Achilles' Ferse So läuft's richtig auf dem Laufband

Joggerin auf dem Laufband: Nur daraufstellen und loslaufen - so einfach ist es nicht
Foto: Roland Weihrauch/ picture-alliance/ dpa/dpawebWer denkt, ein Laufband zu benutzen sei kinderleicht, irrt gewaltig. Einfach daraufstellen und loslaufen - das hört sich einfach an. Ist es aber nicht. Das Hamsterrad für den Homo Sapiens ist vielleicht das am meisten missverstandene Fitnessgerät. Ich selbst habe bereits zahllose Stunden auf diesem Wunderwerk der Technik verbracht und hatte viel Zeit, das Gerät und seine Umgebung eingehend zu studieren. Ich bin kein Experte, kein Personal Trainer und kein Laufcoach - aber ich kann einfach nicht mehr tatenlos zuschauen. Es wird Zeit, dass jemand ein paar Laufband-Missverständnisse aus der Welt räumt:
1. Wenn ich die Steigung auf 20 Prozent einstelle, verbrenne ich mehr Kalorien
Dieser Glauben ist in meinem Fitnessstudio bei einem bestimmten Typ Frau weitverbreitet. Er kommt mit hochtoupiertem Haar und perfekt aufgelegtem Make-up aus der Umkleidekabine, umhüllt von einer Parfümwolke, die mir den Atem raubt. Gerne trainiert er im Doppelpack mit der Busenfreundin, die das Laufband nebenan belegt.
Das Trainingsziel dieser Frauen: möglichst viele Kalorien bei minimalem Zeit- und Schweißaufwand verbrennen. Darum stellen sie die Steigung ihres Laufbandes auf 20 Prozent. Und halten sich vorne an der Konsole fest, damit sie nicht nach hinten umkippen - was den Steigungseffekt komplett zunichte macht. Dieser Typ Frau glaubt übrigens auch, dass man bei 20 Minuten Aquajogging 1200 Kalorien verbrennt.
"Ich habe heute in einer Stunde 2000 Kalorien verbraucht" höre ich eine junge Dame neulich zur Busenfreundin sagen und beobachte, wie sie sich genüsslich einen riesigen Schokoriegel in den Mund schiebt. Soll ich sie jetzt aufklären? Ihr sagen, dass ich für 2000 Kalorien über drei Stunden rennen muss ? Ich bringe es nicht übers Herz.
2. Zu langsam laufen kann man nicht
Falsch! Wer mit einem Stundenkilometer auf dem Laufband dahinschleicht, kann sich genauso gut zu Hause auf die Couch legen. Selbst beim Staubsaugen kommt der Körper mehr in Fahrt. Trotzdem scheint ein bestimmter Typ Frau vom durchschlagenden Trainingseffekt der Langsamkeit überzeugt zu sein.
Vielleicht flüchtet sie sich ja nur ins Studio, weil der Ehemann zu Hause Terror macht? Und möchte bei Minimalgeschwindigkeit Zeit totschlagen? Doch auch in diesem Fall empfehle ich zumindest ein zügiges Gehtempo. Denn wer sich auf der Tretmühle so richtig auspowert, baut Stress ab - und kommt glücklicher nach Hause.
3. Je schneller, desto besser
Ähm, nein! Wir alle wollen gerne schnell laufen können - aber die nackte Wahrheit ist: Nur die wenigsten können es. Woran aber merkt man, oder besser frau, dass sie zu schnell läuft?
a) Wenn frau sich vorne an der Konsole festhalten muss;
b) wenn die Fersen beim Laufen über die Hinterkante des Laufbandes hinausschießen;
c) wenn frau zwischendurch auf die Seitenbande springen muss, um keinen uneleganten Abgang nach hinten hinzulegen.
4. Ich bin schneller als jedes Mädchen
Liebe Herren, seid ihr nicht. Männer hängen sich nicht an die Konsole, sie schleichen nicht und stellen das Laufband nur selten aus Unwissenheit zu schnell ein. Sie haben dafür nur ein anderes, schwerwiegendes Problem: falschen Ehrgeiz. Lieber sterben sie an plötzlichem Herztod als langsamer zu laufen als die Dame auf dem Band nebenan. Kein Mann will von einem Mädchen überholt werden, weder draußen im Park noch auf dem Laufband. Für den einigermaßen sportlichen und lauftalentierten Zeitgenossen ist das normalerweise kein Problem. Aber nicht jeder Mann ist sportlich und talentiert.
Neulich bestieg ein Mittvierziger mit Bauchansatz das Laufband neben mir. Es war sein erstes Mal, er brauchte fünf Minuten, um den Startknopf auf der Konsole zu finden. Ich lief mit elf Stundenkilometern - für einen völlig untrainierten Laufanfänger für den Anfang nicht gerade empfehlenswert. Das hielt ihn jedoch nicht davon ab, seine Geschwindigkeit ehrgeizig auf zwölf Stundenkilometer einzustellen. Und mir einen triumphierenden Machoblick zuzuwerfen. Fünf Minuten später triumphierte er nicht mehr - dafür schnaufte er schwer. Sein Kopf war tomatenrot.
Ich wurde nervös. Musste ich jetzt meine Geschwindigkeit verringern, um Schlimmeres zu vermeiden? Wäre ich mitverantwortlich, wenn er in sich zusammensackt oder nach hinten vom Laufband geschleudert wird? Und wo zum Teufel hängt der Defibrillator?
Sein Personal Trainer rettete uns beide: "Das reicht für heute", sagte er zu dem röchelnden Wesen neben mir, das einst ein stolzer Mann gewesen war.
Ich atmete erleichtert auf. Und wünschte mir, dass endlich einmal einer aufräumt mit all den Missverständnissen. Damit ich endlich in Ruhe laufen kann - und alle anderen LäuferInnen auch.
Mehr Geschichten von Littlewhitepony gibt es in ihrem Blog auf Achim-Achilles.de .