Cam-Newton-Rauswurf bei den Patriots Wenn der Impfstatus zum Problem wird

Vor dem Start der NFL-Saison gibt es den ersten Aufreger: Die New England Patriots trennen sich von ihrem Star-Quarterback. Cam Newton hat sportlich enttäuscht. Aber es gab auch Diskussionen über seine Haltung zu Corona.
Von Heiko Oldörp, Boston
Cam Newton galt jahrelang als einer der spektakulärsten Quarterbacks der NFL. Nun ist er seinen Job los

Cam Newton galt jahrelang als einer der spektakulärsten Quarterbacks der NFL. Nun ist er seinen Job los

Foto: Kyle Ross / Icon SMI / imago images

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Es ist noch nicht mal ein Jahr her, als bei den New England Patriots in der NFL eine neue Zeitrechnung beginnen sollte. Superstar Tom Brady hatte die Patriots verlassen, nach 20 Jahren. New England, sechsfacher Super-Bowl-Gewinner in der nordamerikanischen Footballliga, trat am ersten Spieltag gegen Miami an. Das Spiel wurde 21:11 gewonnen und der Brady-Nachfolger Cam Newton legte mit zwei Touchdowns und 75 Yards Raumgewinn ein tolles Debüt hin.

Nun ist das Kapitel Patriots für Newton schon wieder beendet, er wurde am Dienstag entlassen. Und damit endet vorläufig die Geschichte eines der besten Quarterbacks der vergangenen Jahre, der das wohl schwerste Erbe der NFL-Geschichte antreten sollte, mit einem Knall.

Diese Trennung – wenige Tage vor dem Saisonstart – sorgt für reichlich Gesprächsstoff, ist für Patriots-Beobachter aber keine große Überraschung. Zum einen hat Rookie Mac Jones eine starke Vorbereitung gespielt. Er war eigentlich als Newtons Ersatzmann gedacht, zeigte in den bisherigen Partien aber bereits erstaunliche Nervenstärke.

Zum anderen aber dürfte Newton sein Impfstatus den Job gekostet haben.

Den Patriots ist das Impfthema wichtig

»Der Hauptgrund, warum Cam Newton gestrichen wurde, ist, weil er nicht geimpft war. Wäre er geimpft, wäre er der Starter am ersten Spieltag«, twitterte der Journalist Ted Johnson, ehemaliger Patriots-Profi. Und auch Ben Volin, Patriots-Reporter des »Boston Globe«, ist überzeugt, dass »Newtons Impfstatus absolut eine Rolle« bei der Entscheidung gegen ihn gespielt habe.

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Newton hatte sich stets geweigert, öffentlich über seinen Impfstatus zu sprechen, es sei »zu privat«. Doch es gab seit Langem Gerüchte, dass er ungeimpft sei. Die Bestätigung kam, als Newton »wegen eines medizinischen Termins«, so die Patriots, den Bundesstaat Massachusetts verlassen hatte. Dies bedeutete für ihn als Ungeimpften gemäß NFL-Covid-Protokoll eine fünftägige Zwangspause. So verpasste er drei Tage des gemeinsamen Trainingscamps mit den New York Giants.

Das US-Portal »The Athletic« berichtete daraufhin von »jeder Menge Frustration« beim Klub. Und weiter: »Die Patriots wussten, dass es jederzeit wieder passieren könnte, wenn er ungeimpft bleibt und als enge Kontaktperson gilt.« In der NFL sollen über 75 Prozent der Spieler geimpft sein, eine Impfpflicht gibt es zwar nicht. Allerdings möchte die Liga bei ungeimpften Spielern die strengen Covid-Vorgaben der Vorsaison umsetzen – inklusive strenger Quarantäneregeln bei Risikobegegnungen.

