Leipziger Olympia-Bewerbung "Unkultur im Umgang mit öffentlichen Mitteln"
Leipzig - Nach übereinstimmenden Meldungen der "Leipziger Volkszeitung" und der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ist im Prüfbericht von "einer großen Unkultur im Umgang mit öffentlich zur Verfügung gestellten Mitteln" die Rede. Auf Initiative des sächsischen Finanzministeriums und der Staatskanzlei war das Geschäftsgebaren der inzwischen liquidierten ersten und der danach gegründeten zweiten Olympia GmbH untersucht worden.
Aufgrund der eigentlich vertraulichen Ergebnisse hatte der Aufsichtsrat der Olympia GmbH am 19. November umfassende organisatorische und personelle Veränderungen beschlossen. So wurden etwa der Unternehmer Peter Zühlsdorff zum Vorsitzenden der Geschäftsführung berufen und ein Kontrollsystem etabliert. Bundesinnenminister Otto Schily hatte in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsmitglied von einem Neuanfang gesprochen.
Kaum Überprüfung möglich
Vor allem der inzwischen entlassene Geschäftsführer Dirk Thärichen und der ehemalige Olympia-Beauftragte Burkhard Jung, der Anfang Dezember eine Tätigkeit im Leipziger Rathaus als Beigeordneter wieder aufnehmen durfte, werden in dem Prüfbericht schwer belastet. Im Einzelnen legt der Prüfungsbericht nach Angaben der Zeitungen dar, dass elf der 15 von der neuen GmbH abgeschlossenen Verträge nur mündlich vereinbart worden seien; eingehende Rechnungen hätten deshalb nicht geprüft werden können.
Zudem seien die Verträge unter Umgehung des Vier-Augen-Prinzips geschlossen worden. Thärichen habe im Juni um Aufhebung dieses Prinzips gebeten. "Während NOK-Präsident Steinbach es ablehnte, einen entsprechenden Entwurf vom 26. Juni zu unterschreiben, zeichnete Tiefensee gegen", heißt es in der "FAZ". Klaus Steinbach führt den Vorsitz in der GmbH, Leipzigs Bürgermeister Wolfgang Tiefensee ist sein Stellvertreter. Wie Thärichen wird auch Jung die Umgehung des Aufsichtsrats vorgeworfen.
Olympia-Gipfel im Januar
Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) will mit einem nationalen Olympia-Gipfel am 14. Januar 2004 die deutsche Bewerbung für 2012 voran bringen. An dem Treffen sollen außerdem Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) und Vertreter der Bewerberstädte Leipzig und Rostock - Kandidat für die Segelwettbewerbe - teilnehmen, kündigte Regierungssprecher Bela Anda am Mittwoch in Berlin an. Das Bundeskabinett hatte sich zuvor hinter
eine formale Unterstützungserklärung Schröders gestellt, um im nächsten Jahr die erste Hürde des olympischen Bewerbungsverfahrens von der Bewerber- zur Kandidatenstadt zu nehmen. Die Entscheidung über die Vergabe der Spiele für 2012 fällt 2005.
Schröder betonte, er sehe die Chancen Leipzigs "merklich gestiegen". Seit der "reinigenden Aufsichtsratssitzung vom 19. November" sei in der Bewerbung neuer Schwung zu verspüren. Die "Ruckelein und Schwierigkeiten" gehörten der Vergangenheit an.