»Ganz schnell handeln«
SPIEGEL: Herr Kleinert, Daimler-Benz ist der Hauptsponsor der deutschen Leichtathleten. Schreckt es Sie nicht, daß Sportler in dem zur Verfügung gestellten Dienst-Mercedes Anabolika transportieren?
KLEINERT: Wenn ich so jemanden erwischen würde, müßte er umkehren, die nächste Mercedes-Werkstatt ansteuern und den Kofferraum säubern, in dem das Zeug gelegen hat - dieser Mercedes stünde dem Sport nicht mehr zur Verfügung.
SPIEGEL: Seit März sind detaillierte und dokumentierte Dopingvorwürfe gegen deutsche Leichtathleten bekannt. Doch im August bei den Europameisterschaften in Split lud Mercedes das deutsche Team zur Party.
KLEINERT: Wir haben immer erklärt, gegen jede Manipulation zu sein. In einem Vertrag mit dem Leichtathletik-Verband steht wörtlich: »Leistungssteigerungen haben mit fairen Mitteln zu erfolgen, Doping ist unfair und schädlich.« Für die Sauberkeit, das steht ebenso eindeutig fest, haben die Verbände zu sorgen. Wir können doch nicht eine Ermittlungsgruppe einsetzen.
SPIEGEL: Es hat sich aber gezeigt, daß die Funktionäre an Aufklärung kein großes Interesse haben.
KLEINERT: Wenn da nichts passiert, wird unsere Partnerschaft mit dem Verband beendet. Angesichts der jüngsten Vorwürfe müssen sogar ganz schnell Konsequenzen gezogen werden.
SPIEGEL: Weil die Athleten ihrem eigenen Verband nicht trauen, wollen sie sogar selbst Kontrollen durchführen - ihnen fehlt aber das nötige Geld dazu. Würden Sie sich beteiligen?
KLEINERT: Daimler-Benz hat dem Präsidenten des Deutschen Sportbundes angeboten, sich an einem Fonds zu beteiligen, mit dem der DSB und die Verbände eine klare Kontrollinie fahren können.
SPIEGEL: Das wären aber immer noch keine unabhängigen Kontrollen.
KLEINERT: Unabhängige Kontrollen müssen das Ziel sein. Ich gehe davon aus, daß die Sportverbände dies auch so sehen. Wenn der Sport die notwendige Transparenz und Glaubwürdigkeit nicht herstellt, verliert er die Sponsoren, er verliert auf jeden Fall Daimler-Benz.
SPIEGEL: Bislang wurden aber alle Vorwürfe beharrlich ausgesessen.
KLEINERT: Sicher werden wir nicht, wenn einige wenige schwarze Schafe auffällig werden, unser gesamtes Verhältnis zum Sport beenden. Aber wir werden deutlich machen, daß bei uns die Jalousie runtergeht, wenn die Verbände nicht überzeugend Manipulationen ausschließen.
SPIEGEL: Auch der Diskuswerfer Wolfgang Schmidt wurde vom ehemaligen DDR-Sportmediziner Dr. Manfred Höppner mit Anabolika in Verbindung gebracht. Schmidt ist Angestellter von Daimler-Benz . . .
KLEINERT: Auch hier muß der Verband Klarheit schaffen. Wir als Sponsor können nicht detektivisch tätig werden. Der Sport selbst hat das Problem in den nächsten Monaten zu lösen. Mit schönen Reden ist es nicht mehr getan, hier muß gehandelt werden.