Interview mit van Almsick "Ich musste mich noch zügeln"
Frau van Almsick, herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Weltrekord. Wie haben Sie das Rennen erlebt?
Franziska van Almsick: Auch für mich war das ein unglaubliches Rennen. Jeder hat vom Weltrekord gesprochen, jeder hat ihn erwartet. Ich habe es nicht für möglich gehalten, dass ich ihn heute schwimme. Ich bin ins Wasser und habe die Flucht nach vorn angetreten. Ich wusste, dass ich bei 100 Metern die Schnellste sein werde. Ich habe links und rechts niemanden gesehen und dann auf mein Stehvermögen vertraut. Wäre die Bahn fünf Meter länger gewesen, wäre ich, glaube ich, nicht angekommen.
Sie sind den Endlauf extrem schnell angegangen.
Franziska van Almsick: Ich musste mich eher noch zügeln am Anfang. Ich wollte schnell angehen und gucken, was hinten dabei herauskommt.
Wie haben Sie sich vor dem Rennen gefühlt?
Franziska van Almsick: Mir wir schlecht und schwindelig, ich hatte Kopfschmerzen und schon übelste Wahnvorstellungen. Ich wollte zehn Minuten vor dem Rennen aus der Halle gehen und so tun, als würde mich das Ganze nichts angehen.
Und nach dem Rennen?
Franziska van Almsick: Mir ist ein großer Stein vom Herzen gefallen. Ich bin unheimlich zufrieden und unheimlich stolz. Ich wusste ganz tief in mir drin, dass ich es noch einmal schaffen kann, wenn ich hart an mir arbeite. Es haben nicht viele an mich geglaubt, einige haben es gehofft. Und das ist die tiefe Zufriedenheit in mir, dass ich verdammt noch Mal Recht behalten habe.
Was würden sie jetzt am liebsten tun?
Franziska van Almsick: Ich habe jetzt das Bedürfnis, für mich allein zu sein. Ich bin nicht so in Feierlaune. Ich habe im Moment das Gefühl, das Glück überrollt mich.
Wie haben Sie das tobende Publikum empfunden, hat Sie das beängstigt?
Franziska van Almsick: Am Anfang schon. Es war einfach unglaublich. Aber es war weniger beängstigend als tragend. Es hat mir Flügel verliehen. So etwas wie heute habe ich noch nie in einer Schwimmhalle erlebt. Das erste Mal seit vielen Jahren waren meine Familie und so viele Freunde dabei. Ich habe noch nie so viele Leute erlebt, die mich gewinnen sehen wollten und die mir so viel Beifall gezollt haben. Ich könnte gleich wieder rauslaufen, mich da vorne hinstellen und alle umarmen, die Anteil an diesem Ergebnis haben. Jetzt bin ich das erste Mal in der Situation, dass ich das alles richtig genießen kann. Ich kann das alles wirklich aufsaugen, wenn ich auf dem Siegerpodest stehe.
Was bedeutet das Rennen für Ihre Zukunft?
Franziska van Almsick: Das ist eine gute Frage. Laufen schon irgendwelche Wetten? Ich habe wirklich keine Ahnung. Ich weiß nur, dass ich nach den Europameisterschaften Urlaub habe und ich mich auf alle Dinge freue, die ich machen werde. Das ist eine gute Zeit, darüber nachzudenken, wie es weitergehen soll. Ich will mir für die Entscheidung in jedem Fall Zeit nehmen. Aus der Vergangenheit habe ich gelernt, dass ich an meinen Leistungen gemessen werde. Es wird nicht einfach, das zu bestätigen.
Aufgezeichnet von dpa und sid