Sommerspiele in Paris und Los Angeles Monopolympia

IOC-Präsident Bach, LA-Bürgermeister Garcetti, Paris-Bürgermeisterin Hidalgo
Foto: Jean-Christophe Bott/ dpaMonopolisten fällt es naturgemäß leicht, ihre Macht auszuspielen. Wo nur ein Anbieter existiert, ist das Geldverdienen keine Kunst - so wie bei den Olympischen Spielen, die sich im Privatbesitz eines globalen Konzerns befinden, dem Internationalen Olympischen Komitee IOC.
Bevor die 130. IOC-Vollversammlung in Lausanne also das historische Olympia-Doppel für 2024 und 2028 genehmigte, wurde eine Stunde lang über Geld geredet. So ausführlich, dass sich sogar ausgewiesene Fans des deutschen IOC-Präsidenten Thomas Bach wunderten und nachfragten: Fürst Albert von Monaco wollte wissen, wann man dann endlich zur Sache käme und sich den Olympiabewerbungen von Paris und Los Angeles widmen würde.
Bach aber hatte, zur Verwunderung vieler IOC-Mitglieder, zunächst den Finanzbericht absegnen lassen. 5,7 Milliarden Dollar hat das IOC in der abgelaufenen Olympiade (2013 bis 2016) mit den Winterspielen in Sotschi und den Sommerspielen in Rio de Janeiro umgesetzt. Für 2017 bis 2020 wird man deutlich über sechs Milliarden Dollar liegen. Mit einigen langfristigen TV- und Marketingverträgen, vor allem dem gewaltigen Deal mit dem US-Fernsehsender NBCUniversal, sind bis zum Jahr 2032 bereits mehr als zehn Milliarden Dollar gesichert.
Noch hat das IOC 900 Millionen Dollar Reserven
Was meist übersehen wird: Trotz des gewaltigen NBCUniversal-Deals sinkt die Abhängigkeit von den Amerikanern und steigt der Anteil, der in anderen Kontinenten erlöst wird, kontinuierlich.
Zwar ist auch das IOC-Netzwerk inklusive seiner momentan 40 olympischen Sportverbände von zahlreichen Kriminalfällen erschüttert, doch das schlägt sich noch nicht negativ in den Umsatzzahlen nieder. Die rund 900 Millionen Dollar sind aber genug, um einen Ausfall von Winter- und Sommerspielen zu überstehen.
Wenn es um Geld geht, zeigt sich der Monopolist IOC knallhart. Den Olympiaorganisatoren aus Rio, die um einen zusätzlichen Zuschuss von 35 Millionen Dollar ersucht hatten, um Dienstleister zu bezahlen und das Projekt ordnungsgemäß abzuwickeln, zeigte man in Lausanne die kalte Schulter. "Die Bücher sind geschlossen", erklärte Kommunikationsdirektor Mark Adams. Es bleibt beim Zuschuss von 1,531 Milliarden Dollar für die reinen Organisationskosten in Rio - wobei die Gesamtkosten des Projekts, inklusive Sportstättenbau und anderer Infrastruktur, mehr als 13 Milliarden betrugen und zum Großteil aus öffentlichen Kassen beglichen wurden.
"Win-win-win-Situation"
Am olympischen Geschäftsprinzip, einem Franchise-Unternehmen, hat sich nichts geändert - und das wird auch so bleiben. Das IOC kommt seinen Geschäftspartnern, den Olympia-Organisatoren, nur in Maßen entgegen.
Anne Hidalgo und Eric Garcetti, die eng miteinander befreundeten Bürgermeister von Paris und Los Angeles, nahmen Bach in die Mitte zum Dreifach-Siegerfoto, nachdem die IOC-Session den Vorschlag des Exekutivkomitees ohne Gegenstimme akzeptiert hatte: Man einigt sich hinter verschlossenen Türen mit Paris und Los Angeles darauf, wer die Sommerspiele 2024 (höchstwahrscheinlich Paris) und 2028 (Los Angeles) austrägt - auf der turnusmäßigen Session im September in Lima bestätigen die IOC-Mitglieder dann nur noch den Dreier-Deal. Für IOC-Boss Bach eine "Win-win-win-Situation", er sprach in Lausanne zudem unentwegt von einer "goldenen Gelegenheit".
Finanziell scheint das Projekt Los Angeles realistischer als die Versprechen der Franzosen. Los Angeles präsentierte die professionellste Bewerbung der vergangenen Jahrzehnte. Die Amerikaner haben zuletzt 1984 in Los Angeles einen gewaltigen Profit von 300 Millionen Dollar gemacht, unter ungleich schwereren Bedingungen zu Beginn des olympischen Kommerz-Zeitalters. Auch 1996 in Atlanta wurden die Sommerspiele mit vergleichsweise bescheidenen öffentlichen Mitteln ausgetragen. Diese amerikanische Tradition ist vorbildlich: Nirgends sonst werden Mega-Events zu so großen Teilen privat finanziert. Das Team von Bürgermeister Garcetti wird nun kein Risiko mehr eingehen, noch einige Zugeständnisse aushandeln und die Spiele 2028 akzeptieren.
Das Produkt Winterspiele muss dringend überholt werden
Damit hat sich das IOC Planungssicherheit verschafft. Mit den bevorstehenden Spielen in PyeongChang (Winter 2018), Tokio (Sommer 2020) und Peking (2022) und den organisatorischen und finanziellen Nöten der Gastgeber ist man schwer beschäftigt. Eine Reform der Bewerbungen für die kommenden Winterspiele ist bereits eingeleitet. Die Lage der Winterspiele war nach einem Dutzend Absagen in den vergangenen Jahren katastrophal, das IOC musste dieses Produkt retten und wird die Bewerbungen für 2026 auf einer neuen Grundlage durchziehen. Eine Bewerbung von vier Schweizer Kantonen mit dem Olympiazentrum Sion, nur 94 Kilometer von der IOC-Hauptstadt Lausanne entfernt, ist für 2026 schwer favorisiert. Doch muss dieses Projekt in naher Zukunft von den Bürgern genehmigt werden. In einem anderen Schweizer Kanton, in Graubünden, wurden derlei Olympia-Volksabstimmungen zuletzt zweimal verloren.
Es soll Kandidaten künftig leichter gemacht werden, im Winter und im Sommer. Doch sollte man sich von den blumigen Versprechen nicht täuschen lassen: Olympia bleibt ein Riesen-Event und ein riskantes Projekt. Da geraten auch Mega-Cities ins Straucheln, wie derzeit in Tokio zu beobachten ist. Das Gastgeber 2020 ächzt unter enormen Lasten, die Kosten hatten sich zunächst auf 20 Milliarden Dollar vervielfacht und wurden nun auf knapp 13 Milliarden gestutzt. Die Zahlen bleiben volatil. Das IOC hat die Zahl der Sportarten für Tokio von 28 auf 33 und die Entscheidungen von 306 auf 341 erweitert.
Ohne eine Reduzierung von Sportarten und eine deutliche Änderung des Programms wird es bei Sommerspielen aber kaum gehen. Dagegen sperren sich die olympischen Kernsportarten mit aller Macht. Doch das war kein Thema in Lausanne. Das IOC folgte der Maxime seines Präsidenten Thomas Bach, wonach es nur Sieger, aber keine Verlierer geben sollte. Im richtigen Leben, eigentlich auch im Sport, ist das allerdings anders.