Deutsche Handballer mit Kantersieg zum WM-Start
Der Mann des Abends war ein Uruguayer
Uruguays Handballer sind eine Amateur-Auswahl, bei der WM sind sie dabei, weil das Turnier aufgestockt wurde. Trotzdem hielt sich vor allem Torwart Felipe González wacker. Aber nicht jeder war respektvoll.
Oft gewann er das Duell gegen Uwe Gensheimer (rechts): Torwart Felipe González
Foto: MATHIAS BERGELD / imago images/Bildbyran
Die neuen Gesichter: Die deutschen Handballer hatten gerade das Spiel auf die linke Seite verlagert, da kam der Ball zu Juri Knorr. Er zog schnell zurück Richtung Mitte, täuschte kurz an, blieb in Bewegung und warf durch die Lücke, die er selbst aufgerissen hatte – aus neun Metern landete der Ball wuchtig neben dem rechten Pfosten im Tor. Solche Szenen stehen für Knorr, der erst 20 Jahre alt ist und bereits als die Zukunft des deutschen Handballs gilt. Der Sohn von Thomas Knorr, Torschützenkönig der EM 1996, soll in der DHB-Auswahl die prägende Figur im Rückraum werden. Bei dieser WM steht er stellvertretend für eine Mannschaft, die aus vielen neuen und jungen Gesichtern besteht.
Das Ergebnis: In den nächsten Wochen wird es auch um die Frage gehen, wie gut das Hygienekonzept der Ausrichter in Ägypten gegen das Coronavirus funktionieren wird. Es gibt Zweifel und hat bereits zahlreiche positiv getestete Spieler gegeben, zwei Teams mussten kurzfristig ihre Teilnahme absagen – aber seit Mittwoch läuft die Endrunde und nun hat auch Deutschland sein erstes Spiel bestritten: 43:14 (16:4) gegen Uruguay – das durfte man gegen den Außenseiter auch in der Höhe erwarten. Kap Verde (noch ein Außenseiter) am Sonntag und Ungarn (kein Außenseiter) am Dienstag sind die weiteren deutschen Gegner in der Vorrunde.
Werbepause: In der TV-Übertragung der ARD war in der Halbzeitpause schnell die Corona-Politik der WM-Ausrichter das Thema. »Nach anfänglichen Schwierigkeiten läuft alles top«, berichtete DHB-Vizepräsident Bob Hanning und er warb noch einmal für das Turnier. Die Spieler würden auf den Zimmern frühstücken, um kein Risiko einzugehen, hob Hanning hervor. Der internationale Handball-Verband hat zudem die Testkapazitäten erhöht und nimmt nun täglich Abstriche. Man wird schon in den nächsten Tagen wissen, ob die bereits etwas brüchige Bubble von Kairo halten wird.
Der Hexer: Erstmals ist Uruguay bei einer WM-Endrunde im Handball qualifiziert, und man durfte gleich eine besonders schöne Geschichte für das Erinnerungsalbum notieren. In der sechsten Minute wehrte Felipe González einen Siebenmeter gegen Uwe Gensheimer ab und damit den Ersten in der uruguayischen WM-Geschichte. Stolz auf die Abwehrtat klopfte sich der Torhüter auf die Brust. Beim 27-Jährigen folgten viele weitere Klopfer und viel Jubel, am Ende kam der Torwart vom Colegio Alemán auf zehn Paraden und 24 Gegentore (sein Torwartkollege kassierte die weiteren 19 Gegentreffer) – und die vielen Abwehrtaten gefielen dem Veranstalter so sehr, dass er González zum Spieler der Partie ernannte.
Überforderter Gegner: So respektvoll mit den Verlierern ist nicht jeder umgegangen, Bob Hanning etwa merkte in der Halbzeitpause an, dass der ein oder andere bei den Uruguayern »ein Stückchen übergewichtig« sei. Die uruguayische Auswahl ist keine Ansammlung von Profisportlern, die meisten Spieler trainieren lediglich dreimal die Woche und die WM-Teilnahme glückte nur aus dem Grund, weil das Turnier aufgebläht wurde und erstmals mit 32 statt 24 Nationen stattfindet. In Uruguay soll es laut Medienberichten gerade einmal hundert Spieler im Herrenhandball geben. Zur Pause stand es 4:16.
Trainer Gislason war auch nach dem Spiel mit Gensheimer unzufrieden
Gensheimers Fahrkarten: Das Ergebnis war deutlich, der Qualitätsunterschied groß, aber in der 22. Minute hatte der Bundestrainer in seiner ersten Auszeit etwas zu bemängeln. Klarer in den Abschlüssen müsse sein Team werden, forderte Bundestrainer Alfred Gíslason, und er meinte damit auch Uwe Gensheimer. Nach dem Spiel erneute Gíslason seine Kritik an Gensheimers Abschlussqualitäten – »für meinen Geschmack zu viel vergeben«: Neben dem Siebenmeter in der sechsten Minute vergab der Topstar der deutschen Auswahl noch drei weitere Chancen. Aber das waren eher Randnotizen in einem Spiel, das angesichts der Kräfteverhältnisse noch keine besonders große Aussagekraft hat für den weiteren Turnierverlauf.
Ohne die Nummer eins: Der Platz im deutschen Tor gehört normalerweise Andreas Wolff, auch bei dieser WM ist der 29-Jährige eigentlich als die Nummer eins vorgesehen. Doch im Auftaktspiel gegen Uruguay fehlte er im Kader. Das aber war keine Bestrafung von DHB-Coach Gíslason, nachdem Wolff Mitspieler kritisiert hatte, die wegen der Corona-Pandemie nicht mit zur WM gekommen sind. Gíslason gefiel diese Kritik zwar nicht, doch er wollte mit Johannes Bitter und Silvio Heinevetter ein anderes Torhütergespann testen, und der Auftaktgegner ließ diesen Test zu.
Der Ausblick: Am Sonntag bekommt es die deutsche Auswahl mit Kap Verde zu tun, dem nächsten WM-Neuling. Erwartet wird ein weiterer Sieg, doch vor allem das Thema Corona dürfte dann im Mittelpunkt stehen. Beim Gegner hatte es bereits unmittelbar vor der Anreise nach Ägypten mehrere Corona-Fälle im Team gegeben, weitere vier kamen nach der Ankunft in Kairo hinzu. Erst am Freitagnachmittag entschied die IHF, dass Kap Verde am Turnier teilnehmen darf.