
Tiger Woods Andacht auf dem Grün




Zur Andacht läuft Rap. Die Musik kommt aus einem Smartphone, das in der Gesäßtasche von Tiger Woods steckt. Die Musik wabert über die perfekt gepflegte Grünfläche, auf der der US-Amerikaner Putts trainiert. "Plock" macht es jedes Mal, wenn Woods die Bälle aus drei Metern versenkt, sechs Stück nacheinander, fehlerfrei. Dann sammelt sein Caddy die Bälle ein, Woods fummelt sein Handy aus der Tasche, macht einen anderen Song an und es geht von vorne los. Eigentlich das Normalste von der Welt, Routine. Aber es ist nun einmal Tiger Woods, der da übt, im südwestlichen Vorland von Paris, wo von Freitag bis Sonntag das Team Europa gegen das Team USA zum Golf-Duell Ryder Cup antritt.
Wenn Woods erscheint, zieht er alle in seinen Bann, das ist auch in Frankreich so. Die Zuschauer rufen nur nach ihm, die mehrfachen Major-Gewinner Jordan Spieth und Bubba Watson, die wenige Meter entfernt üben, beachtet niemand. Auch Kameraleute, Techniker, Sicherheitspersonal und Journalisten schauen dem 42-Jährigen fast andächtig zu. Wie früher, zur Glanzzeit, und ganz anders, als in den vergangenen Jahren, als in den Blicken oft eine Spur Mitleid lag.
Das hat viel mit dem vergangenen Sonntag zu tun, als Woods nach fünf Jahren Pause wieder ein Turnier gewinnen konnte. Mitunter nimmt die Begeisterung skurrile Züge an. Während einer Pressekonferenz von Woods konnte ein US-Reporter nicht mehr an sich halten: "Ich weiß nicht, ob sich schon einer von uns bei dir bedankt hat, aber ich möchte für uns alle, die wir im Golfgeschäft unser Geld verdienen, sagen: 'Danke für das, was du am vergangenen Sonntag getan hast.'" Woods bedankte sich artig. Europas Teamkapitän Thomas Björn hat 25 Jahre lang gegen Woods Turniere gespielt. Er sagt: "Unser Sport braucht einfach Tiger Woods in Topform, um die Massen zu erreichen. Großartig, dass er zurück ist."
Wenn Woods spielt, ist nichts normal, im Gegenteil: Zur Routine wurde während seiner besten Jahre, dass er gewann. Im Golf, wo solche Dominanz eigentlich unmöglich schien, schuf Woods jahrelang eigene Gesetze. Es gab Tiger und es gab den Rest. Und dann kam der Absturz, gesundheitlich, privat, sportlich. Das alles ist bis zum Abwinken gesagt und aufgeschrieben worden, doch dass die Geschichte von Tiger Woods trotzdem alles andere als auserzählt ist, zeigte er am Sonntag mit seinem Sieg. "Das gibt unserem Team nochmal einen Schub", sagte US-Teamkapitän Jim Furyk in Frankreich: "Nicht, dass der Ryder Cup das nötig hätte, aber so wird selbst dieses großartige Turnier noch aufregender."
Zwölf Amerikaner treten gegen zwölf Europäer an, gespielt wird auf dem Albatros Course des Golfclubs Le Golf National in Guyancourt, Île-de-France. Es ist die 42. Auflage des Turniers, Preisgeld gibt es keines, nur ewigen Golf-Ruhm. Als favorisiert gilt diesmal das Team USA, das über eine historisch starke Auswahl an Einzelspielern verfügt. Die Geschichte hat aber gezeigt, dass es beim Ryder Cup vor allem auf Teamfähigkeit ankommt. 16 der insgesamt 28 Matches werden, anders als bei den Turnieren der Profitouren, im Mannschaftsmodus gespielt. Das war immer die große Stärke der Europäer: Seit der Ryder Cup in der aktuellen Version Europa gegen USA ausgespielt wird (von 1929 bis 1971 USA gegen Großbritannien, dann bis 1979 USA gegen Großbritannien und Irland), liegt die europäische Auswahl mit zehn zu acht Siegen vorn. Einmal, 1989, gab es ein Unentschieden.
