FUSSBALL »Fußballer sind Konzertpianisten«
Der Neurologe Hans-Peter Thier, 54, Direktor des Hertie-Instituts für klinische Hirnforschung in Tübingen, über Fußball als Denksport
SPIEGEL: Werden Fußballspiele im Kopf entschieden?
Thier: Im Wesentlichen ja. Ein Spieler muss ständig die Positionen der anderen Spieler und die Bewegung des Balles berechnen. Was Fußball ausmacht, basiert auf einem riesigen Blumenstrauß von Hirnfunktionen.
SPIEGEL: Welche Funktionen sind das?
Thier: Die Leistung, die dem Gehirn beim Fußball abverlangt wird, ist größer als beim Schach. Das Spiel fordert Logik und Kombinationsgabe. Fußball ist vielschichtiger: Motorik ist gefragt, Orientierung, Koordination, Aufmerksamkeit, Interaktion. Das statistische Rüstzeug etwa bei einem Elfmeter würde schon Bücher füllen.
SPIEGEL: Ist Bastian Schweinsteiger intelligenter als Garri Kasparow?
Thier: Das kommt darauf an, wie man Intelligenz definiert. Klar ist, dass Schweinsteigers Gehirn die anspruchsvollere Aufgabe lösen muss. Man erkennt das zum Beispiel daran, dass ein Computer im Schach gegen einen Menschen gewinnen kann, aber ein Fußball-Roboter ist selbst gegen einen Achtjährigen chancenlos.
SPIEGEL: Warum gibt es dann so wenige Fußballprofis mit Abitur?
Thier: Das eine hat mit dem anderen wenig zu tun. Es geht beim Fußball nicht ums Lernen, Fußball geht darüber hinaus: Die koordinative Leistung eines Kickers ist nur noch mit der eines Konzertpianisten oder Violinisten vergleichbar.
SPIEGEL: Wie gefährlich sind Kopfbälle fürs Gehirn?
Thier: Das ist eine endlose Diskussion. Doch in letzter Zeit hat es einige Studien dazu gegeben, die, bis auf eine Ausnahme, Entwarnung geben.
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