Erst abgelehnt und verboten, jetzt erfolgreich Warum Frauen im Golf heute Millionen verdienen können

Lange hatten es Frauen im Golf schwer. Zum Start des Solheim Cup, dem weiblichen Pendant des Ryder Cup, sagt Golfpionierin Mickey Walker, wie sich das geändert hat.
Ein Interview von Benjamin Knaack
Die Australierin Jan Stephenson, 1983, sie war eine der ersten weiblichen Golfstars

Die Australierin Jan Stephenson, 1983, sie war eine der ersten weiblichen Golfstars

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AP

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SPIEGEL: Frau Walker, mir wurde einmal gesagt: Wenn du einer von diesen besessenen Vätern sein willst, die ihre Töchter mit Macht in den Profisport bringen wollen, dann wenigstens im Tennis oder Golf. Dort könnte man immerhin reich werden. Stimmt das?

Walker: Ja, definitiv. An der Spitze stehen die Tennisspielerinnen, aber in der Breite gibt es viel mehr Golferinnen, die Millionärinnen sind. Im Golf können Frauen eine Menge Geld verdienen.

SPIEGEL: Sie sind seit mehr als 50 Jahren im Golfgeschäft. Haben Sie in ihren Anfängen mit einer solchen Entwicklung des Frauengolfs gerechnet?

Walker: Ja. Vor vielen Jahren, in den Achtzigern, hatte ich ein Gespräch mit Mark McCormack. Er war einer der ersten richtigen Sportmanager, hatte Topstars wie Arnold Palmer und Gary Player unter Vertrag. Und er sagte mir schon damals: Frauengolf wird ein globales Ereignis werden.

SPIEGEL: Was hat den Golfsport der Frauen nach vorne gebracht?

Walker: Die US-Tour nahm richtig Fahrt auf, als ein Typ namens Ray Volpe, der auch mit der US-Eishockeyliga NHL zu tun hatte, die Vermarktung in den frühen Achtzigern übernahm. Er glaubte ans Frauengolf und betrachtete uns als ziemlich unterbezahlt. Zur gleichen Zeit betrat Nancy Lopez die Bühne. Alle in Amerika liebten sie, sie war ein Megastar. Das half sehr, die Liga zu vermarkten. Zudem gab es viele Frauen, die wirklich sehr attraktiv waren, richtige Sexsymbole. Jan Stephenson, eine Australierin, war auf dem Cover des »Sport«-Magazins. Und dann war da noch Laura Baugh. Sie war klein und bildhübsch. Sie gewann keine großen Turniere, war aber super zu vermarkten. Die Amerikanerinnen verliebten sich sofort in sie.

SPIEGEL: Das erinnert an die Tennisspielerin Anna Kournikova.

Walker: Hundertprozentig. Durch diese Entwicklungen bekamen wir richtig große Sponsoren. Wichtig waren aber auch Spielerinnen wie Annika Sörenstam. Sie sorgte dafür, dass der Sport professioneller wurde. Das, was Tiger Woods für die Männer war, war sie für die Frauen. Sie arbeitete sehr hart, ging ins Fitnessstudio, sie schlug den Ball härter und weiter. Sie hatte einfach so eine beeindruckende Einstellung. Dennoch: Bis vor ein paar Jahren gab es noch nicht die Breite in der Qualität der Spielerinnen, die wir heute haben.

SPIEGEL: Was hat sich verändert?

Walker: Pak Se-ri gewann ihre ersten U.S.Open 1998. Sie hat viele ganz junge Südkoreanerinnen inspiriert, mit dem Golf anzufangen, heute ist Südkorea eine der dominierenden Nationen auf der Tour. Und es spielen mittlerweile Golferinnen aus der ganzen Welt mit, dadurch kann man das Frauengolf natürlich auch überall vermarkten.

SPIEGEL: Sie haben ihre Golfkarriere 1973 gestartet. Wie war die Golfwelt damals?

Walker: Sie war sehr von Männern dominiert, das ist eigentlich auch heute noch so. Ein typischer Golfclub in Großbritannien hat ein Verhältnis von 8:1 an Männern, in einigen sogar 10:1. Oft sind es Klubs, die von Männern für Männer gemacht sind und in denen es Menschen gibt, die denken, Frauen sollten kein Golf spielen. Aber es verändert sich langsam.

SPIEGEL: Haben Sie als golfende Frau viel Ablehnung erfahren?

Walker: Natürlich. 1986 wurde ich der erste Headcoach in einem professionellen 18-Loch-Golfclub in Großbritannien. Viele Klubs haben damals Frauen nicht erlaubt, sonntagvormittags zu spielen. Darüber musste ich mich natürlich hinwegsetzen, wenn ich Trainingsrunden gespielt habe. Mittlerweile dürfen die Frauen auch am Sonntagmorgen spielen, aber viele tun es aus historischen Gründen immer noch nicht.

SPIEGEL: Wie gingen die Frauen mit den Hürden um?

Walker: Es gab eine Frau, Vivien Saunders, sie war sehr schlau, hatte einen Abschluss in Psychologie und spielte auf der LPGA-Tour, eine tolle Golferin. Als sie aufhörte, wurde sie Trainerin und bewarb sich auf Jobs, aber sie bekam nie einen angeboten. Irgendwann hatte sie die Nase voll, wollte keine Absagen mehr kassieren und kaufte sich ihren eigenen Klub.

SPIEGEL: Wie sind Sie zum Golf gekommen?

