Olympia 2024 - Hamburg oder Berlin? Und der Gewinner ist ...

Wo finden die Olympischen Spiele 2024 statt? Am Montag entscheidet sich, ob Berlin oder Hamburg für Deutschland ins Rennen geht. Als ob das noch eine Rolle spielte.
Hamburg - Olympiastadt? Computergrafik des geplanten Stadions im Hafen

Hamburg - Olympiastadt? Computergrafik des geplanten Stadions im Hafen

Foto: DPA/ Computergrafik: Gerkan, Marg und Partner (gmp), Büro Gärtner und Christ

Am Montag ist es soweit: Der Deutsche Olympische Sportbund gibt seine Entscheidung über die Bewerberstadt für die Olympischen Sommerspiele 2024 bekannt: Hamburg oder Berlin.

Zu den 43 Vertretern, die der DOSB als Experten anhören will, bevor er seine Empfehlung am Abend ausspricht, gehören unter anderem Fechterin Britta Heidemann, die Ex-Bundesministerin Ulla Schmidt, Ex-Intendant Fritz Pleitgen und der Trierer Weihbischof Jörg Michael Peters.

Was sie zu Fachleuten in der Frage macht, ob Hamburg oder Berlin die geeignetere Bewerberstadt für Olympische Spiele ist, ist nicht immer im Detail erkennbar.

Einer jedoch ist unter den 43 vermeintlichen Experten, der sich als einziger relativ sicher sein kann, dass er sein Großereignis im Jahre 2024 nach Deutschland bekommt. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach gehört zu den Gästen und ist gleichzeitig derjenige, der die Olympia-Bewerbung am wirkungsvollsten torpediert. Durch die von ihm frühzeitig bekannt gegebene Kandidatur um die Fußball-Europameisterschaft für dasselbe Jahr hat der DFB Olympische Spiele 2024 in Deutschland quasi beerdigt.

Jeder in "Sportdeutschland", um ein von DOSB-Chef Alfons Hörmann derzeit gern erwähntes Wort zu benutzen, weiß das: Egal ob Berlin oder Hamburg, eine Bewerbung käme ernsthaft ohnehin erst für das Jahr 2028 in Betracht. Fußball-EM und Olympia innerhalb weniger Wochen im selben Land - das wird es nicht geben. Die Olympia-Bewerbung 2024 ist eine reine Show-Nummer. Eine Bewerbung der sportpolitischen Taktik, nichts anderes.

Die 24er-Bewerbung ist rein taktischer Natur

Wer 2028 antritt, tut sich mit dem Hinweis, er habe es ja schon vier Jahre zuvor versucht, eben leichter als ein Neuling auf der komplizierten Bewerbungsprozedur des Internationalen Olympischen Komitees. Zahlreiche Olympiastädte haben in der Vergangenheit erst im zweiten oder gar dritten Versuch den Zuschlag erhalten. Da ist es bewerbungsstrategisch geschickter, schon mal in einer Kandidatenrunde dabei gewesen zu sein, auch wenn man im Vorhinein weiß, dass man chancenlos ist.

Dass die Spiele 2024 wohl in die USA gehen werden, gilt mittlerweile in der Sportwelt als Binsenweisheit. Boston hat sich beworben, das Konzept der Stadt liegt bereits vor, die zahlreichen Olympia-Sponsoren, die aus Nordamerika kommen - mit den mächtigen Fernsehsendern an der Spitze - müssen auch einmal wieder zufrieden gestellt werden. Letztmals fanden Sommerspiele in den USA 1996 statt, als Atlanta das Großereignis ausrichtete. Fast 30 Jahre später sind die Vereinigten Staaten schlicht wieder an der Reihe.

Für Boston spricht nach Stand der Dinge alles. Zudem könnte IOC-Chef Thomas Bach hier ein Exempel für seine öffentlichkeitswirksam verkündete Agenda 2020 statuieren. Boston hat nur rund 650.000 Einwohner, ist demnach perfekt geeignet, um zu demonstrieren, dass Olympische Spiele auch eine Nummer kleiner sein können. Vier Jahre später wäre nach der zuweilen schwer ergründlichen IOC-Logik dann wieder eine europäische Metropole mit entsprechender Strahlkraft an der Reihe.

Paris und Rom stehen als mögliche Konkurrenten für Deutschland parat - und gelten als stärkstes Argument gegen eine Bewerberstadt Hamburg. Dass sich Berlin gegenüber den anderen zwei europäischen Hauptstädten besser positionieren würde als die Hansestadt, bereitet vielen im DOSB-Präsidium Sorge, sich leichthin für Hamburg zu entscheiden. Die Sorge ist durchaus berechtigt.

Hörmann wirbt mit "kleinen, bescheidenen Spielen"

Hörmann hat am Samstag im ZDF-Sportstudio noch einmal damit geworben, dass Deutschland "kleine, bescheidene Spiele" veranstalten wolle. Ein Argument, das vor allem an die kritische Öffentlichkeit gerichtet ist. Dem DOSB-Boss ist bestens bewusst, dass er möglichst demütig auftreten muss, um vor dem finalen Bürgerentscheid im September die Bevölkerung gnädig zu stimmen.

Mit Bombast ist in Deutschland nichts zu gewinnen, zu prägend sind die Erfahrungen aus Stuttgart 21, aus dem Flughafen Berlin-Schönefeld, aus der Elbphilharmonie in Hamburg. Also muss man ganz kleinlaut auftreten, wohl wissend, dass Olympische Spiele und Bescheidenheit letztlich zwei Unvereinbarkeiten sind.

Der Bürgerentscheid, er ist so etwas wie der Rubikon der deutschen Bewerbung. Der Showdown zwischen Olympia-Befürwortern und Olympia-Gegnern. Eine PR-Schlacht wird dies auf beiden Seiten werden. Freuen muss man sich nicht darauf.

Und die Kritiker haben einen großen Vorteil: Kurz zuvor, am 31. Juli, fällt das IOC die Entscheidung über den Ausrichter der Winterspiele 2022. Zur Wahl stehen nach dem freiwilligen Ausscheiden der Konkurrenz nur noch Peking und Almaty, Städte aus zwei Ländern, in denen sich Bürgerbeteiligung, demokratische Mitwirkung und Nachhaltigkeit weit hinten anstellen müssen. Steilvorlage für alle, die Olympische Spiele mit Intransparenz, archtitektonischem Bauwahnsinn und Geldverschwendung assoziieren.

Peking oder Almaty - das ist so ungefähr das Gegenteil von der Frage Hamburg oder Berlin. Aber es ist die olympische Realität.

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