Peking 2008 "China ist eine Quelle von Drogen"

Der oberste Dopingjäger macht sich Luft: Richard Pound, Chef der Welt-Anti-Doping-Agentur, kritisiert China im Hinblick auf die Sommerspiele in Peking 2008 scharf. Der Kanadier moniert die laschen Kontrollen und das abgeschottete Kadersystem. Aber auch über Deutschland ärgert er sich.

Hamburg - 15 Monate vor den Olympischen Sommerspielen in Peking (8. August bis 24. August 2008) hat Pound als Chef der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) das Gastgeberland China als "eine Quelle von Drogen" bezeichnet. Diese seien dort leicht im Internet zu erwerben. Der Kanadier sagte angesichts internationalen Lobes über die weit fortgeschrittenen Olympiavorbereitungen: "Die Welt wird den Erfolg der Olympischen Spiele nicht danach beurteilen, ob die Busse pünktlich fahren, sondern ob es ein wirkungsvolles nationales Anti-Doping-Programm in China geben wird oder nicht", so der 65-Jährige.

In einer Telefonkonferenz, an der die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" beteiligt war, reagierte Pound offenbar auf Meldungen, dass China in strikter Abgeschiedenheit von der Öffentlichkeit und von Dopingkontrollen Kader auf die Spiele 2008 vorbereite. "Wenn sie mit tausend Athleten erscheinen, von denen vorher niemand etwas gehört und gesehen hat, und alle Goldmedaillen gewinnen, ist das ein Problem", so Pound, der darüber hinaus kritisierte, dass in China lediglich 8000 Dopingkontrollen pro Jahr durchgeführt würden.

"Dies ist nicht ausreichend", erklärte Pound, der sich nach Berichten über systematisches Doping in chinesischen Sportschulen skeptisch zeigte, ob vor den Spielen noch ein Verbot der Labors möglich sei, die Dopingmittel herstellten. Pound: "Sie haben das Problem erkannt. Aber China ist ein großes und kompliziertes Land."

In der weltweiten Dopingbekämpfung begrüßte der Wada-Chef das Angebot von Interpol-Generalsekretär Ronald Noble (USA), die Infrastruktur dieser weltweiten Kriminalpolizei mit Niederlassungen in 186 Ländern, einem gesicherten Kommunikationssystem und Datenbanken für die Dopingbekämpfung zu nutzen. Es werde in diesem Punkt eine Vereinbarung geben. Dies auch vor dem Hintergrund der Tatsache, dass das organisierte Verbrechen immer stärker im Dopinghandel agiere.

Mehr Kooperation mit staatlichen Strafverfolgern

Überhaupt sei die Wada künftig stärker auf eine Zusammenarbeit mit staatlichen Strafverfolgern wie Polizei und Zoll ausgerichtet, auch weil Erfolge in den spektakulären Fällen wie Balco in den USA und Fuentes in Spanien über diesen Weg erzielt worden seien. Pound: "Ich glaube, dass wir in einigen Monaten ein Protokoll haben werden, das es ermöglicht, dass wir staatlichen Stellen helfen und umgekehrt staatliche Stellen Sportorganisationen helfen, innerhalb vertretbarer Fristen Informationen für deren Gerichtsbarkeit zu erhalten."

Der Kanadier kündigte an, dass im November in Madrid bei der Anti-Doping-Weltkonferenz wohl das Schweigeverbot für Labors und Agenturen aufgehoben werde. Denn es dürfe nicht sein, dass angesichts eines großen Informationsbedarfs die Leute geknebelt würden, die über die entscheidenden Fakten verfügten. Pound machte deutlich, dass er aus Deutschland noch einen Abschlussbericht erwarte hinsichtlich der vielen Fälle, in denen sich offenbar Sportler Kontrollen entzogen hätten. "Wir wissen, dass es eine überraschende Zahl von missed tests gab und einen überraschenden Mangel an Folgen."

fpf/sid

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