»Immer gut gerüstet«
Charlie Francis hat den kanadischen Sprinter Ben Johnson mit Anabolika für Weltrekorde und Olympiasieg präpariert. Zusammen mit dem Karibik-Doktor George Astaphan tüftelte er ein Dopingprogramm für Kanadas Leichtathleten aus. Es flog erst auf, als Johnson bei den Olympischen Spielen in Seoul erwischt wurde - nach sechs Jahren gezielter Hormonmast. Francis, 41, gelernter Politologe und vorübergehend auch mal Versicherungsmakler, kennt die Pillen und die Substanzen in den Spritzen wie kein zweiter.
Bei Gesprächen greift »Charlie der Chemiker« gern zum Stift und malt Dopingprogramme aus Kanada, der DDR und den USA auf. Dann wird deutlich, wie unterschiedlich die Steroide eingesetzt wurden. Johnson erhielt 14 Wochen im Jahr Anabolika (A), insgesamt 1500 Milligramm. Das geschah bei drei »Kuren« während der Trainingszeit (P) - so war der Sprinter für drei Wettkampfabschnitte (C) »immer gut gerüstet«.
Bei der DDR-Methode hatten die Sportler in 24 Anabolika-Wochen 5680 Milligramm zu schlucken. Die zunehmende Dosierung war darauf ausgerichtet, beim letzten Wettkampfabschnitt der Saison den Leistungshöhepunkt zu erreichen. Und noch häufiger, sechs Monate am Stück, griffen die US-Athleten zu Pille und Spritze: Pro Tag konsumierten sie 45 Milligramm, insgesamt 8190. Nachteil dieser Methode: Bei den Wettkämpfen nahm das Leistungsvermögen kontinuierlich ab.
Sein Wissen kann Francis, der entgegen allen wissenschaftlichen Studien Anabolika-Doping für so ungefährlich hält, daß er es auch seiner Tochter verabreichen würde, nicht weitergeben: Mit ihm will keiner arbeiten.