
Die Karriere von Lance Armstrong: Absturz eines Helden
"New York Times"-Bericht Lance Armstrong erwägt Doping-Geständnis
Hamburg - Der frühere Radprofi Lance Armstrong erwägt nach einem Bericht der "New York Times" ein Doping-Geständnis. Die Zeitung beruft sich dabei auf das enge Umfeld des 41-Jährigen. Demnach habe sich Armstrong bereits mit dem Chef der amerikanischen Anti-Doping-Agentur Usada, Travis Tygart, getroffen. Zudem sei ein Gespräch mit dem Generaldirektor der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada, David Howman, geplant.
Armstrongs langjähriger Anwalt Tim Herman dementierte gegenüber der "NYT", dass ein Geständnis anstehe, und sagte dem Blatt: "Lance muss da für sich selbst sprechen."
Der SPIEGEL berichtet in seiner neuen Ausgabe von anderen Experten-Einschätzungen der Causa Armstrong: So hält der US-Spitzenanwalt und Usada-Jurist Richard Young ein Geständnis des einstigen Radsport-Idols für unwahrscheinlich. "Vielleicht kommt er zu dem Schluss, es sei besser, ein Teil der Lösung zu werden, als ein Teil des Problems zu bleiben", sagte Young dem SPIEGEL. "Ich hoffe es, aber so wie Armstrong gestrickt ist, würde es ihm sehr schwer fallen, durch dieses Tor zu gehen." Young gehörte neben Usada-Chef Travis Tygart zum engsten Kreis der Ermittler, die Armstrong im Juni 2012 des systematischen Dopings bezichtigten.
Die "New York Times" schreibt, dass keine ihrer Quellen aus dem Umfeld Armstrongs namentlich genannt werden wolle, auch Tygart lehnte einen Kommentar ab. Wada-Chef Howman sei in seinem Urlaub in Neuseeland nicht erreichbar gewesen. Armstrongs Anwalt Herman will mit seinem Mandanten angeblich nach dessen Rückkehr von einem Urlaub auf Hawaii über die weiteren Schritte beraten.
Bisher hatte der US-Amerikaner Doping stets vehement bestritten. Die Motivation für eine plötzliche Kehrtwende könnte darin begründet sein, dass ein umfassendes Geständnis seine lebenslange Sperre nach dem Wada-Code reduzieren würde. Dann wäre es Armstrong möglich, in einiger Zeit wieder an Triathlon-Veranstaltungen teilzunehmen.
Betsy Andreu, die Frau von Armstrongs früherem Teamkollegen und Freund Frankie Andreu, sieht darin den einzigen Zweck eines Geständnisses: "Glaubt er, dass alle komplett blöd sind? Dieser Typ ist ein Mafioso", sagte Andreu dem US-Internetportal "NY Dailynews". "Er will sich damit nur selbst retten. Er hat keine zweite Chance verdient." Gemeinsam mit ihrem Ehemann kämpft sie seit Jahren gegen Armstrongs Dopingsystem, Frankie Andreu musste seine Profikarriere deshalb beenden.
Juristisch könnte Armstrongs Aussage hingegen schwerwiegende Folgen haben: Armstrong hatte in mehreren Prozessen teils unter Eid ausgesagt, nie gedopt zu haben. Vor Gericht unterlegene Kontrahenten sowie ehemalige Sponsoren fordern nun teilweise ihr Geld zurück, es geht um Millionenbeträge.
Der frühere Radsportstar soll nach Darstellung der "New York Times" auch aus dem Umfeld seiner Stiftung "Livestrong" zu einem Geständnis gedrängt werden, um einen weiteren Imageschaden abzuwenden. Vom Vorsitz der Stiftung war Armstrong im Herbst zurückgetreten.
Armstrong war nach einem umfangreichen Enthüllungsbericht der Usada vom Radsportweltverband UCI im Oktober lebenslang gesperrt worden. US-Fahnder hatten ihm aufgrund von Zeugenaussagen ehemaliger Teamkollegen, E-Mails, Geldzahlungen und Labor-Analysen jahrelanges systematisches Doping nachgewiesen, seine sieben Tour-de-France-Siege wurden Armstrong vor wenigen Tagen endgültig aberkannt.