Deutsche Handballer beim EM-Sieg gegen Niederlande
"Und wie heißt du?"
Gensheimer flog vom Feld, Bundestrainer Prokop wusste kurz nicht mehr, wie sein Spieler heißt: Deutschlands Handballer mussten einen anstrengenden EM-Auftakt hinter sich bringen. Es gab aber auch gute Nachrichten.
Bundestrainer Christian Prokop und seine Bank jubeln über einen Treffer beim EM-Auftakt
Foto: Robert Michael/ dpa
Tücken des Auftakts: Zu Beginn eines Turniers kann es schon einmal vorkommen, dass der TV-Zuschauer noch nicht weiß, wer dieser noch junge Handball-Nationalspieler mit der Nummer 73 ist. Aber wenn der Bundestrainer nicht weiß, wer dieser Spieler ist, obwohl es sogar sein Spieler ist, dann überrascht das schon. Es lief bereits die Schlussphase beim EM-Auftakt gegen die Niederlande, als Christian Prokop in einer Auszeit die letzten Anweisungen gab und plötzlich ins Stocken geriet. "Und wie heißt du?", fragte Prokop zögerlich und starrte dabei den 24 Jahre alten Timo Kastening an. "Timo", antwortete der EM-Debütant, der in einem Kader steht, der auch durch viele verletzungsbedingte Absagen im Vergleich zur WM im Vorjahr stark verändert worden ist. Beide mussten schmunzeln. Dann ging es weiter. Später sprach der Bundestrainer von einem Scherz.
Ergebnis des Spiels: Es gab noch einige Störgeräusche. Aber die deutsche Mannschaft hat die ersten zwei Punkte bei der Europameisterschaft in Norwegen, Schweden und Österreich gesammelt. Mit 34:23 (15:13) siegte der Europameister von 2016 zwar deutlich gegen den EM-Neuling aus den Niederlanden, doch es war lange Zeit schwieriger und umkämpfter als erwartet. "Wir hatten zu knabbern", sagte Bundestrainer Prokop nach der Partie. Lesen Sie hier den Spielbericht.
Wer folgt auf Titelverteidiger Spanien? In Norwegen, Schweden und Österreich findet zwischen dem 9. und 26. Januar die Handball-Europameisterschaft statt. Alles Wichtige zum Turnier finden Sie hier.
Rückkehr des Shooters: Es dauerte drei Minuten und acht Sekunden bis die deutschen Handballer erstmals jubeln durften. Julius Kühn hatte in jenem Moment zum 1:2 verkürzt, die DHB-Auswahl bei dieser Endrunde mit einem Distanzwurf angemeldet. Aber sein Treffer war auch mit einer persönlichen Nachricht versehen: Mit "ich bin wieder da" könnte man sie übersetzen. Der wuchtige Torjäger, der Shooter mit Wurfgeschwindigkeiten weit über 100 Kilometern pro Stunde, hatte die Heim-WM 2019 wegen eines Kreuzbandrisses verpasst. Seine Tore sind wichtig, gegen die Niederlande erzielte er vier Treffer, und wenn es in den kommenden Tagen gegen stärkere Gegner geht, werden sie noch wichtiger.
Erste Hälfte: Aus einem 0:2-Rückstand wurde schnell ein 2:2, aus einem 2:3 ein 5:3, nach 19 Minuten stand es dann 12:7 für Deutschland. Es schien die eindeutige Angelegenheit zu werden, die viele auch erwartet hatten. Doch es wurde wieder enger. Die DHB-Auswahl spielte sich zu häufig am gegnerischen Kreis fest, geriet oft unter Druck, weil die niederländische Mannschaft sie ins Zeitspiel zwang, vergab einige gute Chancen und verlor zu viele Zweikämpfe. Es lief nicht. Das lag auch am Blackout des Kapitäns.