Seit 1993 hat keine US-Auswahl mehr in Europa gewinnen können. Trotz Woods - oder vielleicht gerade wegen Woods, der nie als großer Teamplayer galt. Das hat sich auf seine alten Profijahre geändert. 2016 war er nicht-spielender Vize-Kapitän der Mannschaft, eine Art Assistenztrainer. Kapitän Furyk, der Woods seit Jahrzehnten gut kennt, sagt: "Für ihn ist es in dieser Phase seiner Karriere mit das Schönste, Teil dieser Mannschaft zu sein und unsere jungen Spieler an seiner Erfahrung teilhaben zu lassen."
Doch es wird auch auf den Spieler Woods ankommen. Er wird vermutlich weniger zum Einsatz kommen als jüngere Top-Spieler wie Spieth oder Dustin Johnson, aber immerhin: Vor einem Jahr war Woods noch froh, wenn seine Rückenschmerzen beim Aufstehen aus dem Bett am Morgen erträglich gewesen waren und er ein paar Schläge auf der Driving Range machen konnte. Nun ist er schmerzfrei, entwöhnt von seinen starken Medikamenten.
"Ich habe das Gefühl, dass ich immer noch ein Spieler sein kann, der schwierig zu schlagen ist", sagt Woods über Woods. Seit 1999 konnte er den Ryder Cup nicht mehr als Aktiver gewinnen. Es sei an der Zeit, das zu ändern, sagt Woods.
In den USA wird seit dem Wochenende diskutiert, ob sein 80. Turniersieg schon jetzt das größte Sport-Comeback der Geschichte war. Derzeit ist der Stand der Debatte, dass vielleicht noch Ben Hogan, eine andere Golf-Legende, die Nase vorn hat. Hogan erlitt bei einem Autounfall im Februar 1949 zahlreiche Knochenbrüche und wäre fast verblutet. Ein Jahr später gewann er die US Open und anschließend noch fünf weitere Major-Turniere. Woods fehlen noch vier Majors, um mit der Bestmarke von 18 von Jack Nicklaus gleichzuziehen. Aber schon eins wäre mehr als sensationell. Und ein Ryder-Cup-Triumph ein weiterer Schritt, ohne Schmerzen.
SPIEGEL+-Zugang wird gerade auf einem anderen Gerät genutzt
SPIEGEL+ kann nur auf einem Gerät zur selben Zeit genutzt werden.
Klicken Sie auf den Button, spielen wir den Hinweis auf dem anderen Gerät aus und Sie können SPIEGEL+ weiter nutzen.
Noch keine drei Jahre alt und kaum länger als ein Golfschläger, aber den Ball schon fest im Blick: Eldrick Tont "Tiger" Woods.
Mit 16 Jahren gewann er 1991 die Los Angeles Junior Championship.
Woods gab sein Debüt auf der PGA Tour als High-School-Junior.
Schon als junger Spieler konnte er nicht genug bekommen von seinem Sport. Das Bild zeigt den 19 Jahre alten Stanford-Studenten.
Vater Earl gratuliert zum dritten US-Amateur-Titel im August 1996. Eine Woche darauf wurde Tiger Woods Profi.
Der erste Triumph im Ryder Cup: 1997 zusammen mit Tom Kite.
Woods mit seinen Eltern Kultida und Earl.
Die PGA-Championship-Trophäe gab es zwei Monate später.
Es gibt viele Arten, einen Ball zu schlagen ...
¿ Und sich über einen verpassten Eagle zu ärgern (2007 beim Buick Invitational in San Diego) ...
... oder darüber, dass der Ball im Sand landet (2009 in Augusta).
Es waren schwere Zeiten für den US-Superstar. Im November 2009 fährt Woods mit seinem Wagen gegen einen Baum und einen Hydranten vor seinem Haus in Florida. In den nächsten Wochen berichten Medien von mehreren außerehelichen Affären. Er verliert wichtige Sponsorenverträge.
Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt danach im Februar 2010 ist Woods Mutter als Unterstützung dabei.
Woods bei den British Open im Juli 2010. Vier Jahre später muss er erstmals am Rücken operiert werden. Im September 2015 steht die zweite OP an, wenige Woche darauf die dritte. Sein Comeback gibt er im Dezember 2016 bei einem Einladungsturnier auf den Bahamas.
2017 treten erneut Rückenprobleme auf. Im April muss Woods erneut operiert werden. Wenig später wird Woods in Florida wegen Drogenmissbrauchs am Steuer festgenommen. Er begibt sich in stationäre Behandlung.
