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100. Geburtstag: Anfänge des Handballsports

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100 Jahre Handball Vom "Torball" für Turnerinnen zum "männlichen Kampfspiel"

Ein Berliner Turnwart entwickelte im Ersten Weltkrieg die Sportart "Torball" für Frauen, um eine Alternative zum Fußball zu bieten. Das Outfit Bluse, Pumphose und Kniestrümpfe hielt sich allerdings nicht lange.

Im Winter 1915 rief Max Heiser seine Turnerinnen in einer Exerzierhalle im Berliner Nordwesten zusammen. Der Oberturnwart, stets akkurat gekleidet mit Weste, Hemd und schwarzer Fliege, wollte mit ihnen ein neues Spiel ausprobieren. "Torball" nannte er es. Eine Mischung aus Hockey und Ballspielen wie Königsberger Ball und Raffball. "Und die Aufstellung ist wie beim Fußball", erzählte er. So schildert es der Deutsche Handballbund (DHB)  auf seiner Homepage.

Mit einem ledernen Faustball in den Händen legten die jungen Frauen los. Sie trugen langärmelige, weite Blusen, Pumphosen und Strümpfe, die fast bis zu den Knien reichten. Ihnen gefiel das körperlose Spiel, sie fanden es abwechslungsreich und spannend. Mit dem hohlen Ball konnten sie sogar prellen.

Max Heiser

Max Heiser

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Heiser hatte seine Idee zuvor bereits mit Arbeiterinnen aus den Berliner Siemens-Werken getestet. Turn- und Sportfunktionäre verlangten ausdrücklich, dass die Körper der Frauen für den Arbeitsalltag in den Fabriken fit gemacht wurden. Es war der Erste Weltkrieg, die Rolle des weiblichen Geschlechts veränderte sich. Die Männer waren an der Front.

Fußball als große Konkurrenz

Und auch der Turnsport suchte damals nach Alternativen. Immer mehr Jugendliche verließen die Sparte, um Fußball zu spielen. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts erfand man deshalb Variationen, die merkwürdige Namen wie Schlagball, Raffball, Barlauf oder Tamburinball hatten. Das Ziel des Freiluftspiels Barlauf war es beispielsweise, über die Grundlinie der gegnerischen Mannschaft zu gelangen, ohne berührt zu werden.

Als Geburtsstunde des Handballs gilt der 29. Oktober 1917. Das für Frauen entworfene Spiel sollte fortan "Handball" heißen. Und der "Ausschuss für Frauen- und Mädchenturnen des Berliner Turnraths" goss die Heiserschen Ideen in ein offizielles Regelwerk. Nur knapp fünf Wochen später, am 2. Dezember, fanden die ersten Partien statt.

Zu Anerkennung kam der Sport jedoch erst Jahre später: Turnlehrer Carl Schelenz entwickelte das Spiel von Heiser weiter. Er erlaubte Zweikämpfe, verkleinerte den Ball und stellte damit das Werfen in den Vordergrund. So wurde Handball auch für Jungen und Männer attraktiv, der einstige Frauensport zu einem "männlichen Kampfspiel".

1921 wurde die erste Deutsche Meisterschaft ausgespielt, das erste Länderspiel fand vier Jahre später statt. Die Mannschaftszahlen stiegen rasant: 1927 nahmen bereits über 12.000 Teams am Wettspielbetrieb teil. Heiser erlebte das nicht mehr, er starb im Januar 1921. Bis heute wird der Turnwart jedoch als Vater des Handballs gefeiert.

apa/sid

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