Dopingbefund hinfällig Manuel Charr bleibt wohl Box-Weltmeister

Manuel Charr
Foto: Roland Weihrauch/ dpaSpektakuläre Wende im Dopingfall um Schwergewichts-Boxer Manuel Charr: Der gebürtige Libanese, der in Köln lebt und trainiert, bleibt wahrscheinlich Weltmeister nach Version der World Boxing Association (WBA). Und das, obwohl ihm bei einer freiwilligen Trainingskontrolle Ende August Steroidmissbrauch nachgewiesen worden war.
Laut SPIEGEL-Informationen müssen die Ergebnisse des Dopingtests wohl für nichtig erklärt werden. Grund dafür ist ein Verfahrensfehler der zuständigen Voluntary Anti-Doping Association (Vada). Die Vada hat Charr und seinem Team nicht die Möglichkeit gegeben, bei der Öffnung der B-Probe anwesend zu sein. Dies ist aber in den Regularien vorgeschrieben. Zudem soll die B-Probe in einem nicht offiziell zugelassenen Labor getestet worden sein.

Charr, Powetkin und Co.: Doping im Boxen
"Wir haben erfahren, dass die B-Probe geöffnet wurde, ohne das Charr-Lager darüber zu informieren", heißt es in einem Schreiben von Charrs amerikanischem Anwalt Patrick English an den zuständigen Weltverband WBA. "Herrn Charr wurde eindeutig jede Gelegenheit genommen, bei der Öffnung der B-Probe anwesend zu sein oder einen Vertreter zu entsenden. Trotz dreier schriftlicher Anfragen wurde er nicht informiert, obwohl das sein absolutes Recht gewesen wäre."
Präzendenzfälle könnten Charr helfen
Laut English sei der positive Test damit hinfällig. Es gebe eine Reihe von Präzendenzfällen, in denen Dopingvergehen in Folge ähnlicher Verstöße annulliert wurden. Als Beispiel nennt der Anwalt die chinesische Judo-Weltmeisterin Tong Wen, die im Mai 2010 des Clenbuterol-Dopings überführt worden war.
Die Internationale Judo-Föderation hatte Wen daraufhin für zwei Jahre gesperrt und ihr die bei den Weltmeisterschaften 2009 errungene Goldmedaille aberkannt. Im Februar 2011 hob der Internationale Sportgerichtshof (Cas) die Sperre auf, weil Wen nicht zur Öffnung der B-Probe eingeladen worden war.
Die finale Entscheidung in Sachen Charr steht noch aus. Angesichts der Präzedenzfälle wird sich die WBA vermutlich nicht auf einen Prozess einlassen. Weder der Weltverband noch die Vada haben sich auf Anfrage zu den Vorgängen geäußert. Charrs Management verwies auf das schwebende Verfahren. Charr selbst war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Die für Ende September geplante Titelverteidigung des Weltmeisters gegen Pflichtherausforderer Fres Oquendo war nach Bekanntwerden der positiven A-Probe kurzfristig abgesagt worden. Sollte der Dopingfall tatsächlich hinfällig sein, könnte der Kampf schon bald nachgeholt werden. Charr hat stets seine Unschuld beteuert und darauf verwiesen, dass er die Öffnung der B-Probe abwarten wolle.