Es ist das Sport-Comeback des Jahres: Beim Saisonfinale der US-Tour in Atlanta macht er nach fünf Jahren seinen 80. PGA-Sieg perfekt. Nur US-Golfidol Sam Snead hat mit 82 Titeln mehr Turniere als Woods gewonnen.
Und nun also: Der Ryder Cup 2018, für den er bereits vor seinem Erfolg in Atlanta eine Wild Card bekommen hatte.
Rory McIlroy: Der nordirische Golfer ist wohl der größte Star im Team Europa. Der viermalige Major-Champion belegt aktuell Platz acht der Weltrangliste. 2012 wurde McIlroy nacheinander bei der European Tour und bei PGA-Tour zum Player of the Year gekürt.
Thomas Björn: Der Däne ist beim diesjährigen Ryder Cup der Kapitän der Europäer. 1997 durfte er als erster Golfer Dänemark beim Ryder Cup repräsentieren. Zu seinen großen Erfolgen zählen vor allem die 15 gewonnen Events auf der European Tour.
Jon Rahm: Der Spanier hat in seiner jungen Karriere bereits einige Erfolge vorzuweisen. Von seinen ersten 38 Events entschied er vier für sich. Im Januar gewann er die Career Builder Challenge. Aktuell belegt er Rang vier der Weltrangliste.
Tommy Fleetwood: 2017 gewann der Brite das Race to Dubai-Turnier. Außerdem zählen Siege bei den Abu Dhabi HSBC Championship und bei der HNA Open de France zu seinen Erfolgen.
Alex Noren: Der Schwede zählt beim Ryder Cup eher zu den unauffälligeren Akteuren. Bislang gewann er zehn Events auf der European Tour.
Henrik Stenson: Der schwedische Golfprofi spielt mit rechts, ist aber Linkshänder. 2016 gewann er die Open Championships, sein bisher größter Erfolg. In diesem Jahr hat er eine Wild Card erhalten.
Tyrrell Hatton: Der Landsmann von Fleetwood ist dreimaliger Gewinner der European Tour. Besonders das Golfjahr 2016 war für Hatton ein erfolgreiches: Er erreichte sowohl bei den Open Championships als auch bei der PGA Championship eine Platzierung unter den ersten zehn.
Sergio Garcia: Seit 1999 ist Garcia bei fast jedem Ryder Cup fürs Team Europa an den Start gegangen. Nur 2010 hat er gefehlt. Durch eine Wild Card ist er auch in diesem Jahr dabei.
Thorbjörn Olesen: In diesem Jahr hat Olesen bereits die Italian Open gewonnen und sich dabei unter anderem gegen den Italiener Francesco Molinari durchgesetzt. 2015 und 2016 triumphierte er bereits bei den Alfred Dunhill Links Championships und den Turkish Airlines Open.
Paul Casey: Für den Ryder Cup 2018 hat er eine Wild Card erhalten. Er tritt in der PGA an und hat in diesem Jahr die Valspar Championships gewonnen.
Justin Rose: Der Brite gehört zu den erfahrenen Akteuren beim Ryder Cup. Zu seinen größten Erfolgen gehört der Sieg gegen Phil Mickelson 2012 in Medinah. 2016 gewann er Olympisches Gold in Rio de Janeiro.
Ian Poulter: Aktuell ist Wild Card-Besitzer Poulter, der auch oft "Poults" genannt wird, die Nummer 33 der Welt. Der 42-Jährige soll einmal gemeinsam mit seinem Sohn Cornflakes aus der Ryder Cup Trophäe gegessen haben.
Jim Furyk: Neunmal trat der Kapitän des US-Teams bereits beim Ryder Cup an. Zudem ist der 48-Jährige einer von sechs Spielern, die jemals eine 59er-Runde gespielt haben.
Tiger Woods: Für den Golfstar gab es eine Wildcard. Seine zahlreichen Rekorde sind in der Golfszene bekannt, kein Spieler war länger auf dem ersten Platz der Weltrangliste als er (683 Wochen). Mit dem Gewinn der Tour Championship gelang dem 42-Jährigen sein erster Erfolg seit fünf Jahren. Es war der insgesamt 80. Titel auf PGA Tour.
Dustin Johnson: Der aktuelle Weltranglistenerste ist beim Team USA natürlich gesetzt. Ende Juli entschied der 34-Jährige die Canadian Open für sich.