Diesen Spieler erkannte Prokop für einen Moment nicht: Timo Kastening beim Wurf
Foto: OLE MARTIN WOLD/ AFP
Kein Tag für Gensheimer: Nur einen von drei Siebenmetern verwandelt, nur 16:55 Minuten gespielt, die Rote Karte gesehen. Es ist unwahrscheinlich, dass Uwe Gensheimer schon einmal mit solch einer Statistik unter die Dusche musste. Gegen die Niederlande kam der Weltklasse-Linksaußen aber genau auf diese Zahlen. Wegen eines Kopftreffers war der Kapitän vorzeitig vom Feld geflogen, er hatte den niederländischen Keeper Bart Ravensbergen bei einem Siebenmeter den Ball unglücklich ins Gesicht geworfen. Sofern sich der Torwart mit dem Kopf nicht aktiv zum Ball bewegt, wird so eine Szene beim Siebenmeter mit Rot bestraft. Eine aktive Bewegung war nicht gegeben; im zweiten Gruppenspiel gegen Spanien darf Gensheimer aber wieder spielen.
Foto: Fabian Bimmer/ REUTERS
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Auf diese Spieler sollten Sie bei der EM achten
Zweite Hälfte: Einen souveränen Auftritt sollten die deutschen Fans im norwegischen Trondheim zu Beginn nicht sehen. Deutschland wackelte (beim zwischenzeitlichen 16:15 musste Torwart Andreas Wolff den Ausgleich verhindern), leistete sich ärgerliche Fehler (wie bei der Zeitstrafe wegen eines Wechselfehlers) und zog gegen den klaren Außenseiter erst davon, als die Kräfte beim Gegner schwanden und Wolff immer besser wurde. Es war noch kein Bewerbungsschreiben, um in den Kreis der engsten Titelkandidaten aufgenommen zu werden. Aber dieses Team muss sich noch finden.
Wo ist Deutschland stark? Mit seinen Abwehrspezialisten Hendrik Pekeler und Patrick Wiencek sowie seinen Torhütern Andreas Wolff und Johannes Bitter hat Deutschlands eines der stärksten Gesamtpakete im Defensivbereich. Einer von ihnen ragte bereits heraus: Wolff war zur Stelle, als der niederländische Gegner aufmuckte, er wehrte insgesamt zwölf Würfe ab und kam auf eine Abwehrquote von 41 Prozent. Sein Fazit zur eigenen Leistung fiel dann so aus: "Jogi hat auch überragend gehalten", sagte Wolff im ZDF. Gemeint war sein Torwartkollege Bitter; der 37-Jährige durfte überraschend für Silvio Heinevetter mit zur EM fahren. Wolff und Heinevetter galten zwar als ein Topduo, ohne dabei aber ein besonders harmonisches Verhältnis zu pflegen.
Was fehlt? Ein starker Spieler für den Rückraum, ein Regisseur, der auch in brenzligen Phasen die Kommandos gibt, die Ordnung hält, Angriffe einleitet, Duelle entscheidet. So einen Spielertypen hat die deutsche Mannschaft nicht und wegen der vielen Verletzungsausfälle auf dieser Position (unter anderem fehlen Martin Strobel und Fabian Wiede) wird Bundestrainer Prokop auch vor der großen Aufgabe stehen, die richtige Lösung für diese Schwachstelle zu finden. Gegen Spanien am Samstag (18.15 Uhr, Liveticker SPIEGEL.de) wird bereits deutlicher, wohin es für Deutschland bei diesem Turnier gehen kann.
Was Cristiano Ronaldo und Lionel Messi im Fußball sind, ist der Mann mit den Zottelhaaren und dem Stirnband im Handball: Die Rede ist von Mikkel Hansen, er ist der wohl beste Handballer der Welt. Kaum einer verfügt über ein so gutes Auge für seine Mitspieler. Aber Hansen ist nicht nur ein überragender Passgeber, er ist auch ein starker Torschütze. Wer Hansen im Team hat, gehört zu den Top-Favoriten. Auch bei der EM in Norwegen, Schweden und Österreich.
Foto: Fabian Bimmer/ REUTERS
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Sander Sagosen (Norwegen, 24, Rückraum Mitte)
Er ist Dirigent seiner Mannschaft, er gehört aber auch stets zu den besten Torschützen: Sagosen vereint Übersicht und Abschlussstärke, das macht ihn zu einem der besten Rückraumspieler der Welt. Bemerkenswert: Der erst 24-Jährige könnte bei diesem Turnier bereits die Marke von 100 Länderspielen knacken, aktuell steht er bei 94 Partien mit der norwegischen Auswahl. Ab Juli 2020 wird der aktuelle Profi von Paris Saint-Germain das Trikot des THW Kiel tragen. Der Bundesligist und seine Fans dürfen sich auf einen spannenden Spieler freuen.
