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Universum-Comeback: Heimat der Box-Legenden

Foto: imago / Claus Bergmann

Comeback von Boxstall Ein neues Universum

Vor sechs Jahren meldete der ehemals größte Boxstall Europas Insolvenz an. Jetzt ist Universum Box-Promotion wieder da - mit neuem Team und frischem Geld. Die Frage ist nur: Wo sind die Boxer?

Am Mittwochnachmittag verkündete die Universum Box-Promotion per Pressemitteilung ihr Comeback. Die Nachricht stieß auf wenig Interesse: Neben einigen Fachmedien berichtete nur das "Hamburger Abendblatt"  vom angestrebten Neubeginn. Seit dem Rücktritt Wladimir Klitschkos scheint sich kaum noch jemand in Deutschland für den Profiboxsport zu interessieren. Oder der Name Universum Box-Promotion ist einfach nicht mehr bekannt genug für eine Schlagzeile.

Das war mal anders. Vor nicht allzu langer Zeit war Universum Marktführer in Deutschland, auch der größte Boxstall Europas und ein echter Global Player der Branche. 2002 kürte das renommierte "Ring Magazine" Universum zum erfolgreichsten Box-Unternehmen der Welt. Klaus-Peter Kohl, der den Stall 1984 gegründet hatte, wurde ein Jahr später zum "Manager des Jahres" gewählt und 2017 in die "International Boxing Hall of Fame" aufgenommen.

Weltmeisterschmiede und Quotengarant

Die Auszeichnungen erarbeitete sich Kohl mit zwei Dingen, die den meisten heutigen Promotern fehlen: einer Vision und langem Atem. Nach seiner ersten Veranstaltung dauerte es neun Jahre, bis Universum mit Markus Bott den ersten Weltmeister feiern konnte. Ein lukrativer TV-Deal war da noch nicht in Sicht. Der endgültige Durchbruch zur Weltmarke gelang erst 2002 - 18 Jahre nach Gründung des Unternehmens - mit dem Abschluss eines Exklusivvertrags mit dem ZDF.

Mit der Unterstützung seines Geschäftsführers Peter Hanraths und des Cheftrainers Fritz Sdunek hat Kohl um Stars wie Dariusz Michalczewski, Regina Halmich, Vitali und Wladimir Klitschko, Jürgen Brähmer sowie Felix Sturm eine Weltmeisterschmiede aufgebaut - und den Boxsport in geschäftsbelebender Dauerkonkurrenz zu Wilfried Sauerland aus der Halb- und Unterwelt ins öffentlich-rechtliche Fernsehen geführt.

Zu Beginn der 2000er gab es kaum einen Samstagabend, an dem kein WM-Kampf übertragen wurde. Mit Ausnahme des alles überstrahlenden Fußballs hatte keine Sportart auch nur annähernd so viel TV-Präsenz und erzielte so hohe Einschaltquoten wie das Profiboxen.

Der Abstieg

Heute steckt der deutsche Boxsport in der Krise. Inzwischen gibt es Live-Übertragungen nur noch auf Spartensendern oder Streaming-Plattformen, auf denen sie nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit laufen. Deutschland hat keinen männlichen Box-Weltmeister bei einem der anerkannten Verbände, und die durchaus erfolgreichen deutschen Boxerinnen müssen feststellen, dass der Ruhm von Regina Halmich keine nachhaltige Auswirkung auf den Sport hatte.

Wenn in diesen für das Boxen düsteren Zeiten, der ehemals bedeutendste Stall ein Comeback feiert, könnte das als Aufbruchsignal verstanden werden und Hoffnung auf eine glorreiche Zukunft machen.

Beides ist aber nicht der Fall, weil Universum den meisten Box-Interessierten in Deutschland nicht als der strahlende Wegbereiter einer goldenen Generation in Erinnerung geblieben ist.

Auf dem Höhepunkt des Ruhms angekommen verlor der Stall nach und nach seine sportlichen Zugpferde , seine Glaubwürdigkeit, seine TV-Verträge und damit seine Existenzgrundlage. Die Folge: Im November 2012 meldete Universum Insolvenz an. Da hatte Kohl die Zeichen der Zeit schon erkannt und das Unternehmen verkauft.

Der Neuanfang

Der rapide Abstieg vom Marktführer zur Konkursmasse hat den Namen und die Marke nachhaltig beschädigt. Trotzdem hat sich ein neues Team mit Nachdruck darum bemüht, dass die Insolvenz abgeschlossen und aufgehoben wird, um die große Tradition fortzuführen und das Universum neu zu beleben.

An die Stelle des ehemaligen Machers Kohl tritt mit Ismail Özen ein Ex-Boxer, der über beste Kontakte in die Hamburger Gesellschaft und das nötige Kapital verfügt; er ist seit 2016 mit Versandhauserbin Janina Otto verheiratet.

Als Berater hat sich Özen unter anderem den Hamburger Event-Experten Frank Mackerodt und den langjährigen TV-Manager Burkhard Weber an die Seite geholt. Mackerodt brachte einst Beach-Volleyball nach Deutschland und saß im Aufsichtsrat des HSV, als der noch in Europa und nicht in der Zweiten Liga spielte. Weber war bei RTL mit für den Box-Boom der Neunzigerjahre verantwortlich und übernahm später die Leitung des Sportressorts bei Sky Deutschland.

Zwei Brüder als Hoffnungsträger

Genug Geld und kompetente Partner hat Özen also. Doch zur tatsächlichen Wiederbelebung der Universum Box-Promotion braucht er vor allem eins: gute Boxer. Und genau das könnte zum Problem werden, denn Nachwuchs, der international bestehen kann, ist in Deutschland im Moment nicht in Sicht. Der Sauerland-Stall ist beim Versuch gescheitert, eine neue Generation deutscher Weltmeister heranzuziehen. Weder Tyron Zeuge noch Vincent Feigenbutz konnten die in sie gesetzten Erwartungen nachhaltig erfüllen.

Özen setzt für das neue Universum in erster Linie auf zwei Brüder: Robert und Artem Harutyunyan sollen die Aushängeschilder des Stalls werden. Als Amateur hat Artem bewiesen, dass er an der Weltspitze mithalten kann. Bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro gewann er Bronze im Halbweltergewicht. Ob es auch bei den Profis zu großen Titel reicht, muss sich zeigen. In jedem Fall sollen Robert und Artem beim ersten großen Universum-Event im April kämpfen.

Doch wenn Özen mit Universum langfristig erfolgreich sein will, wird er mehr als zwei Boxer brauchen. Zu Glanzzeiten standen bei Universum bis zu 40 Boxerinnen und Boxer unter Vertrag, darunter reihenweise Weltmeisterinnen und Weltmeister. Einen derartigen Talentpool gibt der deutsche Boxmarkt aktuell nicht her.

Aber auch Kohl hatte nicht sofort Leute wie Michalczewski, Brähmer und die Klitschkos zur Verfügung. Und auch Kohl präsentierte bei seiner ersten Veranstaltung ein damals noch eher unbekanntes Brüderpaar: Ralf und Graciano Rocchigiani. Der Rest ist Boxgeschichte.

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