NFL "Überwältigende Indizien" - Football laut Studie für Gehirnschäden verantwortlich

NFL-Spieler
Foto: TIMOTHY A. CLARY/ AFPUS-Wissenschaftler haben neue Indizien für einen Zusammenhang zwischen schweren Kopfverletzungen und American Football gefunden. Bei 110 von 111 untersuchten Gehirnen von ehemaligen, mittlerweile verstorbenen, Footballspielern der Profiliga National Football League (NFL) wurde die Gehirnerkrankung CTE nachgewiesen. Das zeigt eine gemeinsame Studie der Boston University und VA Boston Healthcare System.
CTE steht für Chronisch Traumatische Enzephalopathie. Es wird vermutet, dass sie durch wiederholte Zusammenstöße mit dem Kopf verursacht wird. Solche Kollisionen gibt es beim Football häufig. Die Krankheit kann etwa Gedächtnisverlust, Depressionen oder Demenz verursachen. Nachweisen lässt sich CTE momentan aber erst nach dem Tod.
Insgesamt untersuchten die Wissenschaftler in der bisher größten Fallstudie zum Thema 202 Gehirne von verstorbenen Footballern. Darunter befanden sich auch Spieler, die nur wenige Jahre oder nicht im Profibereich gespielt haben. Hier konnte noch in 87 Prozent der Fälle CTE diagnostiziert werden. Sogar Spieler, die den Sport nur während ihrer Zeit an der Highschool oder Universität betrieben haben, können also betroffen sein.

Normales Gehirn (oben), Footballergehirn mit CTE (unten)
Foto: AP/ Boston UniversityAutorin Ann McKee von der Boston University sprach von "überwältigenden Indizien", dass CTE mit American Football in Zusammenhang stehe. Man könne nicht länger darüber diskutieren, ob es ein Problem im Football gebe. "Es gibt ein Problem", sagte McKee der "New York Times" . Die Neuropathologin untersucht bereits seit Jahren die Gehirne von ehemaligen Footballern und hat inzwischen die weltweit größte CTE-Datenbank aufgebaut. Die neue Studie reiht sich in eine Vielzahl anderer Untersuchungen zu diesem Thema ein, die ebenfalls zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen sind.
Auswahl der Gehirne nicht repräsentativ
Die Studie weist allerdings auch methodische Schwächen auf: Es konnten nur Gehirne von Footballspielern untersucht werden, die von ihren Familien für die Forschung zur Verfügung gestellt wurden. Wenn Angehörige bereits zu Lebzeiten CTE-Symptome feststellen konnten oder ein Spieler sich das Leben nahm, gaben sie das Gehirn viel eher frei. Die Ergebnisse der 111 untersuchten Gehirne von ehemaligen NFL-Spielern sind also nicht repräsentativ für alle Footballer.
Viele Gehirne stammen außerdem von Spielern, deren aktive Zeit schon länger zurückliegt. Das Spiel hat sich in den vergangenen Jahren jedoch bereits verändert: Helme und Schutzausrüstung sind besser geworden, es wurde ein sogenanntes Concussion Protocol eingeführt, das nach Zusammenstößen mögliche Gehirnerschütterungen erkennen soll und die Anzahl der Trainingseinheiten mit Vollkontakt reduziert.
Das Thema Kopfverletzungen beim American Football ist in der US-Öffentlichkeit schon lange ein großes Thema. Football ist die bei Weitem beliebteste Sportart, das erhebliche Verletzungsrisiko bereitet nun aber vielen Sorgen, auch was die Zukunft der Sportart angeht: Es gibt bereits Spieler, die ihre Karriere aus Angst vor CTE frühzeitig beendeten, zum Beispiel San Franciscos Linebacker Chris Borland oder Miamis Tight End Jordan Cameron. Auch besorgte Eltern könnten ihren Kindern den Sport verbieten und der Football damit seinen Nachwuchs verlieren. (Lesen Sie mehr zu den Problemen hier.)
Die neue Studie dürfte den Druck auf die NFL weiter erhöhen. Ligachef Roger Goodell betont öffentlich zwar immer wieder, dass die Sicherheit der Spieler höchste Priorität habe. Allerdings hatte die NFL lange eine mögliche Verbindung zwischen Kopfverletzungen und American Football abgestritten.
Erst vor einem Jahr räumte ein NFL-Offizieller erstmals ein, dass es einen Zusammenhang zwischen Football und dem Auftreten von CTE geben könnte. Trotzdem gibt es noch immer Verantwortliche, die ihn dementieren, beispielsweise Jerry Jones, Besitzer der Dallas Cowboys. Ein NFL-Sprecher sagte nach Veröffentlichung der neuen Studie, dass die Liga weiterhin die CTE-Forschung unterstützen werde. Er wies aber auch auf noch viele ungeklärte Fragen hin.