Der Kreisläufer ist einer der Gründe, warum es die deutsche Mannschaft auch bei dieser EM weit bringen könnte: An der Seite von Patrick Wiencek bildet Pekeler eines der besten Abwehrduos der Endrunde. Pekeler packt aber nicht nur in der Defensive zu, er ist auch in der Vorwärtsbewegung wichtig - und treffsicher. Bei der WM 2019 verwandelte er 20 von 27 Versuchen. Minuspunkt: Pekeler war beim Turnier im vergangenen Jahr mitunter zu übermütig, acht Zeitstrafen und eine Rote Karte waren die Folge.
Foto: imago/Revierfoto
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Uwe Gensheimer (Deutschland, 33, Linksaußen)
Der bekannteste Handballer unter den deutschen Spielern ist aber nicht Pekeler, sondern Gensheimer. Er ist auch einer der besten Linksaußen der Welt, bereits zum sechsten Mal führt er die Nationalmannschaft bei einem Turnier als Kapitän an. Seine große Stärke: der Gummiarm. Seine Wurftechnik ist einzigartig, seine Dreher sind legendär, seine Tore wird die DHB-Auswahl benötigen, wenn sie ihr Ziel Halbfinale erreichen will. Ein internationaler Titel fehlt Gensheimer noch.
Foto: Ronny Hartmann/ Bongarts/Getty Images
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Nikola Karabatić (Frankreich, 35, Rückraum links)
Über den dreimaligen Welthandballer Karabatic ist wohl jede Geschichte schon einige Male erzählt worden. Deswegen in aller Kürze: Vor 17 Jahren feierte der gebürtige Serbe sein Debüt für Frankreich. Er erfand das Spiel im Rückraum neu, er wurde zum Vorbild einer ganzen Handballer-Generation, und Karabatić gibt auch heute noch den Ton als Führungsspieler bei den Franzosen an. Bei der WM in Deutschland war der Superstar angeschlagen, ohne ihn war Frankreich nicht mehr die dominierende Mannschaft wie bei den Turnieren zuvor. In diesem Jahr soll es anders sein - hofft Frankreich, hofft Karabatić.
Und wer kommt nach Karabatić? Frankreich hat viele spannende Talente, Dika Mem gehört dazu. Dass auch Richardson ein Kandidat für das Karabatić-Erbe ist, zeigte er bei der WM im Vorjahr. Wenn er bei vollem Tempo abhob, schienen Sekunden zu vergehen, bis Richardson den Ball ins Tor schleudert. Als würde er dort oben in der Luft den gegnerischen Torwart in aller Ruhe ausgucken. Er verwandelte 26 seiner 32 Würfe (Trefferquote: 81 Prozent; Topwert bei Frankreich). Damals war er noch kein Stammspieler, das könnte sich bei dieser EM ändern.
Foto: Annegret Hilse/ REUTERS
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Niklas Landin (Dänemark, 31, Torwart)
Landin wehrt Würfe ab, die eigentlich schon drin sind, und dass Deutschlands Topkeeper Andreas Wolff ihn in drei Jahren nicht als Nummer eins beim THW Kiel verdrängen konnte, sagt auch einiges über die Fähigkeiten des großen Dänen aus (er misst 2,01 Meter). Bei der Weltmeisterschaft 2019 war Landin mit seinen Paraden ein wesentlicher Faktor für den ersten dänischen WM-Titel der Geschichte. Europameister wurde er im Jahr 2012.
Foto: JONATHAN NACKSTRAND/ AFP
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Jim Gottfridsson (Schweden, 27, Rückraum Mitte)
Gottfridsson gehört seit Jahren zu den Leistungsträgern beim aktuellen Bundesliga-Meister aus Flensburg, dadurch steht er auch bei der EM im Fokus. Bei der Europameisterschaft vor zwei Jahr war er mit 29 Treffern bester Werfer und bester Passgeber (25 Torvorlagen) der Schweden. Allerdings blieb er bei der WM 2019 hinter den Erwartungen zurück und war nur noch an 30 Treffern (13 Treffer/17 Torvorlagen) beteiligt. Für die schwedischen Tempohandballer war bereits in der Hauptrunde Schluss. Dieses Szenario droht Schweden auch in diesem Jahr, da es die schwere Turnierhälfte mit Dänemark, Norwegen und Frankreich erwischt hat.
