
Spekulationen um Läuferin Klosterhalfen Nur freuen kann man sich nicht


Konstanze Klosterhalfen holte Bronze über 5000 Meter
Foto: KARIM JAAFAR / AFPKonstanze Klosterhalfen hat aus ihrer Sicht alles richtig gemacht. Sie kann unter für sie optimalen Bedingungen trainieren, sie misst sich im täglichen Training mit der Weltklasse, sie hat ihre Laufzeiten extrem gesteigert und Rekorde gebrochen, jetzt hat sie bei der WM in einem spektakulären Jagdrennen über die 5000 Meter eine Medaille geholt. Da kann man doch nur gratulieren.
Kann man und sollte man. Und dabei nicht vergessen, die notwendigen Fragen zu stellen.
Klosterhalfen trainiert in dem mittlerweile berühmten Nike Oregon Project (NOP), und berühmt ist in diesem Fall nahe dran an berüchtigt. Das NOP wird seit Jahren vom Argwohn begleitet, der Gründer und Chef Alberto Salazar ist in dieser Woche auf Betreiben der US-Anti-Doping-Behörde Usada für vier Jahre gesperrt worden . Da geht es nicht mehr um Geraune in der Läuferszene, da geht es nicht mehr um Gerüchte, es geht um einen mehr als 140 Seiten starken Untersuchungsbericht.
Es ist wahr, die Anti-Doping-Ermittler beziehen sich bei ihrem Urteil auf Vorfälle bis ins Jahr 2014. Für die Jahre danach hat Behördenchef Travis Tygart ausdrücklich betont, es gebe absolut keine Belege für Doping. Es sei denn, man ist so misstrauisch und nimmt schon die außergewöhnlichen Steigerungen der Athleten, die im NOP trainieren, als Indiz.
Mo Farah, der britische Laufstar und Vorzeigeathlet im Oregon Project, musste sich jahrelang der Dopingverdächtigungen erwehren. Dass die Niederländerin Sifan Hassan aus dem NOP in Doha erst die 10.000 Meter souverän für sich entscheidet und ein paar Tage später mit Europarekord über die 1500 Meter alles in Grund und Boden läuft, kann Ausweis ihrer außergewöhnlichen Begabung sein. Kann.
Leistungen exorbitant gesteigert
Klosterhalfen hat ihre Bestzeiten in diesem Jahr ebenfalls exorbitant gesteigert. Vor zwei Jahren wurde sie bei der WM in London nach einem Tempolauf am Ende vom Feld geschluckt, jetzt kann sie mit den weltbesten Afrikanerinnen um den Sieg mitsprinten. Auch das kann ihrem großartigen Talent geschuldet sein. Aber es wirft Fragen auf. Und wäre Klosterhalfen zum Beispiel eine Athletin aus Russland, würde in keinem Livekommentar ein Hinweis auf einen möglichen Verdacht fehlen. Und wenn die Athletin darauf hinweisen würde, sie trainiere ja nicht persönlich unter Salazar, dann würden die meisten abwinken. Schutzbehauptung.
Viele deutsche Medien gehen dagegen eher verdruckst an die Sache heran. Klar, man muss irgendwie kritisch sein, aber hey, es ist eine deutsche Medaille. Lasst uns uns doch einfach mal darüber freuen. Ein Spagat, der auch den Verband im Schritt mindestens zerren, wenn nicht zerreißen kann.
Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) ist in einer Zwickmühle. Klosterhalfen ist spätestens seit diesem Abend ein Aushängeschild der deutschen Leichtathletik. Gleichzeitig läuft sie für eine Trainingsgruppe, die längst nicht mehr nur mit dem klassischen Adjektiv "umstritten" zu bezeichnen ist, in der nachweislich nach den Erkenntnissen der Usada Dopingexperimente gemacht wurden.
Eine Trainingsgruppe, die selbst bestimmt, welche Läuferin bei einer WM auf welcher Strecke antritt. Sifan Hassan läuft die 1500 Meter, also sind die 5000 Meter für Klosterhalfen reserviert. Eine Trainingsgruppe mit einem mächtigen Sportkonzern im Hintergrund. So mächtig, dass es sicher kein Zufall ist, dass die nächste Leichtathletik-WM in Eugene stattfinden wird. In Oregon. Dort, wo der Nike-Konzern gegründet wurde.
Der DLV hat angekündigt, man werde sich nach der WM mit Klosterhalfen und ihren Trainern und Beratern, zu denen auch der Vorstandsvorsitzende von RB Leipzig, Oliver Mintzlaff, gehört, zusammensetzen und besprechen, wie es weitergeht. Wer beim DLV hat den Mut, Konstanze Klosterhalfen aufzufordern, über ihr Engagement in Oregon nachzudenken?
Um ihretwillen. Und ihres großen Talents.