Cam Newton ist ein Quarterback, der werfen und laufen kann

Cam Newton ist ein Quarterback, der werfen und laufen kann

Foto: MATTHEW HEALEY / imago images/UPI Photo

Den Patriots ist das Impfthema wichtig. Klubbesitzer Robert Kraft war seit Beginn der Pandemie äußerst engagiert im Kampf gegen Covid. Als im Frühjahr 2020 großer Mangel an Schutzmasken in den USA herrschte, ließ er mit dem Vereinsflieger 1,7 Millionen Masken aus China einfliegen. Im Januar stellte Kraft das Stadion als Massen-Impfzentrum zur Verfügung. Bis zur Schließung im Juni wurden mehr als 600.000 Menschen in der Patriots-Arena geimpft. Krafts vermeintlicher Starting Quarterback hingegen ist immer noch gegen eine Impfung.

Patriots verpassen erstmals seit 2002 die Play-offs

Newton wusste nach seinem starken Debüt nur noch selten zu überzeugen. Es folgten eine Covid-Infektion, Verletzungen und jede Menge Fehlpässe. Natürlich lag es nicht nur an dem Quarterback, dass New England erstmals seit 2002 die Play-offs verpasst hatte. Doch seine Bilanz von nur acht Touchdown-Pässen in 15 Spielen war die schwächste eines Starting Quarterbacks in den vergangenen 20 Jahren.

2011 hatte Newton die NFL-Bühne betreten und wurde schnell zu einem der herausragenden Akteure. Keiner hat in der Liga-Geschichte den mobilen Playmaker – ein Qarterback also, der nicht nur mit seinem Wurfarm, sondern auch mit seinem Laufspiel die Offensive anführt – so verkörpert, wie Newton. Wenn er seine auf 1,96 Meter Körpergröße verteilten 111 Kilogramm in Bewegung brachte, kam das einem Güterzug in Höchstgeschwindigkeit gleich.

Cam Newton ist in der NFL einer der besten Quarterback, aber kein Superstar

Cam Newton ist in der NFL einer der besten Quarterback, aber kein Superstar

Foto:

Eric Canha / imago images/ZUMA Wire

Die Carolina Panthers hatten ihn vor zehn Jahren bei der Draft an erster Stelle verpflichtet. Wer so früh ausgewählt wird, gilt als künftiges Gesicht des Vereins. Und gleich sein erstes NFL-Spiel war ein Spektakel. Bei der 21:28-Niederlage in Arizona warf er als erster Neuling Pässe für einen Raumgewinn von mehr als 400 Yards – und nahm Peyton Manning mit 422 Yards gleich einen Rookie-Rekord ab. Die Bestmarke ist immer noch unangetastet. Ein weiterer Rekord, der sehr lange halten könnte: 70 Mal hat Newton in seinen 140 Partien den Football selbst in die Endzone getragen. Abgeschlagener Zweiter der Rangliste ist Steve Young (43).

Den bisherigen Höhepunkt seiner Karriere erlebte Newton in der Saison 2015. Mit 15:1-Siegen wurde Carolina das beste Vorrundenteam und Newton »wertvollster Spieler der Saison« (MVP). Er führte die Panthers in den Super Bowl und konnte erst dort von der überragenden Defensive der Denver Broncos gestoppt werden.

Für Newton bleiben nur Bankplätze

Vielleicht lag es an den fehlenden Titeln, dass Newton trotz seiner mitreißenden und einzigartigen Spielweise nie zu den absoluten Superstars der NFL aufstieg. In einer 2019 von »The Athletic« durchgeführten Umfrage  unter 85 Verteidigern aus 25 Franchises nach dem »am meisten unterbewerteten Quarterback der Liga« lautete die Topantwort Cam Newton. Seine Zeit in Carolina endete 2019 mit einer schweren Fußverletzung und der gegenseitigen Erkenntnis, dass es besser sei, getrennte Wege zu gehen.

Wie es mit Newton nun weitergeht, ist unklar. Die 32 Jobs der ersten Quarterbacks sind vergeben. Mit seiner Erfahrung wäre er eine gute Nummer zwei. Doch ob Newton sich auf die Bank setzt? Er, der einstige Star-Quarterback? Und dann bleibt da seine Haltung zum Thema Impfung. Newton selbst hat sich noch nicht zu seiner Zukunft geäußert, sondern lediglich via Instagram wissen lassen, dass ihn doch bitte niemand bedauern solle. Es gehe ihm gut.

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