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POLO Sekt aus dem Pokal

aus DER SPIEGEL 36/1965

Die acht Reiter saßen zu Pferde. Unliter dem linken Arm klemmte ihr korkverstärkter Tropenhelm. Sie riefen mit englischem Akzent »Harräy« und schlürften Sekt aus einem silbernen Pokal: Spieler des Hamburger Polo-Clubs bereiteten sich auf das Internationale Turnier (vom 3. bis 12. September in Hamburg) vor. Zwar haben sie keine Chance gegen die englischen Gastmannschaften (darunter die des Philip-Regiments »Cold Stream Guards"). Aber deutsche Polo-Spieler sind schon froh, überhaupt einen Gegner zu finden.

Als 1961 der Hamburger Reeder Robert Miles Reincke - Mitglied der Deutschen Polo-Olympiamannschaft von 1936 - den Spielbetrieb in Hamburg wieder ankurbelte, fanden sich nur acht Polo-Interessenten - gerade zwei volle Mannschaften (SPIEGEL 46/1961). Jeder Krankheitsfall eines der durchweg begüterten Spieler stoppte die Polo-Aktivität.

Noch im gleichen Jahr begannen auch im Düsseldorfer Poloclub einige Pferdenarren bei Tempo 50 aus dem Sattel mit der Zigarre« - dem hammerartigen Querteil am unteren Ende des Schlägers - den Ball über das 275 Meter lange Feld durch das 7,30 Meter breite Tor zu schlagen. Inzwischen spielen zwölf Düsseldorfer Polo.

Die Hamburger laden alljährlich zu einem Turnier ein Bis zu 2500 Zuschauer - mehr als zu den meisten Fußball-Regionalligaspielen - kamen an einem Tag. Einige davon stießen zur Polo-Schwadron hinzu: Zur Zeit spielen in Hamburg 16 Kaufleute, Anwälte und Angestellte Polo. Ein dritter deutscher Poloclub soll in Bremen gegründet werden. Die Polo-Fans hoffen, eines Tages den Vorkriegsstand von etwa 50 Spielern in fünf Vereinen wieder zu erreichen.

Der Beitrag im Hamburger Polo-Club entspricht mit jährlich 200 Mark etwa den Gebühren eines Segler- oder Tennis-Vereins. Die Spieler verfügen in Hamburg über 20, davon sechs klubeigene, Pferde. Sie haben zwischen 1500 und 3000 Mark gekostet. Für Futter und Stallmiete müssen monatlich 300 Mark je Pferd aufgebracht werden, ungefähr soviel wie für einen Zweiliter-Wagen. Gepflegt werden die Pferde von jüngeren Mädchen, die dafür auf ihnen reiten dürfen.

Immer schwieriger wird es jedoch, geeignete Polopferde zu beschaffen. Als Nachschub aus Spanien und England ausblieb, unternahmen Hamburger Polospieler einen Versuch mit Trabern. Das Experiment mißglückte.

Die letzte, wenngleich durch den langen Transport kostspieligste Quelle für Polopferde ist Argentinien. Von dort bezog der Düsseldorfer Klub frische Pferde, auf denen er die Hamburger Konkurrenz beim letzten Turnier überrannte. Die Düsseldorfer hatten einen sachkundigen Pferdepfleger mitverpflichtet: einen Gaucho mit sechs Fingern an jeder Hand.

Zeitbedingt ist eine andere Schwierigkeit: Die Versorgung mit Bällen aus Bambusknoten aus dem wichtigsten Herstellerland stockt. Sie kommen aus Vietnam.

Polospieler in Homburg

Tore bei Tempo 50

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