Walker: Mein Vater war Schotte und wie jeder Schotte spielte er Golf. Ich war Caddy für ihn und er bezahlte mich dafür. Ich mochte Golf nicht, aber ich mochte es, Geld zu verdienen. Mein Vater war ein guter Golfer und ich habe mir einiges von ihm abgeguckt.

SPIEGEL: Der traditionsreiche britische Golfklub Muirfield erlaubte bis vor ein paar Jahren keine Frauen als Mitglieder. Erst 2017 öffnete sich auch diese Institution. Was haben Sie gedacht, als Sie das hörten?

Walker: Es war eine große Sache, denn es war ja auch einfach nicht richtig. Auch St. Andrews, einer der berühmtesten Klubs der Welt, erlaubte erst spät Frauen. Eine Freundin von mir, eine Journalistin, die viele Bücher und Artikel über Golf geschrieben hat, bat mich einmal darum, dass ich nach ihrem Tod ihre Asche im Klubhaus von St. Andrews verstreuen sollte. Denn das, so sagte sie, wäre der einzige Weg, wie sie jemals dort reinkäme. So lange musste sie dann doch nicht warten, mittlerweile wurden sogar schon zwei British Open der Frauen dort ausgetragen. Und in diesem Jahr findet auch noch ein Majorturnier in Muirfield statt. Es hat sich also einiges getan.

SPIEGEL: Am Dienstag startet wieder der Solheim Cup, das Pendant der Frauen zum Ryder Cup der Männer, bei dem die USA gegen Europa antritt. Sie waren die Kapitänin des europäischen Teams bei der Premiere des Wettbewerbs 1990 und beim ersten Sieg zwei Jahre später. Wie war das damals?

Walker: Das Team von 1990 wurde erst in letzter Minute zusammengestellt. Es war zwar professionell, aber es waren kaum Zuschauer dort. Ich muss gerade überlegen, wer überhaupt dabei war. Wir hatten nur acht Spielerinnen…

SPIEGEL: Ich habe die Wikipediaseite gerade offen. Hier stehen: Helen Alfredsson, Laura Davies, Marie-Laure de Lorenzi, Trish Johnson, Liselotte Neuman, Alison Nicholas…

Walker: …Dale Reis und Pam Wright. Richtig. Ehrlich gesagt, hatten wir Europäerinnen überhaupt keine Chance. Die Amerikanerinnen waren Superstars. Mindestens sechs der acht Spielerinnen waren Mitglieder der Hall of Fame, es waren Legenden. Und wir wurden dann auch schlimm vermöbelt.

SPIEGEL: Warum gab es so einen großen Unterschied?

Walker: Die Europatour startete erst 1979, 30 Jahre nach der US-Tour, und sie war lange eine rein britische Veranstaltung. Erst in den späten Achtzigerjahren kamen auch Spieler aus anderen europäischen Länder dazu, vor allem die Schwedinnen. Liselotte Neumann löste mit dem ersten Sieg einer Schwedin bei den U.S. Open eine Golfrevolution in ihrem Land aus. Lange konnten die US-Amerikanerinnen aus einem viel größeren Reservoir schöpfen.

SPIEGEL: Warum entwickelte sich das Frauengolf in den USA so viel früher?

Walker: Es gab einfach viel mehr Spielerinnen. Und darunter einige motivierte Sportlerinnen, die professionell spielen wollten, wie etwa Betsy Rawls. Und sie hatten Glück: Der Hersteller Wilson finanzierte die Frauentour. Er ermöglichte die Turniere und damit die Tour. Diese wirtschaftliche Rückendeckung war elementar wichtig.

SPIEGEL: Gibt es eine prägende Erinnerung vom ersten Solheim Cup?

Walker: Nancy Lopez war damals das Postergirl des Golfs, alle im Europateam haben zu ihr aufgeguckt. Und dann schlug unsere Alison Nicholas sie. Die Ironie dabei war, dass Nicholas damals auf der Amerikatour spielte – und das schlecht. Sie dachte darüber nach, aufzuhören. Und es war ausgerechnet Nancy, die ihr das ausredete und ihr sagte, dass sie gut genug sei. 1997 lieferten sich beide ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die U.S. Open – und Alison siegte mit einem Schlag Unterschied. Nancy konnte dieses Turnier, das sie unbedingt gewinnen wollte, niemals für sich entscheiden.

SPIEGEL: Zwei Jahre nach der herben Pleite bei der Solheim-Cup-Premiere gewann Europa. Wie konnte das denn passieren?

Walker: Es gab eine Reihe von Gründen. Die US-Kapitänin Kathy Whitworth musste nach Hause, weil ihre Mutter gestorben war. Zudem hatten uns die Amerikanerinnen unterschätzt. Beth Daniel hatte vor dem Match ein Interview gegeben, in dem sie sagte: »Natürlich werden wir gewinnen.« Das war zwar eine absolut realistische Einschätzung, aber dennoch hat es uns motiviert, die britische Presse machte eine große Sache daraus. Wir wollten es ihnen zeigen. Und dann war da noch das Wetter.

SPIEGEL: Schottland im Oktober.

Walker: Es war furchtbar. Wenn es ein normales Turnier gewesen wäre, hätte es niemals stattfinden dürfen. Es war so kalt und nass, wir konnten sogar kaum Übungsrunden spielen. Aber wir waren im Gegensatz zu den Amerikanerinnen daran gewöhnt. Sie haben es gehasst. Und am Ende konnten wir jubeln.

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