Neue zweite Handballliga Angriff von unten

Spiel zwischen Schwerin und Essen: "Es wird keine Mannschaft geben, die durchspaziert"
Foto: Reiner WormAls die Geschäftsführer und Manager der Erst- und Zweitligisten vor zweieinhalb Jahren nach ebenso langen wie energischen Diskussionen mehrheitlich entschieden, die eingleisige zweite Liga einzuführen, schwankte die Reaktion in Handball-Deutschland zwischen Ablehnung und Zustimmung.
Nun steht die neue Spielklasse - deutlich abgespeckt - in den Startlöchern. Und es herrscht nur noch Vorfreude. "Ich freue mich, dass wir eine sehr, sehr ausgeglichene Liga mit den besten Mannschaften aus Nord und Süd haben", sagt Ronny Rogawska. Der Däne, seit April 2010 Cheftrainer der HSG Düsseldorf, sagt eine spannende Saison voraus. "Es wird keine Mannschaft geben, die zum Aufstieg einfach so durchspaziert."
Aus zwei Ligen ist eine geworden, von 36 Mannschaften sind nur 20 übrig geblieben. Einige vertraute Namen wie Altenholz, Varel, Aue und Obernburg sind verschwunden, aber die Leistungsdichte ist im Vergleich zum Vorjahr größer, der Wettbewerb stärker. Wer glaubt, dass die zweite Liga nun in Form und die Entwicklung abgeschlossen ist, liegt falsch. "Das Produkt muss sich weiterentwickeln", sagt Mark Schober, der bei der Handball-Bundesliga (HBL) in Dortmund die Abteilung Marketing & Unternehmensentwicklung leitet.
"In Spanien oder Frankreich gibt es so etwas nicht"
Die Saison 2011/2012 soll den Clubs zusätzliche wirtschaftliche Chancen eröffnen. Die zweite Liga von Bad Schwartau bis Erlangen soll als Qualitätsbegriff eingeführt werden. Nach Meinung von Schober ist sie bereits jetzt einzigartig in Europa. "Die Marke zweite Liga - das ist etwas Besonderes. In Spanien oder Frankreich gibt es die nicht."
Bei der HBL glaubt man, dass Liga und Vereine vom neuen Aufbau profitieren. Schober spricht von einer besseren Verwertbarkeit, die sich auszahlen soll. "Die eingleisige Liga wird stärker als eigenständiges Produkt wahrgenommen werden - das macht sie wertvoller."
Die Teilnehmerzahl ist kleiner geworden, die Exklusivität größer. Salopp gesagt: In die zweite Liga kommt nicht mehr jeder einfach so rein, sie ist streng limitiert. Die HBL geht deswegen davon aus, dass der Marktwert der Vereine steigt. Und dass sie sich besser verkaufen können, sowohl bei ihren Sponsoren als auch bei den Fans. "Das wird nicht von jetzt auf gleich passieren", sagt Schober. Doch die neue Qualität der Liga "eröffnet zumindest die Möglichkeit".
Bei der HG Saarlouis sind die Tickets bereits teurer geworden. Die Preisanhebung hätte in jedem Fall angestanden, sagt Richard Jungmann, Vorsitzender der Handballgemeinschaft. Aber der Reiz der neuen zweiten Liga kam den Clubverantwortlichen entgegen. "So fiel es uns leichter. Wir hatten für die Erhöhung einen guten Grund."
Empor, Tusem, GWD - große Namen im Unterhaus
Das Publikum in Saarlouis findet Gefallen an den neuen Gegnern und nicht zuletzt an den großen Namen im Teilnehmerfeld. Mit Rostock, Essen und Nordhorn werden drei ehemalige Europapokalsieger in der 40.000-Einwohner-Stadt auftauchen. Empor, Tusem, GWD - das klingt gut in den Ohren des Publikums. "Die Neugier ist groß", sagt Jungmann. Und mit Top-Favorit Minden kommt ein Gründungsmitglied der Bundesliga, das mit 2,4 Millionen Euro den wahrscheinlich höchsten Etat der Liga hat und als Top-Favorit in die Spielzeit geht.
Nicht nur die Vereine, auch die HBL legt sich ins Zeug. Sie arbeitet daran, für die Liga frische Geldquellen zu erschließen. Man dürfe aber nicht erwarten, "dass wir über Nacht einen Namenssponsor für die zweite Liga finden", sagt Schober. Dass die Liga in der kommenden Saison nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sportlich die Lücke zur höheren Spielklasse verringert, liegt auf der Hand. Beim TV Bittenfeld, dem sportlich eine gute Rolle zugetraut wird, freut man sich deswegen "auf jedes einzelne Spiel", so Trainer Schweikardt. Er glaubt, dass der Abstand zum unteren Drittel der ersten Liga deutlich kleiner wird. "Es kann ja nicht sein, dass die Aufsteiger jedes Mal sofort wieder absteigen. Dem Handball wird diese zweite Liga gut tun."