Olympia-Referendum in Hamburg Der Ringkampf

Olympiaaktion im Hamburger Stadtpark: Tiefe Gräben
Foto: DPAAus den Musikboxen dröhnt "Nordisch by Nature" von Fettes Brot, ein älterer Herr tanzt mit seinem kleinen Enkelsohn zum Beat. Neben ihnen lassen zwei Mädchen die Hamburg-Flagge im Wind wehen, beide liegen sich in den Armen. Die Sicht auf die Hamburger Binnenalster ist noch trüb, es regnet: Hamburger Schietwetter. Und trotzdem sind an diesem Tag im Februar 20.000 Menschen zum "Olympischen Alsterfeuer" gekommen. Sie wollen Fackeln für Olympische und Paralympische Spiele in der Hansestadt entzünden, es soll ein Zeichen werden, bildgewaltig und emotional.
"Unsere Stadt und unser Nachwuchs werden von den Spielen profitieren, deswegen sind wir hier", sagt eine Frau. Sie trägt ihre kleine Tochter auf dem Arm, die eine brennende Fackel in ihren kleinen Händen hält. Sie strahlt. Die Menschen schunkeln zu Lotto King Karls "Hamburg meine Perle", manche von ihnen summen mit glasigen Augen mit, sie sind stolz auf ihre Stadt, am Ende gibt es noch ein großes Abschlussfeuerwerk.
Die Aktion im Februar ging durch die Medien, der NDR, auch das überregionale ZDF berichteten. Dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) gefiel die Aktion, Hamburg bekam den Vorzug gegenüber Berlin und wurde nationaler Bewerber. Auch das Alsterfeuer habe gezeigt, dass Hamburg die Spiele wirklich will, hieß es.
Aber will Hamburg wirklich?

Mehr als ein halbes Jahr später müssen die Bürger der Hansestadt erneut ihre Zustimmung für die Bewerbung um die Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 demonstrieren, diesmal nicht mit Fackeln in der Hand, sondern an der Wahlurne: Am 29. November wird ein Referendum abgehalten, schon jetzt läuft die Briefwahl.
Sollte keine einfache Mehrheit zustande kommen, will sich die Hansestadt aus dem Rennen mit den Konkurrenten Los Angeles, Paris, Rom und Budapest zurückziehen. Das hat der Erste Bürgermeister der Stadt, Olaf Scholz (SPD), angekündigt. Zwei Hürden müssen dabei genommen werden:
- Mehr als 50 Prozent der teilnehmenden Wähler müssen mit Ja stimmen.
- Außerdem ist das Referendum erst dann erfolgreich, wenn mindestens 20 Prozent aller 1,3 Millionen wahlberechtigten Hamburger mit Ja gestimmt haben. Konkret bedeutet das: Sollten 260.000 Menschen mit Ja stimmen - und 250.000 mit Nein - ist das Referendum angenommen.
Die Fackelaktion an der Alster vor neun Monaten markierte den Beginn eines Duells. Seither sind Olympia-Unterstützer und -Gegner in Hamburg auf einer Mission, es geht um alles oder nichts. Die Bewerbergesellschaft fährt im Tandem mit Scholz seither eine emotionale Kampagne, unterstützt von großen Teilen der Hamburger Wirtschaft. Die Litfaßsäulen der Stadt sind gepflastert mit Bildern und Slogans der Feuer-und-Flamme-Kampagne, "Das gibt's nur einmal", ist die Kernbotschaft.
Doch die Zustimmung in der Bevölkerung bröckelt, der Widerstand wächst: Waren laut einer repräsentativen Umfrage des Forsa-Instituts im September noch 63 Prozent der Hamburger für die Bewerbung, sind es zehn Tage vor der Wahl nur noch 56 Prozent. Bemerkenswert: Die aktuelle Umfrage wurde vor den Anschlägen von Paris durchgeführt.


Der Stübenplatz in Wilhelmsburg, ein Samstag im Mai: Zwei junge Frauen mit gelber Warnweste und der Aufschrift "Nein zu Olympia" auf dem Rücken verkaufen Anstecker, die Olympischen Ringe sind darauf durchgestrichen. Es ist die erste offizielle und öffentliche Kundgebung gegen den "Olympia-Wahnsinn" in der Hansestadt. Ein Seniorenehepaar hält ein Schild hoch, "Demokratie statt Olympia" steht darauf. Auf dem Marktplatz im multikulturellen Stadtteil im Süden Hamburgs haben sich etwa 300 Olympiagegner zusammengefunden.
