Sieger Matthew Fitzpatrick »Ein Schlag, den man wohl bis ans Ende der US-Open-Geschichte zeigen wird«

Matthew Fitzpatrick und Caddie Billy Foster würden am liebsten die ganze Welt umarmen
Foto: Charlie Riedel / APDieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.
Ein Champion wird man, wenn man dann am besten ist, wenn es wirklich darauf ankommt. Auf dem allerletzten Loch dieser US Open wurde Matthew Fitzpatrick zu einem Champion.
Der Brite lag in Führung, sein erster großer Sieg im Golfsport war zum Greifen nah, da misslang ihm die Annäherung zum 18. Grün gründlich. Der Ball landete im Fairwaybunker, normalerweise macht das einen präzisen Angriff der kleinen Grüns deutlich schwerer. Aber Fitzpatrick gelang dann ein Schlag, »den man wahrscheinlich bis ans Ende der US-Open-Geschichte zeigen wird«, wie sein Hauptkonkurrent Will Zalatoris anschließend neidlos anerkannte. Fitzpatrick beförderte den Ball aus dem Sand bis auf ein paar Meter an die Fahne: »Einer der besten Schläge, die ich je getroffen habe.«
Coming in clutch.
— PGA TOUR (@PGATOUR) June 19, 2022
Incredible recovery by @MattFitz94 on the final hole.pic.twitter.com/3ux171EXUI
War Zalatoris dadurch entmutigt? Zumindest legte er den entscheidenden Putt hauchzart am Loch vorbei, der ihn in ein Stechen gerettet hätte. Der US-Amerikaner sank danach in die Knie, schlug die Hände über den Kopf zusammen. Wieder hatte es nach einer starken Leistung nicht ganz zum ersten Majortitel gereicht. Zweiter beim Masters im Vorjahr, Zweiter bei der diesjährigen PGA Championship, Zweiter jetzt bei den US Open. Das kann sich zum Fluch auswachsen.
Schon als Amateur in Brookline triumphiert
So triumphierte Matthew Fitzpatrick. Es ist eine besondere Geschichte um den Sieg dieses 27-jährigen Briten, der ein paar Erfolge in Europa und Asien gesammelt hat, aber noch nie auf der maßgeblichen PGA-Tour gewann – geschweige denn eines der vier großen Majorturniere. Und das, obwohl er seit Jahren konstant in der erweiterten Weltspitze mitgolft, aber ein besseres Resultat als ein Rang fünf bei der PGA Championship dieses Jahres war für ihn bei einem Major noch nie herausgesprungen.
Eine besondere Geschichte für ihn, weil er exakt auf diesem Kurs in Brookline bei Boston vor neun Jahren schon einmal bei den US Open ganz oben stand – allerdings noch bei den Amateuren. 2013 siegte er mit seinem Bruder Alex an der Seite als Caddie. Jetzt siegte er auch bei den Profis und Alex, mittlerweile selbst Golfprofi, gehörte zu den ersten Gratulanten und lag seinem Bruder in den Armen.
Ohnehin wollte Fitzpatrick danach am liebsten die ganze Welt umarmen, reihum wurde die Konkurrenz innig geherzt, Fitzpatrick gehört zu denen, die in der Branche einen guten Ruf haben. »Das Gefühl ist nicht von dieser Welt. Ich könnte morgen als glücklicher Mensch in Rente gehen.«

Der US-Champion bei den Amateuren und bei den Profis auf demselben Platz – das hat zuletzt der große Jack Nicklaus geschafft. Welche Fußstapfen.
Eine besondere Geschichte aber auch für seinen jetzigen Caddie Billy Foster. Seit weit über 30 Jahren ist Foster ein treuer Helfer der Golf-Berühmtheiten. Er hat für Severiano Ballesteros gearbeitet, für Darren Clarke, für Lee Westwood. Es dauerte bis jetzt, dass auch er seinen ersten Majortitel feiern durfte. Den Ruf des »besten Caddies ohne einen Majorsieg« ist er jetzt endlich losgeworden.
Billy Foster is an interviewer’s dream 😂🍻 (🎥: @ESPNCaddie) pic.twitter.com/jk2Y6S62WY
— Caddie Network (@CaddieNetwork) June 20, 2022
Wieder Sport im Mittelpunkt
Dank Fitzpatrick und Foster stand während der vier Tage bei den US Open wieder der Sport im Mittelpunkt. All die Diskussionen um die Spaltung der Golfwelt infolge der millionenschweren Saudi-Turnierserie LIV, die Debatten über die Abtrünnigen, die dem Lockruf des Geldes der Saudis gefolgt sind, selbst um den Preis, aus der PGA-Tour herausgeworfen zu werden. All das böse Blut, das dies hervorgerufen hat und die Golfszene in vermeintlich Gute und Böse aufteilte, das ruhte für den Moment. Wenn auch nur für kurze Zeit: Die Diskussion wird mit jeder Auflage der Saudi-Serie weitergehen. Die Golfwelt ist nicht mehr dieselbe.
Dass nur 4 von 13 Teilnehmern der Saudi-Serie, die in Brookline am Start waren, den Cut schafften, wurde bei den Traditionalisten mit einer gewissen Genugtuung aufgenommen. Unter anderem für Phil Mickelson, den Prominentesten jener, die bei LIV mitmachen, war nach zwei der vier Runden bereits Schluss.
Auch bei Fitzpatricks drohte das Saudi-Thema einen Riss durch die Familie zu ziehen. Sein Bruder Alex, sein Caddie aus Amateurzeiten, hatte ein lukratives Angebot der Saudis vorliegen. Er hat lange überlegt, dann aber abgelehnt. Matthew Fitzpatrick sprach davon, es wäre »die Hölle von einem Dilemma gewesen, wenn er dort mitgemacht hätte und ich nicht«. Diese »Hölle« blieb der Familie erspart. Stattdessen ist sie jetzt im Golfhimmel.
»Ich hoffe, ich kann ihm noch einmal deutlich machen, dass er die richtige Entscheidung getroffen hat«, hat Matthew über seinen Bruder im Vormonat gesagt. Besser als jetzt hätte er es ihm nicht zeigen können.