Foto: Andrej Isakovic/ AFP
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Guðjón Valur Sigurðsson (Island, 40, Linksaußen)
Zwei Jahrzehnte ist es her, dass er sein Debüt in der Nationalmannschaft gab. Die Isländer befinden sich in einem Umbruch, viele langjährige Nationalspieler haben sich verabschiedet, aber der EM-Rekordspieler und Rekordtorschütze Sigurðsson ist noch immer da. Über 1800 Länderspieltore hat er inzwischen erzielt. Es hätten bereits mehr sein können, doch die WM im Vorjahr hatte der Profi von Paris Saint-Germain verletzungsbedingt verpasst. Auch der ewige Sigurðsson ist nicht frei von Verschleiß.
Foto: Simon Hofmann/ Bongarts/Getty Images
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Dainis Kristopans (Lettland, 29, Rückraum rechts)
Lettland hat sich zum ersten Mal für eine Europameisterschaft qualifiziert und wird Deutschlands letzter Vorrundengegner sein. Die Blicke auf sich reißen wird in dem überwiegend unerfahrenen Team der Rückraum-Riese Kristopans. Der Linkshänder, 215 Zentimeter groß und 135 Kilogramm schwer, verfügt neben seinen körperlichen Voraussetzungen über eine feine Technik.
Foto: Michael Ruffler/ imago images / masterpress
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Julen Aguinagalde (Spanien, 37, Kreis)
Dieses Foto zeigt eine typische Aguinagalde-Szene: Immer am Mann, immer im Duell, immer im Einsatz. Der Routiner weiß eben, wie er seinen Körper einzusetzen hat, mit seinen 110 Kilogramm ist er kaum zu stoppen. Aguinagalde wurde Weltmeister 2013 und Europameister 2018. In diesem Jahr wird es die deutsche Defensive mit ihm zu tun bekommen: Spanien ist der zweite Vorrundengegner der DHB-Auswahl.
Foto: SYLVAIN THOMAS/ AFP
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Timur Dibirov (Russland, 36 Jahre, Linksaußen)
Russland gehört schon länger nicht mehr zu den großen Nationen im Welthandball. Mit Dibirov hat die Auswahl aber einen Topstar in den Reihen. Der mittlerweile 36-Jährige ist trickreich, auch aus spitzem Winkel stellt er jeden Keeper vor schwere Herausforderungen. Bei der WM 2019 bekam das auch Deutschlands Andreas Wolff zu spüren, die Vorrundenpartien endete 22:22, Dibirov erzielte acht Treffer. Insgesamt kam der Russe damals auf 35 WM-Tore bei 46 Versuchen. Das Problem: Ein sehr guter Spieler wird den Russen auch diesmal nicht für eine größere Überraschung reichen.
Foto: Martin Rose/ Bongarts/Getty Images
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Ferran Solé (Spanien, 27, Rechtsaußen)
Mit seinen 75 Kilogramm und einer Körpergröße von 1,92 Meter ist Solé ein Leichtgewicht. Macht der Gegner einen Fehler, strömt er als Erster aus und verwandelt den Tempogegenstoß meist fehlerfrei. Nicht umsonst wurde er beim EM-Triumph der Spanier 2018 zum besten Rechtsaußen gewählt. Mit Spielern wie Solé oder Routinier Aguinagalde hat die spanische Auswahl einen spannenden Mix aus Jung und Alt.
Was Cristiano Ronaldo und Lionel Messi im Fußball sind, ist der Mann mit den Zottelhaaren und dem Stirnband im Handball: Die Rede ist von Mikkel Hansen, er ist der wohl beste Handballer der Welt. Kaum einer verfügt über ein so gutes Auge für seine Mitspieler. Aber Hansen ist nicht nur ein überragender Passgeber, er ist auch ein starker Torschütze. Wer Hansen im Team hat, gehört zu den Top-Favoriten. Auch bei der EM in Norwegen, Schweden und Österreich.
