Basketball-Eurocup gegen Jerusalem Albas Ziel heißt Vitoria
Es war ein harter Kampf im Vorort von Barcelona: Das letzte Gruppenspiel musste entscheiden, wer in die Runde der letzten acht im Eurocup einziehen würde, Joventut Badalona oder Alba Berlin. Die Berliner verließen das Parkett zwar mit einigen Blessuren - aber als Sieger (siehe Video). "Mein Zahn war nur einer kleiner Preis für den Sieg in einem großen Spiel", sagte Albas Center Blagota Sekulic SPIEGEL ONLINE. "Wenn ich noch einen opfern muss, dann bin ich auch dazu bereit."
Der 2,09 Meter große Montenegriner macht dem Gegner keinen Vorwurf für seine Verletzungen und die seiner Teamkollegen: "Das ist okay, das war nichts absichtliches. Diese Intensität und Härte sind normal, wenn es bei Spielen um alles oder nichts geht", sagt Sekulic gelassen. Das lässt einiges für das Viertelfinale erwarten, das für Alba an diesem Mittwoch mit einem Auswärtsspiel in Jerusalem beginnt (18.30 Uhr, auf Eurosport 2 um 21 Uhr).
Auch Berlins Manager Marco Baldi erwartet eine heiße Partie - und das nicht nur auf dem Parkett: "Hapoel Jerususalem spielt in einer sehr engen Halle vor vielen jungen kreativen Fans." Was es für seinen Club bedeutet, im Viertelfinale des Eurocups zu stehen? "Schwer zu sagen, immerhin hat es noch kein anderer deutscher Club geschafft."
Großer Abstand zur europäischen Spitze
Die deutschen Vereine tun sich seit Jahren schwer, näher an die europäische Spitze heran zu kommen. In der Euroleague, der Champions League des Basketballs, spielt nur der deutsche Meister, der in den vergangenen Jahren jede Saison ein anderer war. Dort gibt es für die Deutschen meist nichts zu holen, der Einzug unter die letzten 16 Teams gilt schon als Riesenerfolg. Der aktuelle Meister, Baskets Oldenburg, ist mit nur einem Sieg aus zehn Spielen in der Hauptrunde ausgeschieden.
Der zweite Wettbewerb, quasi die Europa League des Basketballs, ist der Eurocup. Dort spielen viele Clubs, die den Sprung in die oberste Spielklasse in dieser Saison nicht geschafft haben, und zwischen den beiden Ligen hin und her pendeln. "Auch wenn der Eurocup zweitklassig ist, das Niveau unterscheidet sich nicht stark von dem der meisten Euroleague-Clubs", sagt Baldi. Anders sieht das in der Spitze der Elite-Liga aus: Dort macht eine kleine Gruppe seit Jahren die Teilnahme am Halbfinale unter sich aus. Ihre Namen, wie beispielsweise Real Madrid, ZSKA Moskau oder Panathinaikos Athen, kennt auch jeder Fußball-Fan, ihr Etat liegt bei mindestens 15 Millionen Euro, bei einigen ist es nach Schätzungen auch das Doppelte. Zum Vergleich: Alba Berlin als finanzstärkster deutscher Verein kommt auf etwa sieben Millionen Euro.
Die europäischen Auftritte deutscher Clubs werden also schnell zu David-gegen-Goliath-Duellen. Dass wenig Geld im Budget aber noch kein Hinderungsgrund für Erfolg in Europa ist, beweist gerade die BG Göttingen. Die gehört auch im Bundesliga-Vergleich nicht zu den finanzstarken Teams. Am Dienstagabend besiegten die Göttinger jedoch im Viertelfinale des dritten europäischen Wettbewerbs, der Eurochallenge, die serbische Talentschmiede BC FMP Belgrad 75:69. Wenn sie noch eines aus zwei Spielen der Best-of-three-Serie gewinnen, haben sie das Halbfinale erreicht.
Jerusalem ist kein übermächtiger Gegner
Auch für Alba ist Hapoel Jerusalem kein übermächtiger Gegner. Manager Baldi und Center Sekulic schätzen die Berliner Chancen auf 50:50. "Hapoel hat sechs erstklassige Amerikaner im Team und dazu einige sehr gute Israelis", sagt Baldi. Einen der Amerikaner kennt er besonders gut: Dijon Thompson, der Topscorer von Jerusalem spielte vor zwei Jahren in Berlin, musste dann aber vor den Playoffs wegen nicht näher erklärten "nicht akzeptablen Vorkommnissen" gehen.
Wer sich für Taktik beim Basketball interessiert, für den dürfte das Spiel besonders interessant werden - es treten zwei ziemlich unterschiedliche Philosophien gegeneinander an: Starker Angriff gegen starke Verteidigung. Jerusalem hat in der Runde der letzten 16 durchschnittlich fast 85 Punkte pro Spiel erzielt, 15 mehr als die Berliner. Die mussten aber auch nicht so oft den Korb treffen, weil sie deutlich weniger Punkte ihrer Gegner zuließen: Albas Kontrahenten erzielten 68 Punkte pro Spiel, Hapoels Gegner gelangen im Schnitt 80 Punkte.
Am Mittwochabend lässt sich am Punktestand ablesen, ob Albas Trainer Luka Pavicevic oder Jerusalems Coach Guy Goodes seinen Stempel stärker aufdrücken konnte. Wer Mitte April zum Top4-Wochenende mit Halbfinale und Finale nach Vitoria im Baskenland fahren darf, entscheidet sich in einer Woche beim Rückspiel in Berlin.
Der Sieger wird voraussichtlich erst in den letzten Minuten der zweiten Begegnung feststehen. Denn im Schlussabschnitt ihrer letzten Top-16-Auftritte bewiesen beide Mannschaften, wozu sie in nur zehn Minuten fähig sind: Alba schenkte Badalona 33 Punkte ein, fast so viele wie in den ersten drei Vierteln. Jerusalem konnte das noch toppen: 44 Punkte machte es in Viertel vier gegen Galatasaray Istanbul.
Auch diesmal werden fast alle Spieler wieder vollen Einsatz zeigen. Nicht dabei ist der Berliner Power Forward Jurica Golemac, der früher für Jerusalem gespielt hat: Er kuriert noch seinen Handbruch aus, Ursache war der Schlag eines Gegenspielers beim Eurocup-Auswärstspiel in Thessaloniki. Die Folgen des Spiels in Badalona sind allerdings inzwischen medizinisch versorgt: Blagota Sekulic war beim Zahnarzt. Bei Aufbauspieler Rashad Wright, der den Finger eines Gegenspielers ins Auge bekommen hatte, wurde ein Loch in der Netzhaut mit einer Laser-OP geschlossen. In Jerusalem, wenn es erneut um alles oder nichts geht, kann er zum ersten Mal wieder spielen.