Handball-Profi Glandorf Wenn der Saisonabbruch das Beste ist, was deinem Körper passieren kann

Handball ist ein harter Sport. Wie hart, merkten manche Athleten erst jetzt so richtig, da der Ball ruht, sagt Profi Holger Glandorf.
Holger Glandorf (r): "Vernünftige Balance finden"

Holger Glandorf (r): "Vernünftige Balance finden"

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BEAUTIFUL SPORTS/Mario M. Koberg/ imago images/Beautiful Sports

Der frühere Weltmeister Holger Glandorf hat mit Blick auf die Belastungssteuerung bei Handballern ein Umdenken gefordert. "Wenn Nationalspieler als positive Erkenntnis aus der Coronakrise ziehen, dass der Saisonabbruch das Beste sei, was ihrem Körper passieren konnte, dann ahnt man schon, was die Jahre der Vielfachbelastung den Sportlern antun können", sagte der 37-Jährige im Interview mit der Funke Medien Gruppe.

Laut Glandorf müsse der Sport "eine vernünftige Balance finden. Bei einem Wechsel zwischen Bundesliga und Champions League, also Reisen und Spielen in einem 48-Stunden-Rhythmus, ist das schwierig." Einen Lösungsansatz sieht er zumindest für die Bundesliga: "Kombinierte Spieltage mit Gegnern aus einer Region, um die Reisebelastungen gering zu halten."

Glandorf stand zuletzt bei der SG Flensburg-Handewitt unter Vertrag. Mit dem Saisonabbruch infolge der Coronavirus-Pandemie hatte der Rückraumspieler nach 19 Profijahren seine Karriere beendet. Welche Belastungen er selbst während dieser Zeit erfuhr, hatte er kürzlich im Gespräch mit dem SPIEGEL angedeutet. "Mein Körper wird glücklich sein, dass es nun vorbei ist. Die vielen Zweikämpfe werde ich jedenfalls nicht vermissen", sagte er. Glandorf erlitt teils schwere Verletzungen, er brach sich den Mittelfuß, hatte Probleme mit dem Innenmeniskus, riss sich die Achillessehne.

Nach dem Saisonabbruch und der damit verbundenen Aufstockung der Männer-Bundesliga auf 20 Mannschaften stehen die Handballer in der Saison 2020/2021 vor einer noch größeren Belastung. Aktuell qualifizieren sich die beiden bestplatzierten Bundesligisten für die Champions League. Die Tabellenplätze drei bis fünf berechtigen zur Teilnahme an der Euro League. Den Nationalspielern der Topteams steht auch durch Länderspiele ein großes Pensum bevor. Im Januar steht die Weltmeisterschaft in Ägypten auf dem Programm, im Sommer folgen die um ein Jahr verlegten Olympischen Spiele in Tokio.

Künftig arbeitet Glandorf, Weltmeister von 2007, in der Geschäftsstelle des deutschen Vizemeisters aus Flensburg. Der gesamten Branche wünscht er eine baldige Rückkehr auf das Parkett. "Was wir brauchen, ist ein Start- und ein Zielpunkt", sagte Glandorf. "Eine Antwort darauf, wann Kontaktsport in den Bundesländern wieder möglich ist, damit die Vorbereitung auf die Saison beginnen kann."

Neben dem Fußball, der den Spielbetrieb in den Bundesligen der Männer am vergangenen Wochenende wieder aufnehmen durfte, müssten die Entscheidungsträger auch andere Sportarten berücksichtigen. "Auch unter Handballklubs gibt es solche, die Wirtschaftsunternehmen sind und neben Sportlern auch Büroangestellte beschäftigen", so Glandorf.

mon/dpa/sid
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