Martin Schmitt "Malysz hat das Skispringen weiterentwickelt"
Bischofshofen - "Außerirdisch, phänomenal, fantastisch". Die Konkurrenz geizt nicht mit Superlativen, um die Leistung von Adam Malysz zu würdigen. Als erster polnischer Springer überhaupt gewann der 23-Jährige die Vierschanzentournee, stellte drei Schanzenrekorde auf, gewann in Innsbruck mit dem zweitgrößten Vorsprung (44,9 Punkte) der Weltcup-Geschichte. Der Erfolg des Dachdeckers aus Wisla kam für die Experten jedoch nicht ganz überraschend. "Passt mir auf den Adam Malysz auf", hatte etwa Bundestrainer Reinhard Heß schon vor Tournee-Beginn gewarnt.
Malysz, der zum Saisonauftakt in Kuopio noch wegen eines zu langen Skis disqualifiziert worden war, stieg nicht wie Phönix aus der Asche zum vielbestaunten Überflieger auf. 1996 ging sein Stern am traditionsreichen Holmenkollen in Oslo auf, als er sein erstes Weltcup-Springen gewann. Der Mann, der aussieht wie das Ebenbild von Jens Weißflog, stahl dem Oberwiesenthaler bei dessen letztem Karriere-Auftritt die Show und gewann dort. Dass er heute mit dem mehrfachen Olympiasieger und Weltmeister verglichen wird, macht ihn stolz: "So etwas ehrt mich. Er war schließlich das Idol meiner Jugend."
So schnell damals der Aufstieg des heute 23-Jährigen kam, so schnell folgte der Absturz. Nach drei Weltcupsiegen gab es eine dreijährige sportliche Durststrecke, die Heirat mit Ehefrau Izabela und die Geburt der heute dreijährigen Tochter Karolyna standen im Mittelpunkt. Doch dann formte der neue polnische Trainer Apoloonius Tajner mit Hilfe von Psychologen der Universität Krakau aus dem schüchternen, gerade einmal 1,69 m großen Athleten einen selbstbewussten Flug-Riesen, der mit seinen Sprüngen neue Maßstäbe setzt.
"Ich habe das Gefühl, er hat das Skispringen weiter entwickelt", stellt bewundernd und zugleich etwas ratlos Martin Schmitt fest. Ausgereift sein Stil am Schanzentisch und in der Luft, entwicklungsbedürftig und trotzdem sympathisch seine Außendarstellung. Zum Siegerinterview muss er von seinem Manager Edi Federer mit einem "Geh halt hin und sage zwei lustige Sätze. Ist gleich vorbei, tut gar nicht weh" förmlich gedrängt werden, ein Sprachkurs in Englisch oder Deutsch für die sich häufenden Siegerinterviews steht erst im Sommer an.
Auf die Schenkel schlagen können sich die Manager eines österreichischen Energie-Getränks, das angeblich Flügel verleiht. Vermutlich für ein Butterbrot verpflichteten sie Malysz erst zwei Tage vor Tourneebeginn. Die Tage, in denen der 23-Jährige in Quartieren wie der Jungbauernschule Grainau mit dem Komfort einer Jugendherberge nächtigte, dürften wohl gezählt sein.
Von Marc Zeilhofer, dpa