Ihre Argumente gegen Olympia: die Kostenfrage, unnötiger Ressourcenverbrauch und ein möglicher Knebelvertrag des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) für die Ausrichterstadt. "Ausverkauf der Stadt - wir haben es satt", wird gesungen, erst zögerlich, dann immer lauter. Der Protestzug zieht nach einer Kundgebung auf dem Marktplatz durch die Straßen von Wilhelmsburg, angeführt von einem großen Banner. "NOlympia - weil Hamburg nur verlieren kann" steht dort. Es ist das Gegenstück zum Slogan der Kampagne "Weil Hamburg nur gewinnen kann".
Mit den imposanten Bildern vom Alsterfeuer im Februar kann die Demo in Wilhelmsburg nicht mithalten, das wissen auch die Initiatoren. Ihnen fehlt es an Kapital, namhaften Unterstützern - trotzdem werten sie ihre Aktion als Erfolg: "Es ist gut, dass sich die Menschen wehren. Wir haben unser Zeichen gesetzt", sagt ein junger Mann mit gelber Warnweste: "Wir machen weiter."
Ein großer Gegner der Olympiabewerbung ist Florian Kasiske. Der 34 Jahre alte Soziologe, Vollbart und Brille, sitzt zwei Monate vor dem Referendum im "Feldstern" zwischen Karoviertel und Schanze, einer eher alternativen Nachbarschaft. Nur wenige Hundert Meter entfernt steht das Millerntorstadion, die Heimspielstätte des FC St. Pauli. Kasiske erzählt von der Initiative. Auf einem weißen Blatt Papier zeichnet er die Strukturen ein, NOlympia ist das übergeordnete Konstrukt, darunter gibt es mehrere Arbeitskreise, etwa die Hafen-AG, die Aktions-AG, die Presse-AG. Auch andere Initiativen, wie "Nein zu Olympia" oder "Stop Olympia" arbeiten mit. Vom Rentner bis zum Studenten, vom Hafenarbeiter bis zum Professor - NOlympia vereint viele unterschiedliche Menschen, ihr Ziel ist aber dasselbe: Olympia verhindern.
Wenn Kasiske über Kritikpunkte an der Olympiabewerbung sprechen soll, dann kann es passieren, dass man minutenlang nicht zu Wort kommt, so viel hat er zu sagen: Die Mieten werden steigen, die Kosten seien unvorhersehbar und würden noch weiter explodieren, dafür gebe es in Hamburg das Beispiel der Elbphilharmonie, das mit 77 Millionen Euro angesetzt war und die Stadt nun 789 Millionen kosten soll - und immer noch nicht fertig sei. Der neue Wohnraum, der nach den Spielen auf dem Olympiagelände Kleiner Grasbrook entstehen soll, werde in erster Linie den Besserverdienenden zukommen. "Die wollen einen ganz neuen Stadtteil schaffen", sagt Kasiske: "Das ist Gigantomanie".

Am selben Tag, als Kasiske über die Risiken der Olympischen Spiele spricht, redet Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz von den Chancen. In einem Café der Hamburger Barclaycard Arena stehen knapp 300 Stühle, viele Menschen sind allerdings nicht gekommen, höchstens 50. Senioren scheinen in der Überzahl. Eine Frau mit weißen Haaren rutscht nervös auf ihrem Stuhl hin und her, sie trägt zwei Feuer-und-Flamme-Ohrringe. Schon damals, für Olympia 2012, hätte Hamburg der offizielle Bewerber werden sollen, sagt sie. Aber da hatte ja Leipzig im nationalen Ausscheidungswettbewerb gewonnen. "Leipzig", schnaubt sie verächtlich. Als Scholz die Bühne betritt, klatscht sie besonders stark.
