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Kampf gegen Athletenvereinbarung Pechsteins neue Mission
Eisschnelllauf-Star Claudia Pechstein hat ein neues Feld für ihren Kampf gegen Verbandsfunktionäre im internationalen Sport entdeckt. Die streitbare 41-Jährige hat sich des Themas Athletenvereinbarung angenommen - aus ihrer Sicht ein unsägliches Instrument, da es die Möglichkeiten, gegen Missstände im Sport juristisch vorzugehen, aus ihrer Sicht massiv beschränkt.
Mit dem Sammeln von Unterstützer-Unterschriften von 55 teilweise höchst prominenten deutschen Sportlern wie Diskus-Champion Robert Harting oder Speerwerferin Christina Obergföll ist es Pechstein gelungen, das Thema in die breite Öffentlichkeit zu bringen.
Aber worum geht es überhaupt? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Was ist die Athletenvereinbarung?
Die Athletenvereinbarung des Deutschen Olympischen Sportbunds muss jeder Sportler unterschreiben, der für die Olympischen Spiele nominiert werden will. In dem siebenseitigen Dokument verpflichtet sich der Athlet unter anderem, sich zum "dopingfreien Sport zu bekennen". Außerdem ist damit die Anerkennung der Grundsätze der Olympischen Charta verbunden.
Zudem regelt die Vereinbarung die Leistungen, die der Sportler vom Verband erhält, wie zum Beispiel die Übernahme der Anreisekosten oder die Zusicherung medizinischer Betreuung. Auch die Kleiderordnung während der Spiele ist dort genauestens festgelegt.
Was stört Pechstein daran?
Die fünffache Olympiasiegerin stößt sich an einem Passus, der festsetzt, dass sich der unterzeichnende Athlet der Sportgerichtsbarkeit unterwirft. Damit ist explizit der Gang vor ein staatliches Gericht im Heimatland verbaut. Für Pechstein ist das von großem Belang, da sie in ihrem Kampf gegen eine gegen sie verhängte Dopingsperre von 2010 vor sämtlichen sportgerichtlichen Instanzen unterlegen ist.
Um Schadensersatz einzuklagen, ist Pechstein jetzt vor das Münchner Landgericht gezogen. Dort wird geprüft, ob ein staatliches Gericht überhaupt zuständig ist.
Warum regt sich erst jetzt Protest unter den Athleten?
Bisher galt das Unterzeichnen der Vereinbarung vor den Spielen als quasi selbstverständlicher Akt. Zahlreiche der Sportler, die jetzt Pechsteins Petition mitunterzeichnet haben, geben offen zu, vorher nie über das Thema nachgedacht zu haben. Wasserspringer Patrick Hausding nennt Pechsteins Aktion denn auch "horizontöffnend".
Zudem gab es zuletzt Spekulationen, dass auf Athleten Druck ausgeübt worden sei, das Dokument zu unterzeichnen, da ihnen ansonsten signalisiert wurde, dass sie nicht für die Spiele nominiert werden würden. Die Verbände haben das allerdings energisch zurückgewiesen.
Was sagt der DOSB zu dem Thema?
DOSB-Generalsekretär Michael Vesper hat Pechstein deutlich widersprochen und der Sportlerin vorgeworfen, dass sie "Tatsachen verdreht". Vesper nennt es "absurd", dass Pechstein eine Verschärfung des Anti-Doping-Kampfes verlange, aber gleichzeitig die Vereinbarung ablehne, in der der Kampf gegen Doping festgeschrieben sei.
Der DOSB fürchtet: Wenn die Sportgerichtsbarkeit die alleinige Hoheit zum Beispiel über Dopingfälle verliert, würde es wahrscheinlich lange dauern, bis ein staatliches Gericht eine Entscheidung fällt. "Es darf nicht jahrelang vor staatlichen Gerichten gestritten werden, wenn es gilt, Dopingsünder zu überführen", so Vesper. Damit verbunden ist allerdings auch ein Kontrollverlust der Sportverbände bei diesem Thema.
Welche Auswirkungen wird der Protest haben?
Erst einmal keine. Die Athletenkommission des DOSB will die Vereinbarung jetzt zwar durch eine unabhängige Instanz prüfen lassen. Und auch der künftige DOSB-Boss Alfons Hörmann hat eine Auseinandersetzung mit dem Thema angekündigt. Unterzeichnen werden dennoch erst einmal alle Athleten die Vereinbarung, die auf eine Teilnahme an den Winterspielen in Sotschi hoffen. Dazu gehört auch Claudia Pechstein.
Hier geht es zur Athletenvereinbarung des DOSB .