Hamburgs kroatische Nationalspieler Trio infernale

Hamburgs Kroate Vori: Der Spaßvogel des Teams
Foto: Martin Rose/ Bongarts/Getty ImagesFür die drei Kroaten des HSV Hamburg ist der deutsche Weihnachtsmarkt ein völliges Novum. Gemächlich schlendernd kommen Igor Vori, Blazenko Lackovic und Domagoj Duvnjak zum Treffen am traditionsreichen Hamburger Gänsemarkt. Sie sind 20 Minuten zu spät, die Parkplatzsuche in der überlaufenen Stadt gestaltete sich kompliziert. Dennoch haben sich die drei kroatischen Stars des HSV Zeit genommen, um sich erstmals gemeinsam den hanseatischen Weihnachtsmarkt anzuschauen.
"Eigentlich haben wir für so etwas keine Zeit", sagt Lackovic. Zu viele Spiele, zu viele Termine hindern die Sportler an solchen Freizeitaktivitäten. Auch heute sehen alle drei müde aus. Am Vorabend warfen sie den HBW Balingen-Weilstetten aus dem DHB-Pokal, danach 700 Kilometer Heimreise. "Und gerade hatten wir auch noch Nachmittagstraining", ergänzt Lackovic.
Auf die Frage, ob es sich bei diesem Weihnachtsmarktbesuch um eine Premiere für die Spitzensportler handelt, entgegnet Vori: "Nein. Ich bin jeden Tag hier. Ich arbeite da hinten am Glühweinstand, um mir mein HSV-Gehalt aufzubessern." Alle drei prusten, lachen schallend. Neben dem Lachen fallen die drei Nationalspieler vor allem aufgrund ihrer Statur auf.
Alle kratzen an der Zwei-Meter-Marke oder übertreffen diese sogar. "Verstecken können wir uns nicht wirklich. Man erkennt uns", sagt Lackovic, obwohl er anmerkt, dass sein Bekanntheitsgrad in der Heimat wesentlich größer sei. In Kroatien, wo Handball eine vergleichbare Popularität wie hierzulande Fußball genießt, erkennt die drei Star-Spieler jeder. Dies ist in Hamburg noch nicht so. Trotzdem ist der Handball auch in der Hansestadt angekommen, die Mannschaft zeigt begeisternden Sport, spielt in allen Wettbewerben höchst aussichtsreich mit.
Heimatgefühle in Hamburg
"Deshalb bin ich hierher gewechselt", sagt Duvnjak während Vori anfängt erste Worte auf Deutsch zu plappern: "Danke. Bitte. Fleisch", ruft er in die Menge und erntet erneut lautes Lachen. "Igor ist der Spaßvogel des Teams", sagt Julia Ninic. Die gebürtige Kroatin arbeitet in der PR-Abteilung des HSV. Doch in den vergangenen Monaten war sie viel mehr die persönliche Assistentin Voris und Duvnjaks. "Julia hilft uns sehr", sagt der 21-jährige Duvnjak leise.
Er ist erstmals an Heiligabend nicht in Kroatien. Der Bundesliga-Spielplan lässt dies nicht zu. "Ich weiß, dass das Profigeschäft so ist. Man muss mit Entbehrungen leben", sagt der Youngster.
Vori und Lackovic hingegen haben schon zahlreiche Erfahrungen mit Entbehrungen und Lektionen gemacht. Vori spielte bereits in Spanien und Italien. "Weihnachten feiere ich natürlich auch am liebsten in meiner Heimat. Aber Deutschland ist von den Temperaturen ähnlich. Ich fühle mich hier heimisch", sagt der Spieler, der zum wertvollsten bei der vergangenen Weltmeisterschaft gewählt wurde. "In Barcelona waren es 15 Grad an Heiligabend. Da war ich völlig durcheinander", sagt Vori.
In Hamburg lebt der Abwehrspezialist in einem Haus mit Duvnjak. "Wir verbringen viel Zeit miteinander, schauen DVDs oder sprechen über Handball", verrät Duvnjak. Heimweh lässt sich gemeinsam eben besser aushalten beziehungsweise verdrängen. "Wir haben keine Zeit, um über so etwas nachzudenken", sagt Duvnjak, der genau wie seine beiden kroatischen Kollegen keinerlei Hinweise auf einen reichen Profi abgibt. Lediglich Voris Ohrringe weisen ein wenig auf seine Extravaganz hin.
"Dieser Club ist ein Traum"
Der 29-Jährige ist forsch, neugierig, eloquent. "Dieser Club ist ein Traum", sagt der Kreisläufer, der seit dieser Saison beim HSV die Rolle von Dimitri Torgovanov übernommen hat. "Alles ist hier so neu, die Trainingsbedingungen absolut professionell."
Nach Bertrand Gilles Teilabriss der Achillessehne musste der kroatische Deckungsspezialist viel früher als erwartet Verantwortung übernehmen. "Ich habe das bei anderen Clubs und im Nationalteam auch schon oft genug gemacht", sagt Vori. Auch die sprachlichen Probleme behindern ihn dabei nicht: "Handball findet nicht über den Mund, sondern über die Körpersprache statt."
Lackovic, der vor einigen Tagen erstmals Vater geworden ist, fühlt sich in der Pflicht und gibt auch mal den Fremdenführer. Er hilft seinen Landsleuten, die im Sommer vom RK Croatia Zagreb und erzählt von seinen Erfahrungen: "In Deutschland muss man hart arbeiten, dann hat man Erfolg. Das lernt man hier schnell. Alles andere muss man ausschalten können", sagt der 28-Jährige.
Drei Highlights - 160 Tore
"Jeder von den dreien ist für sich allein schon ein kleines Highlight. Aber alle drei zusammen sind kaum zu bändigen", sagt Ninic, die permanent simultan dolmetscht. Nicht nur sportlich sorgen die drei mit bisher insgesamt 160 Bundesliga-Toren für einen Qualitätszuwachs beim HSV, sondern durch ihre Charaktere auch für einen größeren Zusammenhalt im Team. "Das kennen wir so aus unserer Nationalmannschaft. Dort funktioniert es auch nur so gut, weil wir als Team eng zusammenstehen", sagt Vori.
Ob er und seine beiden Mitspieler dauerhaft bleiben wollen, verneint niemand der Angesprochenen. Aber ein klares Ja gibt es auch nicht. "Dafür ist das Profigeschäft zu schnelllebig", sagt der junge Duvnjak und merkt schnell an: "Aber der HSV ist ein absoluter Top-Club, mit dem ich viele Titel holen will. Zudem ist die Bundesliga die stärkste Liga der Welt."
Die Frage ob er, wie sein Idol Ivano Balic, mal in Spanien spielen möchte, lässt Duvnjak unbeantwortet. Zunächst zählt nur Hamburg und damit die Bundesliga, der DHB-Pokal und die Champions League. Dann auch noch die Europameisterschaft. Es wird den drei Kroaten wohl auch in Zukunft nur wenig Zeit bleiben für einen Trip zum Weihnachtsmarkt. Oder an die Alster. Oder zum Fischmarkt. "Kultur ist schön, aber Titel sind schöner", sagt Vori lachend.