Handball-Club Montpellier AHB Große Namen, große Ziele

Handballer Karabatic (l.): Mit Montpellier die Champions League gewinnen
Foto: AFPEine Sensation war der Auswärtssieg von Montpellier AHB beim THW Kiel nicht. Eine Überraschung allemal. Mit 24:23 hatte der französische Serienmeister am zweiten Spieltag der Champions League über den hoch gehandelten Favoriten triumphiert. Im Rückspiel revanchierte sich Kiel durch einen 34:31-Erfolg, dies minderte den Erfolg der Franzosen aus dem Hinspiel aber nur gering. Es war die überragende Abwehrarbeit mit der Montpellier in Kiel überzeugt hatte. "Nur 23 Kieler Tore zugelassen - das sagt alles", sagte ein sichtlich stolzer Vid Kavticnik später.
Jener Kavticnik, der vor zwei Jahren an der Seite seines Freundes Nikola Karabatic Kiel verlassen hatte und nach heftigen Querelen schließlich in Montpellier gelandet war. In der Stadt, in welcher der junge Karabatic einst das Handballspielen erlernte und bereits 2003 als 19-Jähriger erstmals die Champions League gewann.
Da MAHB die Kosten für das illustre Doppel nicht allein tragen konnte, hatte die Stadt ihre volle Unterstützung zugesagt. Für den Vorzeigeclub der Grande Nation war das der spektakuläre Wendepunkt auf dem Weg zurück an die Spitze des europäischen Vereinshandballs.
In 16 Jahren gewann Montpellier 32 Titel
Schon immer hatte man es in Montpellier verstanden, durch engagierte Nachwuchsarbeit große Talente und durch konsequente Weiterentwicklung echte Stars hervorzubringen. Längst sind Spieler wie eben Karabatic oder auch Michaël Guigou, Thierry Omeyer, Jérôme Fernandez und Didier Dinart, die einst das blau-weiße Trikot trugen oder noch immer tragen, zu lebenden Legenden geworden, nachdem sie erstmals in der Geschichte des Handballs das historische Triple bestehend aus dem Olympiasieg 2008 sowie dem Gewinn der Weltmeisterschaft 2009 und der Europameisterschaft 2010 erreichten. Und als die Équipe Tricolore Anfang dieses Jahres gar noch das WM-Gold 2011 gewann, stand mit dem jungen William Accambray ein weiteres Riesentalent aus Montpellier ganz oben auf dem Siegerpodest.
Doch allmählich will auch der erfolgsverwöhnte Club wieder große Erfolge einfahren. 1982 als "Cosmos" gegründet, stieg er 1992 als "Montpellier Handball" in die französische 1. Liga auf. Zwei Jahre später übernahm Patrice Canayer den Trainerposten und führte den jungen Verein noch in der gleichen Saison zum ersten von nunmehr 13 Meisterschaften. In gerade einmal 16 Jahren gewann Montpellier bis heute insgesamt 32 Titel. Und der heute 50-jährige Canayer sitzt noch immer auf der Bank.
Kein Wunder sei das, sagt er: "Es ist ein großes Vergnügen, da wir großartige Spieler haben - und ein sehr solides und ambitioniertes Projekt. Die Atmosphäre in Montpellier, die wirtschaftliche Umgebung und die Stadt sind sehr günstig für den Handball." Sogar so günstig, dass die Gedanken an einen zweiten Champions-League-Sieg nicht als bloße Träumerei abgetan werden sollten.
Omeyer hat seine Rückkehr angekündigt
Canayer hat konkrete Pläne. "Unsere Ambition ist es, dass all unsere Spitzenspieler, die aus dem Ausland nach Frankreich zurückkehren möchten, in dem festen Glauben nach Montpellier kommen, hier die Champions League gewinnen zu können", sagte der Trainer dem "Handball-Magazin". Nach Karabatic hat mit dem französischen Super-Torwart Thierry Omeyer bereits eine weitere Ikone die Rückkehr angekündigt. Spätestens im Sommer 2013 wird es auch ihn vom THW Kiel zurück ans sonnige Mittelmeer ziehen.
Rückraum-Ass Daniel Narcisse, so wird spekuliert, könnte seinen guten Freunden folgen. Der allerdings will sich an solchen Planspielen noch nicht beteiligen. "Ich habe mit dem THW Kiel einen schriftlichen Vertrag bis 2013. Über das, was danach kommt, habe ich mir noch keine Gedanken gemacht", ließ er am Rande des jüngsten Aufeinandertreffens verlauten.
Dass man sich als Spieler trotz der zu erwartenden Gehaltseinbußen gegenüber einem Spitzenclub in der Bundesliga - Montpellier beziffert seinen offiziellen Saisonetat auf etwa 6,3 Millionen Euro, der THW Kiel weist aktuell 9,5 Millionen Euro aus - nicht schlechter stellen muss, rechnet der mächtige Spielerberater Bhakti Ong, der unter anderem Karabatic, Omeyer und auch Narcisse betreut, vor: "In Frankreich haben wir für meine Klienten viel bessere Möglichkeiten, gut dotierte Werbeverträge abzuschließen, als wir das in Deutschland tun könnten. Wenn uns der Club dafür entsprechende Freiräume einräumt, lässt sich ein niedrigeres Gehalt damit durchaus kompensieren."
So muss und kann auch Canayer zähneknirschend mit dem Kompromiss leben, ab und an im Training auf seinen wichtigsten Mann zu verzichten. "Ich muss über Nikola selbst kein weiteres Wort verlieren, denn er ist selbstverständlich einer der besten Spieler der Welt", sagt der Trainer. "Jede Mannschaft, deren Absicht es ist, große Titel zu gewinnen, braucht Spieler wie ihn." Montpellier hat ihn.