Weltranglistenerster Jon Rahm Ballesteros' Erbe

Jon Rahm ist der neue Weltranglistenerste im Golf
Foto: Darron Cummings/ APMan kann sagen, dass Severiano Ballesteros einst selbst für seinen Nachfolger gesorgt hat. Der 2011 mit nur 54 Jahren verstorbene Ballesteros ist ein Denkmal des Golfsports, er war Masters-Sieger, British-Open-Sieger, Weltranglistenerster, Europas Golfspieler des Jahrhunderts, in Spanien ist er einer der größten Sporthelden, die das Land gehabt hat. Der Flughafen in Santander ist nach ihm benannt.
Beim traditionellen Ryder Cup 1997 war Ballesteros der sogenannte non-playing Captain des europäischen Teams und führte die Auswahl in der spanischen Heimat zum Sieg über die USA. Vor dem Fernseher saßen Edorta und Angela Rahm Rodriguez, es ist nicht überliefert, ob der zweijährige Sohn Jon auch schon zuschauen durfte. Aber dieser Ryder Cup war dafür verantwortlich, dass das Ehepaar Rahm anschließend mit dem Golfspielen begann und ihr Sohn es ihnen später gleichtat.
23 Jahre später steht Jon Rahm an der Spitze der Golf-Weltrangliste. Der erste Spanier seit Ballesteros, der das geschafft hat. Mit gerade 25 Jahren schon ganz oben angekommen. Dabei hat er bislang noch gar kein Major-Turnier gewonnen. Die Golfwelt hat einen neuen Star.
Nicklaus begutachtet seinen Nachfolger
Beim Memorial Tournament in Dublin im US-Staat Ohio gelang Rahm mit dem Turniererfolg der Sprung auf Rang eins, er löst damit Rory McIlroy ab. Ein würdiger Ort dafür, das Turnier wurde schließlich von US-Ikone Jack Nicklaus ins Leben gerufen. Nicklaus, mittlerweile 80 Jahre alt und gerade erst von Covid-19 genesen, durfte sich also selbst ein Bild davon machen, was dieser 25-jährige Baske so kann.
In Dublin tat Rahm jedenfalls alles dafür, Eindruck zu schinden. Sein Sieg geriet extrem souverän und selbst eine nachträgliche Strafe von zwei Schlägen brachte seinen Gesamterfolg nie in Gefahr. Auf der Schlussrunde hatte er kurz vorm Schlag den Ball verbotenerweise leicht bewegt.
Dem Triumph tat das keinen großen Abbruch, ohnehin ist es in der Karriere des jungen Mannes bisher nur in eine Richtung gegangen: bergauf. Und das, obwohl er alles andere als unbelastet in das Turnier von Dublin gegangen war. Sowohl seine Großmutter als auch eine Tante von ihm waren vor Kurzem dem Coronavirus erlegen, Rahm machte nach seinem Sieg keinen Hehl daraus, dass es ihm angesichts dessen schwergefallen war, sich dennoch auf den Sport zu konzentrieren. Ihm gelang es bravourös.
Wahrscheinlich wäre er sogar noch schneller ganz oben angelangt, wenn ihn in der Vergangenheit sein Temperament nicht wiederholt ausgebremst hätte. Rahm gilt als impulsiv, manchmal verlässt ihn im Spiel die Coolness, aber genau das macht ihn für den Golfsport auch so interessant. Rahm ist selten langweilig, das war John McEnroe im Tennis auch nie. Die Leute wollen genau so jemanden sehen.
Im Moment können sie das allerdings nicht, Corona-bedingt fand auch das Turnier in Dublin ohne Zuschauer statt. So musste sich Rahm statt vom Publikum von der Fachwelt abfeiern lassen: "Rahm und Ehre" jubelte golf.de nach dem Erfolg von Dublin, das "Golfmagazin" hatte den Shootingstar, der es in nur anderthalb Jahren vom Amateur zum Top-Ten-Spieler gebracht hat, schon 2018 als den "nächsten Seve Ballesteros" belobigt.

Das große Vorbild heißt Severiano Ballesteros
Foto: CARL DE SOUZA/ AFPSeinen Anteil an der Kometen-Karriere hat auch einer, dessen Familie jenen Ryder Cup von 1997 nicht so gut in Erinnerung behalten hat. Tim Mickelson, Rahms heutiger Manager, ist der Bruder des großen Phil Mickelson, der 1997 im unterlegenen US-Team stand, auch einer der Heroen im Golf. Bruder Tim holte das Talent Rahm vor neun Jahren aus Europa in die Staaten, der junge Spanier folgte dem Lockruf, obwohl er kein Wort Englisch sprach.
Der Coach, damals Trainer an der Arizona State University, feilte an Rahms Technik, verpasste ihm einen Mentalcoach, der Rahms Heißblütigkeit in Bahnen zu lenken sucht - so viel kann Tim Mickelson dabei nicht falsch gemacht haben.
Seit 2016 ist Rahm bei den Profis unterwegs, schnell sorgte er mit guten Platzierungen für Aufsehen, den Experten war früh klar: Hier wächst einer heran. Und 2018 war es dann so weit: Jon Rahm wurde in die Europa-Auswahl des Ryder Cups berufen. Edorta und Angela Rahm dürften zu den Zuschauern gehört haben.
2019 wurde Jon Rahm zum besten Spieler Europas gewählt und mit der entsprechenden Auszeichnung geehrt. Sie heißt Seve Ballesteros Award.