Loch für Loch
Ich werde gern den ersten Schlag tun«, schrieb im August Bundespräsident Walter Scheel artig an den Düsseldorfer Sportdezernenten Peter Wissmann.
Mit einem demonstrativen Schlag will Golfspieler Scheel nun demnächst das erste öffentliche Golfgelände freigeben, das die Stadt Düsseldorf auf den Rheinwiesen im Hafenbereich als Neun-Loch-Platz für Jedermann-Golfer aufbereitet hat. Fallschirmspringer und Freibier sowie ein deutsch-japanischer Golfwettbewerb sollen die Besucher bei der Premiere einstimmen.
Im Düsseldorfer Beispiel sieht Scheel einen Erfolg seines Appells an die Kommunalbehörden. Volksgolfplätze zu schaffen, »weil Golf ein Spiel ist, das praktisch jeder spielen kann, das ebensowenig exklusiv ist wie Tennis heute«.
Auf zwanzig Hektar Rheinuferboden, wo die Düsseldorfer bisher Hunde ausführten, Modellflugzeuge und Kinderdrachen starteten, ließ das Düsseldorfer Sportamt neun 150 bis 450 Meter lange Bahnen abstecken vor einer tristen Kulisse von Schornsteinen, Lagerhallen und Großkränen. Von der nächsten Bushaltestelle sind es fast drei Kilometer Fußmarsch.
Ein erster Versuch war vor drei Jahren am Bürgerprotest im Stadtteil Oberkassel gescheitert. Nun wählte die Stadt Wiesen im Flußknie der rechten Rheinseite aus, vis-~-vis der vornehmen Rheinallee.
Der Düsseldorfer Versuch gilt als Auftakt zur weiteren Verbreitung einer »wirklichen Sportart« (Scheel), die in der Bundesrepublik noch eher als etwa Reiten oder Tennis im Ruch teurer Exklusivität steht.
Mit knapp 170 Klub-Plätzen für rund 40 000 Mitglieder gehört Westdeutschland vorerst nur zur Golfprovinz. In den USA schlagen 15 Millionen Spieler auf 12 500 Anlagen den kleinen weißen Ball, in Japan sind es zehn Millionen Golfer, in Großbritannien zwei Millionen auf 2300 Plätzen. Erst an neunter Stelle folgt die Bundesrepublik.
Denn der benötigte Boden ist rar und teuer, allenfalls die Kommunen könnten Grund zur Verfügung stellen. Eine komplette Golfanlage mit 18 Löchern erfordert eine Fläche von 50 bis 60 Hektar. Golfer bevorzugen sandigen, leicht gewellten Boden mit etwas Gehölz oder Gewässer als natürlichen Geländehindernissen. Das kostet rund 800 000 Mark, weit weniger als Sportstadien oder Schwimmbäder.
Kommunale Volksgolfplätze befürwortet Jan Brügelmann, Präsident des feinen Golf-Klubs Köln-Marienburg und Vorsitzender des Sportausschusses im Deutschen Golf-Verband, weil sie zugleich »den Zwecken des Umwelt- und Landschaftsschutzes dienen« und »wie ein Schutzgürtel« die Städte umgeben sollen. Golfplätze eigneten sich sogar zum Wandern, meint Brügelmann, sofern die Bestimmungen zum Schutz von Golfspiel und Gelände beachtet würden.
Mit Prominenten-Turnieren wie der gut besuchten »Deutschen Offenen Golfmeisterschaft« um die »Braun-Trophy« (SPIEGEL 32/1978) in Köln-Refrath hofft Brügelmann »Dampf im Kessel zu erzeugen und mehr Nachfrage nach Golf zu bewirken«. Städte und Gemeinden, so glaubt er, »könnten dann nicht mehr umhin, selbst Plätze zu schaffen oder Klubs Gelände dafür zu überlassen«.
Tatsächlich nimmt das Interesse für Golf nicht nur bei infarktgefährdeten Managern oder betuchten Freiberuflern zu. Das dritte TV-Programm bietet die Serie »Loch für Loch« ("Golf für Anfänger"). Auf dem Rheinrasen in Düsseldorf üben schon jeden Dienstag und Freitag Teilnehmer des ersten Golf-Lehrgangs der Volkshochschule. Der Kursus über 15 mal 90 Minuten für nur 30 Mark war funffach überbucht. Turn- und Wanderschuhe genügen, ein Schläger kann auch geliehen werden, ein Eimer Bälle kostet drei Mark.
Wenn der Düsseldorfer Volksgolfplatz offiziell eröffnet ist, kann jedermann für fünf Mark Gebühr Bälle schlagen, solange er mag. Ein privater Golflehrer und ein Assistent unterrichten auf Wunsch für 20 Mark je Stunde. Bälle und Schläger leiht ein Ehepaar, das von einem ortsfesten Wohnfahrzeug aus das Gelände und das Treiben der Golfer beaufsichtigen soll.
Der Leiter des Düsseldorfer Sportamts, Karl-Theo Kels, wartet erste Erfahrungen ab: »Das ist alles Neuland für uns.« Richtige Golf-Fans, denen neun Löcher nicht genug sind, tröstet er: »Zwei Runden bei uns geben auch 18 Löcher.«
Ob die Rheinwiesen als Golfplatz respektiert werden, muß sich erst erweisen. Kinderwagen und Hunde sollen möglichst ausgesperrt bleiben, auch Picknick ist nicht gestattet. Buletten-Buden und Eiswagen, Limonade- und Bratwurstverkäufer müssen ebenfalls draußen bleiben und damit, so hoffen die Initiatoren, auch Pappbecher und Plastikteller, Papierservietten und Flaschen.
Weil keine Aufbauten am Volksgolfplatz erlaubt sein werden, kommen auch fahrbare oder feste Toiletten nicht in Betracht. Sportamtleiter Kels hat sich umgesehen und bleibt hart: »Im Ausland kommt man auch ohne aus.«