Es ist ein Heimspiel für den Ersten Bürgermeister: Viele Fragen beginnen mit Sätzen wie "Erst einmal vielen Dank für Ihr Engagement", einer sagt einfach nur: "Können die Miesmacher es nicht mal lassen, Hamburg so kleinzureden." Die Hansestadt werde als Bewerber für Olympische Spiele endlich auf der Weltkarte auftauchen, schwärmt Scholz, der seit Wochen durch Hamburg tingelt. Vor allem für die Stadtentwicklung sei eine Bewerbung von Vorteil, das ist sein Hauptargument, ein neuer Stadtteil, der die Menschen ans Wasser bringt, das ist seine Vision: "Olympia die schönste Liebeserklärung an Hamburg."
Doch muss Hamburg dafür nicht neue Schulden machen? "Nein, dafür werde ich als Bürgermeister sorgen", sagt Scholz energisch. Auch die Elbphilharmonie-Analogie kontert er: "Weil da alles falsch gemacht worden ist, wissen wir, wie es richtig geht." Was ist mit dem Vorwurf, dass von den neuen Wohnungen nur die Reichen profitieren werden? Scholz hat auch für diese Frage eine Antwort parat: "Falsch, dort wird der Drittelmix gelten: Ein Drittel Eigentumswohnungen, ein Drittel frei finanziert, ein Drittel Sozialwohnungen."
"Jaja, der Drittelmix", seufzt "Stop Olympia"-Aktivistin Carola Ensslen. Die 54 Jahre alte Rechtsanwältin sitzt in ihrem Wohnzimmer in der Nähe des Grindelhofs, das gleichzeitig die Zentrale der Bürgerinitiative ist. Um sie herum liegen stapelweise Briefe, Klemmbretter mit Unterschriftenlisten. Ensslen, eine zierliche, kleine Frau, ist in der Linkspartei, sie macht Sozialberatung für Hartz-IV-Empfänger. Und sie kämpft gegen die Olympia-Bewerbung.
"Der Drittelmix reicht vorne und hinten nicht. Viele Wohnungen fallen in den kommenden Jahren aus der Sozialbindung. Das Argument kann man nicht gelten lassen, das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein", sagt Ensslen, die zudem wie so viele andere davor warnt, dass die Mieten in Hamburg steigen werden. "Außerdem wird das Geld, das für Olympia ausgegeben wird, bei anderen Projekten fehlen."
Die "Stop Olympia"-Bürgerinitiative will im Grunde dasselbe, was Ende November stattfinden wird: Ein Referendum über den Willen der Bürger. Doch die jetzige Abstimmung findet Ensslen undemokratisch: Der Senat könne viel steuern, den Zeitpunkt der Abstimmung etwa, aber auch die Abstimmungsfrage ("Ich bin dafür, dass sich der Deutsche Olympische Sportbund mit der Freien und Hansestadt Hamburg um die Ausrichtung der Olympischen und Paralympischen Spiele im Jahr 2024 bewirbt"), die sie für suggestiv hält. Im Begleitheftchen mit der Wahlbenachrichtigung wäre fast kein Text der Olympiakritiker aufgetaucht, nur durch einen Bürgerschaftsbeschluss konnte "Stop Olympia" seine Thesen einbringen.
Straßenumfrage in Hamburg
Bis zum 29. November müssen sie 10.000 Nein-Stimmen zusammenbekommen, dafür sammeln sie auf Straßenfesten, bei Sportveranstaltungen. Vertreter sitzen auch bei den Informationsabenden in den Schulen - wahlberechtigt sind in Hamburg ja auch schon 16-Jährige. Die Initiative sorgte für Wirbel, als sie eine Version des Berichts des Hamburger Rechnungshofes öffentlich machte. Dieser hatte das Referendum im November als zu früh angesetzt kritisiert, zu einem solchen Zeitpunkt könnten noch gar keine verlässlichen Zahlen auf dem Tisch liegen. Ein schwerer Vorwurf, gerade für Scholz, der die Hamburger Olympiakampagne als eine der transparentesten der Geschichte darzustellen versucht.