Foto: Fabian Bimmer/ REUTERS
Sander Sagosen (Norwegen, 24, Rückraum Mitte)
Er ist Dirigent seiner Mannschaft, er gehört aber auch stets zu den besten Torschützen: Sagosen vereint Übersicht und Abschlussstärke, das macht ihn zu einem der besten Rückraumspieler der Welt. Bemerkenswert: Der erst 24-Jährige könnte bei diesem Turnier bereits die Marke von 100 Länderspielen knacken, aktuell steht er bei 94 Partien mit der norwegischen Auswahl. Ab Juli 2020 wird der aktuelle Profi von Paris Saint-Germain das Trikot des THW Kiel tragen. Der Bundesligist und seine Fans dürfen sich auf einen spannenden Spieler freuen.
Der Kreisläufer ist einer der Gründe, warum es die deutsche Mannschaft auch bei dieser EM weit bringen könnte: An der Seite von Patrick Wiencek bildet Pekeler eines der besten Abwehrduos der Endrunde. Pekeler packt aber nicht nur in der Defensive zu, er ist auch in der Vorwärtsbewegung wichtig - und treffsicher. Bei der WM 2019 verwandelte er 20 von 27 Versuchen. Minuspunkt: Pekeler war beim Turnier im vergangenen Jahr mitunter zu übermütig, acht Zeitstrafen und eine Rote Karte waren die Folge.
Foto: imago/Revierfoto
Uwe Gensheimer (Deutschland, 33, Linksaußen)
Der bekannteste Handballer unter den deutschen Spielern ist aber nicht Pekeler, sondern Gensheimer. Er ist auch einer der besten Linksaußen der Welt, bereits zum sechsten Mal führt er die Nationalmannschaft bei einem Turnier als Kapitän an. Seine große Stärke: der Gummiarm. Seine Wurftechnik ist einzigartig, seine Dreher sind legendär, seine Tore wird die DHB-Auswahl benötigen, wenn sie ihr Ziel Halbfinale erreichen will. Ein internationaler Titel fehlt Gensheimer noch.
Foto: Ronny Hartmann/ Bongarts/Getty Images
Nikola Karabatić (Frankreich, 35, Rückraum links)
Über den dreimaligen Welthandballer Karabatic ist wohl jede Geschichte schon einige Male erzählt worden. Deswegen in aller Kürze: Vor 17 Jahren feierte der gebürtige Serbe sein Debüt für Frankreich. Er erfand das Spiel im Rückraum neu, er wurde zum Vorbild einer ganzen Handballer-Generation, und Karabatić gibt auch heute noch den Ton als Führungsspieler bei den Franzosen an. Bei der WM in Deutschland war der Superstar angeschlagen, ohne ihn war Frankreich nicht mehr die dominierende Mannschaft wie bei den Turnieren zuvor. In diesem Jahr soll es anders sein - hofft Frankreich, hofft Karabatić.
Und wer kommt nach Karabatić? Frankreich hat viele spannende Talente, Dika Mem gehört dazu. Dass auch Richardson ein Kandidat für das Karabatić-Erbe ist, zeigte er bei der WM im Vorjahr. Wenn er bei vollem Tempo abhob, schienen Sekunden zu vergehen, bis Richardson den Ball ins Tor schleudert. Als würde er dort oben in der Luft den gegnerischen Torwart in aller Ruhe ausgucken. Er verwandelte 26 seiner 32 Würfe (Trefferquote: 81 Prozent; Topwert bei Frankreich). Damals war er noch kein Stammspieler, das könnte sich bei dieser EM ändern.
Foto: Annegret Hilse/ REUTERS
Niklas Landin (Dänemark, 31, Torwart)
Landin wehrt Würfe ab, die eigentlich schon drin sind, und dass Deutschlands Topkeeper Andreas Wolff ihn in drei Jahren nicht als Nummer eins beim THW Kiel verdrängen konnte, sagt auch einiges über die Fähigkeiten des großen Dänen aus (er misst 2,01 Meter). Bei der Weltmeisterschaft 2019 war Landin mit seinen Paraden ein wesentlicher Faktor für den ersten dänischen WM-Titel der Geschichte. Europameister wurde er im Jahr 2012.
