Hockeystar Gonzalo Peillat Weshalb der argentinische Olympiasieger nun für Deutschland spielt

2016 feierte Gonzalo Peillat Olympiagold mit Argentinien. Dann überwarf sich der Eckenspezialist mit Verband und Trainer. Nun wird er bei der WM in Indien auflaufen – für Deutschland. Wie kam es dazu?
Gonzalo Peillat: »Das hat vor allem mit Respekt und Dankbarkeit zu tun.«

Gonzalo Peillat: »Das hat vor allem mit Respekt und Dankbarkeit zu tun.«

Foto: Mario Hommes / DeFodi Images / Getty Images

Gonzalo Peillat hat eine deutsche Goldmedaillenhoffnung zerstört. Mit der argentinischen Hockey-Nationalmannschaft siegte er bei den Sommerspielen von Rio de Janeiro 2016 im Halbfinale 5:2 gegen Deutschland – zur Halbzeit hatte Peillat schon dreimal per Strafecke getroffen. Argentinien rauschte weiter bis zum Olympiasieg, Deutschland blieb nur Bronze.

Sechseinhalb Jahre später hat die deutsche Hockey-Nationalmannschaft wieder Titelträume, diesmal geht es um die WM in Indien, die am Freitag beginnt. Doch diesmal wird Peillat die deutschen Träume nicht zerstören – im Gegenteil: Er soll sie möglich machen. Denn der 30-Jährige spielt jetzt für Deutschland.

Peillat lebt seit Jahren in Mannheim, dort spielt er ebenso wie seine Freundin beim Mannheimer HC in der Bundesliga. In seiner ersten Saison gewann das Team die Meisterschaft, bis heute ist Peillat Abwehrchef und Torschütze in Personalunion. Seine Strafecken gelten als die besten der Welt. Abseits des Platzes kümmert er sich um die Nachwuchshockeyspieler des Vereins. Er fühlt sich hierzulande wohl. Das Deutscheste an ihm sei vermutlich seine »Liebe zur Ordnung«, sagte er der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung «.

Gonzalo Peillat im Argentinientrikot: 2016 Olympiasieger

Gonzalo Peillat im Argentinientrikot: 2016 Olympiasieger

Foto: Charles McQuillan / Getty Images / FIH

Wechsel nach drei Jahren Pause möglich

Doch wieso darf Peillat nun für Deutschland spielen? Ein Wechsel der Nationalmannschaft kommt im Hockey selten vor. Aber anders als im Fußball, wo ein A-Nationalspieler, der mehr als drei Länderspiele bestritten hat , für kein anderes Land mehr an den Start gehen darf, ist im Hockey ein Wechsel nach einer Pause von drei Jahren möglich.

Peillat hatte sich nach dem Triumph 2016 mit dem Verband überworfen. Der Kapitän hatte kein Vertrauen mehr zum argentinischen Trainer, es habe eine Diskrepanz gegeben zwischen dem, was der Trainer sagte, und dem, was er tat, erzählte Peillat der »Welt am Sonntag«. Die »Willkür« habe er nicht mehr ertragen können. Tiefer ins Detail ging er nicht.

Peillat wird als zurückhaltend und ruhig beschrieben. Der Idee eines Wechsels zum Deutschen Verband sei zunächst von einem Videoanalysten des DHB-Teams an ihn herangetragen worden, sagt Peillat. Lange habe er darüber nachgedacht und sich dann erfolgreich um die deutsche Staatsbürgerschaft bemüht.

Nachwuchskonzept ist weiterhin Basis des Erfolgs, sagt der DHB-Sportdirektor

Wichtig war ihm, dass das Team ihn »zu 100 Prozent« dabei haben wollte: »Deutschland ist eine große Hockeynation, da ist es nicht selbstverständlich, dass sie mich aufgenommen haben«, sagte Peillat dem »Hamburger Abendblatt «: »Die Jungs haben es mir sehr leicht gemacht.«

Der Verband wollte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, einen Weltstar für seine Nationalmannschaft zu gewinnen. Doch die Basis des Erfolgs, das sagte der damalige DHB-Sportdirektor Christoph Menke-Salz im vergangenen Sommer der »FAZ«, sei das eigene Nachwuchskonzept. Jahrelang sind die Deutschen damit sehr gut gefahren, konnten zahlreiche Medaillen und Titel einsammeln.

Peillats größte Stärke, neben seiner Routine und Abwehrstärke, ist die im Hockey so wichtige Strafecke. Elfmal hatte er beim Olympiasieg 2016 getroffen, nun sollen einige Tore für Deutschland hinzukommen. »Es ist ein unglaubliches Privileg, den besten Eckenschützen der Welt in seinen Reihen zu haben. Wir haben aber auch mit Tom Grambusch und mir zwei gute Schützen«, sagt Nationalspieler Lukas Windfeder.

Traumdebüt für Peillat – erstes Tor nach 45 Sekunden

Eckenspezialist Peillat: »Ein unglaubliches Privileg.«

Eckenspezialist Peillat: »Ein unglaubliches Privileg.«

Foto: Axel Kaste / IMAGO

Ein funktionierender Strafeckenablauf ist im Hockey elementar. Viele Tore fallen auf diese Weise, gerade in engen Spielen zwischen Topnationen gewinnt meist die Mannschaft, die die beste Eckenquote hat. Peillat gefällt auch die deutsche Spielweise. »In Argentinien geht es mehr um Tricks und Dribblings, alle wollen angreifen«, sagte er der »FAZ«: »Das deutsche Hockey ist geordneter, viel taktischer.«

In der Nationalmannschaft führte sich Peillat standesgemäß ein: Bei seinem Debüt gegen Spanien im März des vergangenen Jahres traf er bereits nach 45 Sekunden – natürlich per Strafecke. »Gonzo ist hier ganz unaufdringlich und bescheiden gestartet. Er hat keinerlei Ansprüche angemeldet und sich voll in den Dienst der Mannschaft gestellt«, sagt Bundestrainer André Henning dem »Abendblatt«.

Bescheidenheit wird ihm auch beim Mannheimer HC attestiert, Peillat ist es wichtig, sich auch abseits des Spielerischen zu integrieren. So bemühe er sich, die Hymne seiner neuen Nationalmannschaft gut zu beherrschen, sagte Peillat der »Welt am Sonntag«. »Das hat vor allem mit Respekt und Dankbarkeit zu tun.«

Anmerkung der Redaktion: Ursprünglich hieß es im Text, im Fußball dürfe man den Verband nicht wechseln, wenn man ein A-Länderspiel absolviert hat. Tatsächlich liegt die Grenze mittlerweile bei vier Spielen .

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