Doping im Radsport Razzia bei Armstrongs Ex-Team, Kritik an Hamilton

Das frühere Team von Lance Armstrong, RadioShack, ist ins Visier der Doping-Ermittler geraten. Verbotene Substanzen wurden dabei aber nicht gefunden. RadioShack-Sportchef Wjatscheslaw Jekimow hat Armstrong gegen massive Vorwürfe seines früheren Kollegen Tyler Hamilton verteidigt.
RadioShack-Profi Popowitsch: Razzia am Giro-Ruhetag

RadioShack-Profi Popowitsch: Razzia am Giro-Ruhetag

Foto: STRINGER/ITALY/ REUTERS

Hamburg - Nach Informationen der "Gazzetta dello Sport" haben Spezialbeamte der italienischen Polizei bei der Razzia im Hotel des RadioShack-Radteams in Falcade keine verbotenen Medikamente beschlagnahmt. Das Hotel "Edelweiß" war am Montag, dem zweiten Giro-Ruhetag, von Beamten in Zivil und Uniform durchsucht worden. Der Einsatz steht offensichtlich in Zusammenhang mit Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Padua gegen den Dopingarzt Michele Ferrari. RadioShack-Fahrer Jaroslaw Popowitsch steht im Verdacht, in Beziehung zu Ferrari zu stehen - was der Ukrainer bestreitet. Zudem dürften auch die Nachforschungen der US-Behörden gegen den RadioShack-Mitbesitzer und früheren Rad-Champion Lance Armstrong mit der Razzia zu tun gehabt haben.

Die Beamten aus Padua und Florenz waren von Staatsanwalt Benedetto Roberti angeführt worden, der gegen Arzt Ferrari ermittelt. Zudem unterstützt Roberti die US-Behörden bei den Ermittlungen gegen den siebenmaligen Tour-de-France-Sieger Armstrong.

Der Sportchef von RadioShack, Wjatscheslaw Jekimow, hat derweil den geständigen Dopingsünder Tyler Hamilton als Lügner bezeichnet und alle Anschuldigungen gegen Armstrong und dessen früheres Radteam US Postal zurückgewiesen. "Wahrscheinlich ist das sein kranker Sinn für Humor", sagte Jekimow in Bezug auf Hamilton. Zu seiner Zeit als Profi an der Seite von Armstrong bei US Postal habe er von Doping nichts bemerkt.

Jekimow: "Sie wollen Lance killen"

Jekimow vermutet in den Äußerungen von Hamilton finanzielle Motive. "Hinter dieser Geschichte steckt Geld oder ein anderer Anreiz", sagte der Russe. "All diese Typen sind Lügner. Erst lügen sie über die Unschuld, dann lügen sie über etwas anderes. Sie wollen Lance killen." Hamilton hatte Armstrong im US-Fernsehen schwer belastet und des Blutdopings bezichtigt.

Dabei dürfte Jekimow von Hamiltons Geständnis sogar profitieren, da der US-Amerikaner sein olympisches Zeitfahr-Gold von 2004 zurückgegeben hat. Jekimow belegte damals den zweiten Platz und dürfte demnächst nachträglich Olympiasieger werden. "Das wäre die logische Entscheidung", sagte Jekimow. Nach Gold mit dem Bahnvierer 1988 und im Zeitfahren 2000 wäre es der dritte Olympiasieg für den 45-Jährigen.

Ins Visier geraten ist auch ein Anti-Doping-Labor in Lausanne. Hamilton hatte dem Radweltverband UCI vorgeworfen, eine positive Analyse Armstrongs bei der Tour de Suisse 2001 unter den Teppich gekehrt zu haben. Dagegen sagte der damals zuständige UCI-Chef Hein Verbruggen der niederländischen tageszeitung "Algemeen Dagblad", Armstrong habe "niemals, niemals" gedopt.

UCI wehrt sich gegen Mauschelei-Vorwürfe

Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" hätten US-Beamte, die im Rahmen einer internationalen Untersuchung im Auftrag des Dopingfahnders Jeff Novitzky gegen den Tour-de-France-Rekordsieger ermitteln, im Vorjahr mit dem Lausanner Laborchef Martial Saugy gesprochen. "Das ist eine kritische Situation für uns", zitierte das Blatt Saugy.

Das Institut gilt als "Hauslabor" des Weltverbandes UCI, dem sowohl Hamilton als auch Floyd Landis bereits vor einem Jahr vorgeworfen hatten, den angeblichen positiven Armstrong-Test vertuscht zu haben. Der Dachverband wehrte sich vehement gegen diese Version und kündigte die Prüfung rechtlicher Schritte gegen Hamilton an.

"Die UCI weist die Anschuldigungen kategorisch zurück, dass jemals ein positives Kontrollergebnis vertuscht oder manipuliert wurde. Diese Anschuldigungen ohne Basis dienen dazu, dem Image des Radsports zu schaden. Wie werden mit allen Mitteln dagegen vorgehen, unsere Ehre zu verteidigen", hieß es in einer UCI-Stellungnahme.

Bereits vor einem Jahr hatte der Verband erklärt, dass es bei der Schweiz-Rundfahrt 2001 keine positiven Dopingtests gegeben habe. Vorangegangen war ein Doping-Geständnis von Landis, der auch andere Fahrer belastet hatte - darunter die weiterhin aktiven Levi Leipheimer (RadioShack) und George Hincapie (BMC). Auch Hincapie, als Helfer an allen sieben Tour-Erfolgen Armstrongs beteiligt, hatte offensichtlich unter Eid vor der Grand Jury Armstrong des Dopings bezichtigt. Darüber hatte am Wochenende die CBS-Sendung "60 Minutes" berichtet.

aha/dpa/dapd/sid
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