In einem Saal des Hamburger Rathauses sitzt Scholz an einem Tisch vor der versammelten Presse, hinter ihm zwei weiße Büsten, Marmorsäulen, alles sehr staatsmännisch. Der Gegenwind für die Olympiabewerbung ist rauer geworden, wenige Wochen vor dem Referendum. In der Flüchtlingskrise macht die Stadt noch keine souveräne Figur, viele Bürger fragen sich, wie die Stadt neben dieser Herausforderung auch noch ein sportliches Großereignis wie Olympische Sommerspiele stemmen will. Zumal auch noch Milliardenzahlungen aus dem HSH-Nordbank-Debakel anstehen, an der die Stadt beteiligt ist. Die Krise bei der Fifa und dem DFB macht der Bewerbung ebenfalls zu schaffen, viele Menschen halten auch das IOC für eine korrupte Vereinigung, die mit Knebelverträgen die Bewerberstädte aussaugt. Zudem kommt noch die Sorge, dass Hamburg eh keine Chance auf die Spiele 2024 habe, da in diesem Jahr vielleicht die Fußball-Europameisterschaft in Deutschland stattfinden wird. Und beide Sportgroßereignisse in einem Land? Das gilt als ausgeschlossen.
Transparenz ist also gefragt und Scholz will zumindest an der Kostenfront für Klarheit sorgen, dafür präsentiert er nun den mehr als hundert Seiten umfassenden "Finanzreport". Stolz berichtet er, wie detailliert die Experten vorgegangen seien, auch Preissteigerungen und Inflation seien mit berechnet worden, es sei "die am besten durchgerechnete Bewerbung, nicht nur in Deutschland, ever". Am Ende stehen Gesamtkosten in Höhe von 11,2 Milliarden Euro. Die geschätzten Erlöse in Höhe von 3,8 Milliarden Euro abgezogen, kämen auf den deutschen Steuerzahler 7,4 Milliarden Euro zu. Davon, so Scholz' Rechnung, soll der Bund 6,2 Milliarden übernehmen, Hamburg käme also mit einer Kostenbeteiligung von 1,2 Milliarden Euro davon.
Es dauert nur ein paar Stunden, da gibt es erste Kratzer an Scholz' Plan. Das Innenministerium des Bundes, offenbar überrumpelt von der 6,2-Milliarden-Forderung, ist nicht ganz einverstanden. Man habe noch keine Einigung erreicht, heißt es aus dem Ministerium. Es hört sich nicht so an, als ob die Hansestadt mit 1,2 Milliarden Euro davonkommt. Ist damit die Hamburger Bewerbung in Gefahr?
Keine 48 Stunden nach der Präsentation des Finanzreports steht Scholz auf der Bühne des Cruise-Centers, einem Abfahrtterminal für Kreuzfahrtschiffe, das heute zum Festsaal einer großen Olympiaparty werden soll. Neun Kamerateams, Dutzende Journalisten, viele Hundert Gäste lauschen dem Programm. Draußen fahren die großen Containerschiffe auf der rauen Elbe Richtung Übersee, drinnen greift Scholz das unliebsame Finanzthema auf: "Ich hoffe, dass wir uns mit dem Bund über das kleine Geld einig werden", sagt er und erntet Gelächter und großen Applaus vom Publikum. Bis Februar wolle man das klären. Die Verhandlungen laufen noch immer.
Das Thema ist also schnell umschifft, das Publikum scheint zufriedengestellt, nun kann die Party beginnen: Alfons Hörmann, der Präsident des DOSB, lobt Hamburgs Konzept und beschwört den Sport als verbindende Kraft: "Sport kann eine Nation wie nur wenig anderes einen und bewegen", sagt er, bevor Innensenator Michael Neumann beifügt, dass der Sport ihn früher von der Straße und Blödsinn abgehalten habe. Und Oberbaudirektor Jörn Walter lockt in seiner emotionalen, schwungvollen Rede: "Wir können einen ganz besonderen Stadtteil kreieren, den wir ohne Olympia niemals bekommen würden."


Für das Wasser im Olympia-Wein ist an diesem Abend Joachim Lau von "Stop Olympia" zuständig. Dem Lehrer werden in der knapp zweistündigen Veranstaltung zehn Minuten eingeräumt, in denen er mit der Moderatorin über seine Bedenken sprechen soll. Es wird eine unwürdige Veranstaltung, Lau wird von der Moderatorin ständig unterbrochen, verliert den Faden. Die Halle ist mucksmäuschenstill.
