Kiel und Flensburg Schleswig-Holstein will Handballklubs mit einer Million Euro unterstützen

Corona hat den Handballsport in eine existenzielle Krise gestürzt. Jetzt will Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Günther den zwei größten Klubs im Bundesland mit einer großen Menge Geld helfen - woher es kommen soll, ist unklar.
Die Spieler des THW Kiel bei der Meisterehrung im Juni

Die Spieler des THW Kiel bei der Meisterehrung im Juni

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Frank Molter/ dpa

Handball ist in Schleswig-Holstein ein Kulturgut. Daran lässt der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), der einst als Linkshänder im Trikot des MTV Eckernförde auflief, keinen Zweifel. "Das ist die bedeutendste Sportart, die wir in Schleswig-Holstein haben", sagte Günther am 4. Juni, als er die Übergabe der Meisterschale von der SG Flensburg-Handewitt an den THW Kiel - die beiden Handball-Aushängeschilder  des schleswig-holsteinischen Sports - begleitete.

Morgens empfing Günther den silbernen Teller in Flensburg, übergab die Trophäe in seinem Wohnort Eckernförde und hielt schließlich auf der Meisterfeier eine Rede in der Kieler Sparkassenarena. Nicht nur die Geschäftsführer des THW Kiel, Viktor Szilágyi und Dierk Schmäschke (SG Flensburg-Handewitt), dem ein gutes Verhältnis zu Günther nachgesagt wird, strahlten über das ganze Gesicht. "Das war toll, dass sich der Ministerpräsident den ganzen Tag Zeit genommen hat", sagt Oliver Lücke, Sprecher der Handball-Bundesliga (HBL).

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (l.) und Kiels Geschäftsführer Viktor Szilágyi am Tag der Meisterehrung

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (l.) und Kiels Geschäftsführer Viktor Szilágyi am Tag der Meisterehrung

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Carsten Rehder / picture alliance / dpa

Bei diesem Event machte Günther bereits klar, dass die Landesregierung die beiden Klubs in der Coronakrise unterstützen werde. "Das wird schon eine große Herausforderung sein, die alle Klubs noch vor sich haben", sagte er. "Wir müssen auch von unserer Seite unterstützen in diesen schwierigen Zeiten, denn wir wollen, dass der Handball weiterhin eine so großartige Sportart bleibt und dass auch diese großartigen Vereine bleiben."

Günther gibt frühzeitig finanzielle Zusage

Nach Informationen des SPIEGEL hatte Günther gegenüber Vertretern der beiden Vereine mündlich schon zuvor eine Zusage über eine Zuwendung in Höhe von jeweils einer Million Euro gegeben. Auch der Zweitligist VfL Lübeck-Schwartau soll demnach von der Förderung mit einer sechsstelligen Summe (knapp 200.000 Euro) partizipieren.

Auf Anfrage des SPIEGEL dementierte das Kieler Innenministerium, das für den Sport im Land zuständig ist, diese Zusagen nicht. "Die Landesregierung hat die durch pandemiebedingte Einnahmeausfälle verursachte schwierige Situation der schleswig-holsteinischen Handball-Bundesligisten im Blick", heißt es in der Antwort eines Ministeriumssprechers. Die Landesregierung könne aber "die Möglichkeit und den Bedarf ergänzender Hilfen durch das Land für die schleswig-holsteinischen Handball-Bundesligisten erst dann bewerten, wenn die konkreten Förderbedingungen sowie die jeweilige Höhe der Bundeshilfen bekannt sein werden."

Bekanntlich hat der Bundestag ein Nothilfeprogramm des Bundes für den Profisport im Handball, Basketball, Volleyball und anderen Ligen in Höhe von 200 Millionen Euro beschlossen, mit dem in erster Linie die Verluste durch entgangene Zuschauererlöse kompensiert werden sollen. "Diese Richtlinien sollen nach meiner Kenntnis Anfang nächster Woche durch das Bundesinnenministerium veröffentlicht werden", sagt HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann auf Anfrage.

Die Zuschüsse sind allerdings für die Profiklubs auf maximal 800.000 Euro begrenzt, weshalb sowohl der THW Kiel wie auch die SG Flensburg-Handewitt die Verluste, die in der ab 1. Oktober beginnenden Saison durch Spiele unter Ausschluss der Öffentlichkeit drohen, nicht mit den Bundesmitteln werden kompensieren können. Die Spieleinnahmen des Rekordmeisters THW Kiel machten laut Bilanz in der Saison 2018/19 exakt 4,97 Millionen aus, das entsprach 37 Prozent des Etats in Höhe von 13,42 Mio. Euro.

Die Lage sei dramatisch, heißt es beim THW Kiel

Die Heimspiele des Zuschauermagneten sind für gewöhnlich mit 10.250 Fans ausverkauft. Seit den Beratungen der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten am Donnerstag ist klar, dass die Phase der Geisterspiele mindestens bis Ende des Jahres andauern wird. Die Lage sei dramatisch, heißt es beim Rekordmeister aus Kiel, die Verluste durch Geisterspiele würden erheblich sein. Die Liga-Heimspiele der SG Flensburg-Handewitt wurden vor der Pandemie mit rund 6.000 Zuschauern besucht, weshalb auch die SG ihre dabei entstehenden Verluste nicht durch den Bundesfonds wird ausgleichen können.

Dieses Problem haben andere Klubs der Bundesliga auch, allerdings hat Kiel den mit Abstand besten Zuschauerschnitt der Liga. Dahinter folgen die Rhein-Neckar Löwen (8330) und die Füchse Berlin (7802), die allerdings vermutlich nicht zusätzlich von ihren Landesregierungen unterstützt werden.

Völlig offen scheint noch, aus welchem Topf die Hilfen des Landes Schleswig-Holstein für Kiel und Flensburg am Ende bezahlt werden sollen. Zunächst präsentierten die beiden Bundesligisten nach Informationen des SPIEGEL dem Land ein Tourismuskonzept. Demnach sollte die SG wie der THW als Botschafter für das Land werben. Ein solcher Werbevertrag kam aber offenbar bislang nicht zustande.

In Kreisen der Kieler Jamaikakoalition ist nun die Rede davon, dass die Hilfen auch aus verschiedenen Etats des Landes fließen könnten. So könnte ein Teil aus Infrastrukturprogrammen kommen, sofern die Klubs hier Bedarf anmelden. Zweitligist Lübeck-Schwartau etwa plant die Modernisierung seiner Spielstätte. Die Zuwendungen des Landes, die Günther in Aussicht stellte, hängen aber tatsächlich davon ab, wie hoch die Verluste der drei Klubs im vergangenen und aktuellen Geschäftsjahr tatsächlich ausfallen.

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