Keine Übertragung in ARD und ZDF Wo kann ich jetzt noch Olympia gucken?

Die vier kommenden Olympischen Spiele werden nicht von ARD und ZDF übertragen, die Rechte waren zu teuer. Wo Olympia jetzt läuft - und warum das ein Problem für den deutschen Sport ist.
Gemeinsames Studio von ARD und ZDF bei den Olympischen Spielen 2010

Gemeinsames Studio von ARD und ZDF bei den Olympischen Spielen 2010

Foto: Daniel Karmann/ dpa

Was ist passiert?

Die Verhandlungen zwischen dem US-amerikanischen Medienkonzern Discovery Communications, der Mutter des Sportsenders Eurosport, und den deutschen TV-Sendern ARD und ZDF über die Zweitrechte für Olympia-Livebilder sind gescheitert. Die Konsequenz: Die vier Olympischen Spiele zwischen den Jahren 2018 und 2024 werden nicht live in den Öffentlich-Rechtlichen zu sehen sein.

Wie konnte es dazu kommen?

Discovery wollte angeblich 150 Millionen Euro für die Übertragungsrechte der Spiele in Peyongchang (2018) und Tokio (2020), die deutschen TV-Sender waren jedoch nicht bereit, mehr als 100 Millionen Euro zu bezahlen. Eine offizielle Bestätigung dieser Summen gab es nicht. Allerdings teilte Ulrich Wilhelm, Sportrechte-Intendant der ARD, mit: "Wir müssen erkennen, dass die Forderungen von Discovery bei Weitem über dem liegen, was von uns verantwortet werden kann. Wir sind zu wirtschaftlichem Umgang mit Beitragsgeldern verpflichtet." Mit den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten Österreichs und Großbritanniens (ORF und BBC) hatte sich Discovery hingegen einigen können.

Wieso kaufen ARD und ZDF die Olympia-Rechte nicht direkt beim IOC ein?

Weil sich Discovery die Lizenzen für den internationalen Markt im Sommer vergangenen Jahres gesichert hat. Für 1,3 Milliarden Euro kaufte der Konzern die Rechte an den Sommerspielen 2020 (Tokio) und 2024 (noch zu bestimmen), sowie an den Winterspielen in Pyeongchang (2018) und Peking (2022) vom Internationalen Olympischen Komitee. Damals waren die ARD/ZDF-Verantwortlichen ebenfalls leer ausgegangen - und mächtig angefressen. Schließlich sei man ein langjähriger Partner des IOC und hätte durch die Berichterstattung zwischen den Wettkämpfen "in wesentlichem Maße zur Popularisierung" der Olympischen Sportarten beigetragen, hieß es damals.

Kann ich Olympia jetzt nicht live im TV sehen?

Doch. Zur Discovery-Gruppe gehört der in Deutschland frei empfangbare Sender Eurosport. Hier wird ein Großteil der Olympischen Wettbewerbe live zu sehen sein - diese Zugänglichkeit schreibt das IOC vor. Bei Winterspielen sind das 100 Stunden, bei Sommerspielen 200, die frei empfangbar sein müssen. Eurosport will diese Vorgaben nach eigener Aussage sogar übertreffen, ein Teil der Übertragung findet demnach auf dem ebenfalls zu Discovery gehörenden Sender DMAX statt. Allerdings: Teile des olympischen Programms werden beim Bezahlsender Eurosport 2 oder über den Eurosport Player im Internet gezeigt.

"Das Programm, das aus Deutschland heraus entwickelt und produziert wird, stellt die nationalen Sportgrößen in den Fokus und setzt den Schwerpunkt auf die packenden Geschichten der Athleten, die die deutschen Fans am meisten interessieren", hieß es in einer Pressemitteilung. Eurosport-Geschäftsführer Peter Hutton kündigte "erhebliche Investitionen" an.

Kommt diese Entscheidung überraschend?

Sie war zumindest abzusehen. Die Verhandlungen zwischen ARD und ZDF und Discovery gestalteten sich in den vergangenen Monaten schwierig. Kein Wunder also, dass die umfangreiche Berichterstattung der Öffentlich-Rechtlichen über die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro (mehr als 300 Stunden ) vom ARD-Teamchef Gerd Gottlob von einer kämpferischen Aussage begleitet war: "Wir reisen mit der klaren Haltung nach Rio, dort zu zeigen, was wir können und draufhaben." In den vergangenen Jahrzehnten hatten ARD und ZDF die Übertragungsrechte an zahlreichen Sport-Highlights zeitweilig oder endgültig verloren - vom Bundesligafußball über die Formel 1 bis zum Boxen. Die Olympia-Rechte hatten sie jedoch immer behalten. Diese Ära geht nun zu Ende.

Welche Auswirkungen hat die Entscheidung auf den deutschen Spitzensport?

Vermutlich große - und die sind nicht unbedingt gut: Durch den Wegfall der ARD- und ZDF-Liveübertragungen erfahren die Olympischen Spiele in Deutschland zwangsläufig weniger Aufmerksamkeit. Diese zieht das Nachlassen des Sponsoreninteresses nach sich, das hat dann wiederum weniger Geld für die Verbände zur Folge. Diese Bedrohung ruft natürlich Ängste beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) hervor.

DOSB-Vertreter wandten sich nach Informationen des "manager magazin" während der Verhandlungen an den deutschen IOC-Präsident Thomas Bach, damit dieser Druck auf Discovery mache. Doch Bach lehnte ab, schließlich spielt ihm das Vorgehen des US-Konzerns in die Karten. Er bastelt an seinem Olympia-TV-Kanal, der olympische Sportarten "24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr - auf allen Plattformen" zeigt. Eurosport könnte da ein willkommener Partner sein.

DOSB-Chef Alfons Hörmann bedauert den Ausgang der Verhandlungen, er gehe jedoch davon aus, "dass das Premiumprodukt Olympische Spiele und die Leistungen der deutschen Athleten auch in Zukunft bei Eurosport medial in gewohnter Professionalität, Reichweite und Sendezeit präsentiert werden".

Ganz aufgegeben haben ARD und ZDF die Hoffnung noch nicht. "Sollte Discovery seine Entscheidung nochmals überdenken und auf unser Angebot zurückkommen wollen, sind wir jederzeit bereit, die Gespräche fortzusetzen", sagt ZDF-Intendant Thomas Bellut.

Mit Material von sid und dpa
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