Foto: JONATHAN NACKSTRAND/ AFP
Jim Gottfridsson (Schweden, 27, Rückraum Mitte)
Gottfridsson gehört seit Jahren zu den Leistungsträgern beim aktuellen Bundesliga-Meister aus Flensburg, dadurch steht er auch bei der EM im Fokus. Bei der Europameisterschaft vor zwei Jahr war er mit 29 Treffern bester Werfer und bester Passgeber (25 Torvorlagen) der Schweden. Allerdings blieb er bei der WM 2019 hinter den Erwartungen zurück und war nur noch an 30 Treffern (13 Treffer/17 Torvorlagen) beteiligt. Für die schwedischen Tempohandballer war bereits in der Hauptrunde Schluss. Dieses Szenario droht Schweden auch in diesem Jahr, da es die schwere Turnierhälfte mit Dänemark, Norwegen und Frankreich erwischt hat.
Foto: Andrej Isakovic/ AFP
Guðjón Valur Sigurðsson (Island, 40, Linksaußen)
Zwei Jahrzehnte ist es her, dass er sein Debüt in der Nationalmannschaft gab. Die Isländer befinden sich in einem Umbruch, viele langjährige Nationalspieler haben sich verabschiedet, aber der EM-Rekordspieler und Rekordtorschütze Sigurðsson ist noch immer da. Über 1800 Länderspieltore hat er inzwischen erzielt. Es hätten bereits mehr sein können, doch die WM im Vorjahr hatte der Profi von Paris Saint-Germain verletzungsbedingt verpasst. Auch der ewige Sigurðsson ist nicht frei von Verschleiß.
Foto: Simon Hofmann/ Bongarts/Getty Images
Dainis Kristopans (Lettland, 29, Rückraum rechts)
Lettland hat sich zum ersten Mal für eine Europameisterschaft qualifiziert und wird Deutschlands letzter Vorrundengegner sein. Die Blicke auf sich reißen wird in dem überwiegend unerfahrenen Team der Rückraum-Riese Kristopans. Der Linkshänder, 215 Zentimeter groß und 135 Kilogramm schwer, verfügt neben seinen körperlichen Voraussetzungen über eine feine Technik.
Foto: Michael Ruffler/ imago images / masterpress
Julen Aguinagalde (Spanien, 37, Kreis)
Dieses Foto zeigt eine typische Aguinagalde-Szene: Immer am Mann, immer im Duell, immer im Einsatz. Der Routiner weiß eben, wie er seinen Körper einzusetzen hat, mit seinen 110 Kilogramm ist er kaum zu stoppen. Aguinagalde wurde Weltmeister 2013 und Europameister 2018. In diesem Jahr wird es die deutsche Defensive mit ihm zu tun bekommen: Spanien ist der zweite Vorrundengegner der DHB-Auswahl.
Foto: SYLVAIN THOMAS/ AFP
Timur Dibirov (Russland, 36 Jahre, Linksaußen)
Russland gehört schon länger nicht mehr zu den großen Nationen im Welthandball. Mit Dibirov hat die Auswahl aber einen Topstar in den Reihen. Der mittlerweile 36-Jährige ist trickreich, auch aus spitzem Winkel stellt er jeden Keeper vor schwere Herausforderungen. Bei der WM 2019 bekam das auch Deutschlands Andreas Wolff zu spüren, die Vorrundenpartien endete 22:22, Dibirov erzielte acht Treffer. Insgesamt kam der Russe damals auf 35 WM-Tore bei 46 Versuchen. Das Problem: Ein sehr guter Spieler wird den Russen auch diesmal nicht für eine größere Überraschung reichen.
Foto: Martin Rose/ Bongarts/Getty Images
Ferran Solé (Spanien, 27, Rechtsaußen)
Mit seinen 75 Kilogramm und einer Körpergröße von 1,92 Meter ist Solé ein Leichtgewicht. Macht der Gegner einen Fehler, strömt er als Erster aus und verwandelt den Tempogegenstoß meist fehlerfrei. Nicht umsonst wurde er beim EM-Triumph der Spanier 2018 zum besten Rechtsaußen gewählt. Mit Spielern wie Solé oder Routinier Aguinagalde hat die spanische Auswahl einen spannenden Mix aus Jung und Alt.