Rickie Fowler: Über seinen größten Erfolg durfte sich Fowler bei der Players Championship freuen. Sein erster Turniersieg gelang dem 29-Jährigen 2012 bei den Wells Fargo Championship.
Patrick Reed: Wirft man einen Blick auf seine Homepage, wird sofort deutlich, welchen sportlichen Erfolg er zu den wichtigsten seiner Laufbahn zählt: Den Sieg beim Ryder Cup 2016. Damals schlug Reed McIlroy und hatte einen nicht unwesentlichen Anteil am Erfolg der Amerikaner.
Phil Mickelson: In diesem Jahr startet Mickelson mit einer Wild Card. Damit ist er der US-Spieler im Ryder Cup, der am häufigsten teilgenommen hat. Mit zwölf Teilnahmen ist er der alleinige Rekordhalter. 2018 hat er schon die WGC-Mevico Championship gewonnen.
Justin Thomas: Das Jahr 2017 war bislang das beste in der Karriere von Justin Thomas. Insgesamt konnte er vier PGA Tour Events für sich entscheiden. Darunter waren auch die PGA Championship und die Fed Ex Cup Championship.
Bryson DeChambeau: DeChambeau zählt zu den aufstrebenden Golfprofis. Dementsprechend lässt Furyk ihn auch per Wildcard beim Ryders Cup an den Start gehen. Erst vor wenigen Wochen ist er in die Top-Ten der Weltrangliste vorgestoßen. Zudem ist dem 25-Jährigen in seiner Laufbahn bereits ein Kunststück gelungen: Er gewann sowohl die NCAA Division Championships; als auch die U.S Amateurmeisterschaft.
Jordan Spieth: Aktuell belegt das ehemalige Golftalent Platz zehn der Weltrangliste. Dass Spieth zu den Spielern mit viel Potenzial zählt, zeigt unter anderem der Gewinn des Titels Rookie of the year; im Jahr 2013. Nur ein Jahr später sorgte er beim Ryder Cup 2014 im schottischen Gleneagles mit Reed für Aufsehen. Am Ende gewann dennoch Team Europa.
Brooks Koepka: 2018 gewann der 28-Jährige die PGA Championship und die US Open. Zuletzt ist dieser doppelte Triumph Woods vor 18 Jahren gelungen.
Webb Simpson: Simpson zählt in der Golfszene zu den Spielern, die zwar nie in die absolute Weltspitze vorgestoßen sind, aber dauerhaft auf einem hohen Niveau spielen. Seit 2008 ist der aus North Carolina stammende Golfer im Profigeschäft dabei. 2017/2018 zählte zu seinen starken Spielzeiten. Neben seinem Players-Championship-Sieg gelang dem 33-Jährigen auch der erste PGA-Tour-Sieg seit 2013.
Bubba Watson: Watson gibt nach vier Jahren sein Comeback beim Ryder Cup. Der 39-Jährige ist 2016 in Rio de Janeiro für die USA bei den Olympischen Sommerspielen an den Start gegangen, eine Medaille hat er jedoch nicht gewonnen. In diesem Jahr gewann er bereits drei Turniere.
Tony Finau: Er bekam von Teamkapitän Jim Furyk die letzte Wildcard für die 42. Ausgabe des Ryder Cup. In der aktuellen Saison kann der 28-Jährige immerhin schon elf Top-Ten-Resultate vorweisen.
Loch 1: Par 4, 383 Meter
Loch 2: Par 3, 192 Meter
Loch 2 in der Realität.
Loch 3: Par 5, 510 Meter
Loch 4: Par 4, 444 Meter
Loch 5: Par 4, 370 Meter
Loch 6: Par 4, 347 Meter
Loch 7: Par 4, 418 Meter
Loch 8: Par 3, 190 Meter
Loch 9: Par 5, 529 Meter
Der Blick über Loch 9.
Loch 10: Par 4, 343 Meter
Loch 11: Par 3, 163 Meter
Loch 12: Par 4, 396 Meter
Loch 13: Par 4, 379 Meter
Loch 14: Par 5, 497 Meter
Loch 15: Par 4, 373 Meter
Loch 16: Par 3, 162 Meter
Loch 17: Par 4, 438 Meter
Loch 18: Par 4, 431 Meter
Loch 18 aus der Vogelperspektive.
Melden Sie sich an und diskutieren Sie mit
Anmelden