Provokation nach Suspendierung NPD-Trainer zurück bei der Fußballjugend

Trainer Battke: Trotz Ausschluss auf dem Platz
Foto: recherche-nordMagdeburg - Der Fall des rechtsradikalen Trainers Lutz Battke droht für den Fußball in Sachsen-Anhalt zur unendlichen Geschichte zu werden. Obwohl offiziell durch den BSC 99 Laucha suspendiert, ist Battke weiter als Coach aktiv - aktuelle Fotos des MDR zeigen den 52-Jährigen auf dem Sportplatz des Vereins, wie er Hütchen aufstellt und das Training begleitet.
"Die Fotos sind Ende September entstanden, also deutlich nach Battkes Ausschluss durch den Club", sagt Christian Buch, Redaktionsleiter des MDR-Regionalmagazins "Sachsen-Anhalt Heute". Ein Kamerateam des Senders habe dazu am Mittwoch Filmaufnahmen am Gelände des Clubs gemacht. "Darauf ist Battke klar zu erkennen, wie er die Kinder und Jugendlichen trainiert."
Am Telefon ließ Battkes Ehefrau ausrichten, ihr Mann sei für SPIEGEL ONLINE nicht zu sprechen.
Dabei schien die Kontroverse um den Coach eigentlich schon überstanden. Battke sitzt für die NPD im Stadtrat von Laucha und betreute für den BSC ehrenamtlich Kinder und Jugendliche. Im August trennte sich der Club offiziell von Battke. Vorausgegangen war ein monatelanger Streit mit dem Landessportbund (LSB) und dem Deutschen Olympischen Sportbund. Dabei hatte vor allem der LSB auf Battkes Ausschluss vom Traineramt gedrängt.
Nun droht der LSB dem Club mit harten Sanktionen. "Wir haben vom Verein ein kurzes Statement, dass der Trainer von seinen Pflichten entbunden bleibt. Doch das reicht uns nicht", sagt Präsident Andreas Silbersack SPIEGEL ONLINE. Auf den kompletten Verein könnte ein Ausschlussverfahren zukommen.
"Eine Form der Provokation, die mit uns nicht zu machen ist"
Während einer Sitzung am kommenden Donnerstag will der LSB über das weitere Vorgehen beraten. Ein Ausschluss hätte für den Club drastische Folgen. Fördermittel würden wegbrechen, vor allem aber wäre ein regulärer Spielbetrieb nicht mehr möglich. Bisher kickt die erste Mannschaft in der Kreisoberliga Burgenland.
"Bestätigt sich der Eindruck, wären wir zum Handeln gezwungen", sagt Silbersack: "Das ist eine Form der Provokation, die mit uns nicht zu machen ist." Käme es zu einem Ausschluss, sei dieser deutschlandweit einzigartig.
Am 25. September hatte der LSB eine Änderung der Satzung verabschiedet, die mehr Handlungsfreiraum gegen Fremdenfeindlichkeit, Gewaltverherrlichung und politischen Extremismus garantiert. "Der Fall Laucha hat da sicher eine auslösende Rolle gespielt", sagt Silbersack.
Dabei ist der erneute Einsatz der Reizfigur als Trainer nicht der erste Affront in Richtung LSB. Erst im September war der BSC in die Schlagzeilen geraten, weil er Battke ein Übungsspiel der Lauchaer F-Jugend leiten ließ.
Sportminister Norbert Bischoff (SPD) sagte der "Magdeburger Volksstimme", wie wichtig es sei, dass der LSB in Sachen Extremismus Farbe bekennt. Der Sportbund dürfe es sich nicht bieten lassen, dass er in Fragen Rechtsextremismus offenbar von einem Mitgliedsverein an der Nase herumgeführt wird. Bischoff: "Das finde ich unerträglich."
Bürgermeister gibt sich entsetzt - über das Medieninteresse
Auch in Laucha scheint man mit der Situation unzufrieden - allerdings aus anderen Gründen als dem Verhalten des Vereins. "Ich bin entsetzt über das Vorgehen der Medien. Das ist auch für die Stadt nicht gut", sagt der ehrenamtliche Bürgermeister Michael Bilstein SPIEGEL ONLINE. "Das aggressive Medieninteresse" beunruhige die Bürger. Von einem weiteren Engagement Battkes weiß der parteilose Bilstein, selbst Mitglied im BSC 99, nach eigenen Angaben nichts. Alle sportlichen Fragen seien Sache der Clubführung. Allerdings war er bis zum Sommer selbst Vizevorsitzender des Vereins. Auf weitere Nachfrage von SPIEGEL ONLINE wollte er sich dazu jedoch nicht äußern.
Auch Vereinsboss Klaus Wege will nichts mehr zu der Angelegenheit sagen. Früher hatte er Battke stets als "Stütze des Vereins" bezeichnet. Solange dieser seine politischen Ansichten nicht im Training äußere, müsse sich der Verein nicht damit befassen, hieß es vom Präsidenten.
Genau in dieser Form des Wegschauens liegt laut Bildungsreferent Torsten Hahnel von der Arbeitsstelle Rechtsextremismus in Halle der Kern des Problems. "Die Wahrnehmung in Laucha ist eine andere. Man kennt Battke als engagierte Person, als einen, der sich um die 'kleinen Leute' kümmert. Er macht auch keine brachiale rechtsextreme Propaganda. Deshalb sagen viele: 'Ach, der macht doch gar nichts falsch'", sagte Hahnel dem SPIEGEL.
Politische Dimension der Trainer-Posse
In dem 3000-Einwohner-Städtchen ist Battke tatsächlich tief verwurzelt, ebenso die Partei, die er vertritt. Bei der vergangenen Kommunalwahl erhielt die NPD 13,5 Prozent - so viel wie nirgendwo sonst in Sachsen-Anhalt.
Battke sitzt für die NPD im Stadtrat und Kreistag, er ist aber nicht deren Mitglied. Laut Landesinnenstaatssekretär Rüdiger Erben gilt Battke als eine Führungsfigur der Szene in der Region. Er nehme regelmäßig an rechtsextremen Veranstaltungen teil. Zu einer gewissen Prominenz hat Battke es gebracht, weil der Wirtschaftsminister von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff, versucht hat, ihn wegen seiner rechtsextremen Gesinnung vom Posten des Bezirksschornsteinfegers entfernen zu lassen. Bisher ist der Minister damit vor dem Verwaltungsgericht gescheitert.
In einem Interview hatte Battke beklagt, hinter dem Medieninteresse an seiner Person verberge sich eine Kampagne mit dem Ziel, ihm und der NPD in Sachsen-Anhalt Schaden zuzufügen. Wie sehr der Fall Battke dagegen dem Ansehen des Sports in Sachsen-Anhalt bereits geschadet hat, ist auch LSB-Präsident Silbersack nicht entgangen. "Es hat sich im Fußball in Ostdeutschland einiges in die richtige Richtung entwickelt. Da ist eine solche Geschichte natürlich absolut ärgerlich. Aber es ist wichtig, Fälle wie diesen nicht einfach unter den Teppich zu kehren."