mit Champagnergläsern keine La Ola machen kann". Beim volkstümlicheren Lokalrivalen TSV 1860 sei die Atmosphäre, so Seeliger, viel besser.
Daraufhin war Hoeneß nicht mehr zu bremsen, so oft ihn der Bayern-Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge auch flehentlich von der Seite anschaute - denn der hatte zuvor das Bild einträchtiger Harmonie beim Rekordmeister beschworen. Doch das war dem Manager völlig egal.
"Scheißstimmung? Da seid ihr doch dafür verantwortlich, nicht wir", hielt er den Fans im Saal entgegen, bezichtigte sie einer romantischen Verklärung der Vergangenheit im zugigen Olympiastadion, kanzelte nebenbei den TSV 1860 als finanziell allenfalls Regionalliga-tauglich ab.
Für einigen Unmut abseits der Fankurve dürfte auch eine andere Bemerkung sorgen. "Was glaubt ihr eigentlich, was wir das ganze Jahr über machen, damit wir euch für sieben Euro in die Südkurve gehen lassen können?", hielt Hoeneß den Anhängern vor, "Was glaubt ihr eigentlich, wer euch alles finanziert? Das sind die Leute aus den Logen, denen wir die Gelder aus der Tasche ziehen." Die Logenbesitzer, die bis zu 240.000 Euro pro Saison für ihre Kabinen zahlen, werden das interessiert zur Kenntnis genommen haben.
Fest steht, dass sich Hoeneß mit seiner an Wahrheiten reichen Brandrede weit nach oben in die Rangliste der legendären Wutausbrüche katapultiert hat. In Führung liegt wohl nach wie vor der frühere Bayern-Coach Giovanni Trapattoni, der am 10. März 1998 seine Mannschaft öffentlich zusammenfaltete. "Was erlauben Strunz?", giftete er Nationalspieler Thomas Strunz an und befand, "drei oder vier Spieler, die waren schwach wie eine Flasche leer".
Um Flaschen und Gläser drehte es sich auch bei Rudi Völler, der als Teamchef nach einem mauen Spiel der Nationalmannschaft auf Island TV-Frager Waldemar Hartmann attackierte. "Du sitzt hier auf deinem Stuhl und hast drei Weizenbier getrunken und bist schön locker", pflaumte Völler den Moderator an und erklärte, dass er "diesen Scheißdreck nicht mehr hören" wolle. Gemeint war die Berichterstattung der Medien, die "das Allerletzte" sei.
Mit Wut zum Werbevertrag
Franz Beckenbauer ätzte im März 2001 nach einer 0:3-Niederlage des FC Bayern in der Champions League bei Olympique Lyon über seine Mannschaft: "Das ist eine Uwe-Seeler-Traditionself, das war reiner Altherren-Fußball. Wir haben Fußball wie vor 30 Jahren gespielt." Beim Festbankett nach dem Spiel redete sich der Bayern-Präsident heiß und befand: "So darf in Zukunft nicht gespielt werden, sonst könnt ihr euch einen anderen Beruf suchen. Wenn einer Nachhilfe braucht, stehe ich zur Verfügung."
Das saß - und zeigte Wirkung: Zwei Monate später gewannen die Bayern die Champions League im Finale gegen den FC Valencia. Auch die anderen Wutreden hatten übrigens durchweg angenehme Folgen: Trapattonis Flaschen schafften 1998 immerhin den Einzug in die Champions League und erreichten ein Jahr später das Finale. Ohne Trapattoni allerdings, der Ottmar Hitzfeld weichen musste.
Sportreporter Hartmann ergatterte einen gut dotierten Vertrag als Werbefigur für Weizenbier - obwohl er Völler spontan entgegnet hatte: "Also, in Island gibt es kein Weizenbier, ich bin auch kein Weizenbiertrinker."