Kunstturn-EM Turnerin setzt mit Ganzkörperanzug Zeichen gegen Sexualisierung im Sport

Sarah Voss in einem langbeinigen Gymnastikanzug am Schwebebalken
Foto:Georgios Kefalas / dpa
Turnerin Sarah Voss hat zum Auftakt der Kunstturn-Europameisterschaften in Basel mit einer ungewöhnlichen Bekleidung für Aufsehen gesorgt: Die 21-jährige deutsche Mehrkampf-Meisterin trat in der Qualifikation zu ihren Übungen am Schwebebalken und beim Sprung in einem glitzernden langbeinigen Gymnastikanzug in Schwarz-Rot an. Damit wollte sie ein Zeichen gegen Sexualisierung in dem Sport setzen. Üblich sind auf den Turnpodium knappere Anzüge, die einem Badedress ähneln.
»Als Teil der deutschen Turn-Nationalmannschaft sind wir für viele jüngere Sportlerinnen auch ein Vorbild und möchten ihnen damit eine Möglichkeit aufzeigen, wie sie sich auch in einer anderen Bekleidungsform ästhetisch präsentieren können, ohne sich bei bestimmten Elementen unwohl zu fühlen«, begründete die WM-Siebte am Balken ihre Aktion.
»Bei den Schwedinnen gingen die Daumen hoch«
Kritik an ihrer Aktion habe sie nicht wahrgenommen, sagte Voss, dafür aber Zustimmung: »Bei den Schwedinnen zum Beispiel gingen die Daumen hoch.« Ausgelöst durch den Skandal um den ehemaligen US-Mannschaftsarzt Larry Nassar, hatten junge Athletinnen in der jüngeren Vergangenheit immer öfter auf ein ungutes Gefühl in ihrer eher knappen Bekleidung hingewiesen. (Lesen Sie hier mehr über den Missbrauchsskandal im US-Turnen).
Sie selbst habe sich nicht im Geringsten eingeengt gefühlt, sie empfinde die Bekleidung überdies als elegant. Der Code de Pointage lässt den von der Studentin ausgewählten Anzug ausdrücklich zu. Ganz neu ist er auf der internationalen Turnbühne nicht, er wurde bislang aber nahezu ausschließlich aus religiösen Gründen getragen.
Bundestrainerin unterstützt die Sportlerinnen
Bundestrainerin Ulla Koch unterstützte die Demonstration ihrer Sportlerin: »Niemand sollte gezwungen werden, sich in einer Sportart aufgrund der Bekleidung unwohl zu fühlen. Mir ist es wichtig, dass die Athletinnen selbstbewusst entscheiden können, in welchem Outfit sie ihre Übungen präsentieren«, sagte die Teamchefin. Auch der Deutsche Turner-Bund (DTB) unterstützte Aktion.
Wie die Chemnitzerin Emma Malewski am Vormittag, wollten auch die beiden Stuttgarterinnen Elisabeth Seitz und Kim Bui in ihrer am Abend angesetzten Mehrkampf-Qualifikation im gewohnten Dress an die Geräte gehen. Allerdings kündigten Letztere an, im Finale der 24 besten Turnerinnen am Freitag ebenfalls mit langen Anzügen zu turnen. Jüngst hatte Seitz kritisiert, dass immer wieder Fotos von ihr mit anzüglichen Motiven veröffentlicht werden.
Während Voss am Schwebebalken nach zwei Stürzen ausgeschieden ist, darf sie beim Sprung mit einer Gesamtnote von 13,516 Punkten noch auf eine Finalqualifikation am Samstag (13.30 Uhr, TV: ARD) hoffen. Für den Mehrkampf war sie nicht gemeldet worden.