Nach der Bühnenshow steht Oberbaudirektor Walter mit einem Glas Orangensaft in der Hand vor einem Modell des geplanten Olympiageländes, Scholz kommt hinzu, später auch noch DOSB-Chef Hörmann. Walter fährt seine langen Arme aus und zeigt auf einzelne Modellteile, erklärt, beantwortet Fragen. Die drei Olympiafreunde posieren für die Fotografen, sie sind zufrieden, es ist gut gelaufen, sie lachen viel.
Wenige Meter entfernt lehnt Lau an einem Stehtisch, er ist geknickt, das hat er sich alles anders vorgestellt: "Es war eine schwierige Situation. Ich stehe ja nicht jeden Tag auf der Bühne", sagt er. Die Moderatorin wird sich zwar später entschuldigen, doch das bringt ja nichts, Laus Auftritt ist schiefgelaufen: "Es ist ärgerlich, wenn einem ständig dazwischengefunkt wird. Das hat mich aus dem Konzept gebracht, ich habe nicht alles sagen können, was ich sagen wollte."
Es wird nicht das letzte Aufeinandertreffen zwischen Olympiagegnern und -befürwortern sein, bei dem ein wirklicher Dialog nicht zustande kommt. Zu festgefahren sind die Fronten, ein Riss geht durch die Stadt, er zeigt sich in Büros, in Gesprächen mit Bekannten, mit Freunden. Sogar bei den größten Hamburger Fußballklubs: Während der Hamburger SV bei Olympia-Werbemaßnahmen mitmacht, sprechen sich die St.-Pauli-Mitglieder dagegen aus.
Der vorläufig letzte Höhepunkt der Auseinandersetzung, drei Wochen vor der Wahl: Im Hamburger Stadtpark haben sich mehr als 10.000 Olympia-Freunde zusammengefunden, um unter der Anleitung von Frederik Braun, dem Gründer des Miniatur-Wunderlands in der Hafencity, der auch schon das Alsterfeuer Anfang des Jahres mitorganisiert hatte, menschliche Olympische Ringe zu formen. Auf der Stadtparkwiese stehen die Menschen mit roten, grünen, blauen, gelben und schwarzen Regencapes bekleidet. Sie wuseln über den Rasen, formieren sich zu dem olympischen Zeichen, Jubel brandet auf, als alles reibungslos klappt. "Ihr seid der Wahnsinn", ruft Hobbymoderator Braun über das Mikrofon. Ein Hubschrauber, zwei Drohnen und ein Satellit machen Fotos und Filmaufnahmen, alles scheint glatt zu laufen.
Auf einmal: Aufregung. Die Bildschirme zeigen eine junge Frau mit einem Regenschirm, darauf in weißen Buchstaben ein "NO", andere Protestteilnehmer halten ein Transparent mit der Aufschrift "Olympia sabotieren" in die Höhe, mit Tapetenrollen pinnen sie ein weißes "NO" auf den Rasen. Die Olympiafans auf dem Rasen buhen und pfeifen.
Braun geht auf die Protestteilnehmer zu: "Wer traut sich, mit mir zu reden", fragt er. Lange Zeit findet sich keiner, stattdessen sind nur laute Trillerpfeifen zu hören. Schließlich spricht doch noch ein Mann, Mike heißt er, er formuliert seine Ängste, unter anderem über steigende Mieten. Braun zeigt Verständnis, aber als er merkt, dass die Protestteilnehmer keine Anstalten machen, ihr "NO" wieder abzubauen, wird er kreativ: Er ruft Freiwillige in weißen Regencapes zu sich und lässt sie ein "W" formen, nun steht dort: NOW.
Und so geht alles weiter seinen Gang. Braun lässt die menschlichen Ringe drehen, wabern, die Bilder werden beeindruckend und später bei Facebook tausendfach geteilt. Die Olympiagegner verteilen ihre Flugblätter, wandern mit ihren Transparenten in den schwarzen Kreis, sie werden angefeindet, es gibt kurze Wortgefechte, ein paar Frauen versuchen, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Natürlich vergeblich, auf einen gemeinsamen Nenner können sich die Parteien nicht einigen. Die Gräben sind zu tief.
Und die Frage bleibt: Wie wird sich Hamburg entscheiden?
Mitarbeit: Jan Göbel und Frederic Zauels