Radsport Ex-Telekom-Profi gesteht Doping
Hamburg - Seit 1995 habe er systematisches Doping betrieben, erklärte Dietz in der ARD-Sendung "Beckmann". Er erhebt außerdem schwere Vorwürfe gegen die damaligen Team-Telekom-Ärzte Lothar Heinrich und Andreas Schmid. "Die Ärzte haben, wenn sie selbst vor Ort waren, selbst gespritzt. Wenn sie nicht vor Ort waren, haben es die Pfleger gemacht, also Jef DHont", sagte der 38-Jährige, der zeitgleich mit Jan Ullrich zwischen 1994 und 1998 dem Team Telekom angehörte und unter anderem dreimal bei der Spanienrundfahrt Vuelta startete und dort 1995 einen Etappensieg feierte.
1993 wurde er Deutscher Straßenmeister der Amateure. Dietz hat nach eigener Aussage 1995 von Heinrich und Schmid eine Anleitung zum Epo-Doping erhalten: "Es war im Trainingslager auf Mallorca, das im Frühjahr als gemeinsames Trainingslager abgehalten wurde. Die Ärzte wurden immer mehr in die Trainingsplanung einbezogen, auch auf Wunsch von Telekom."
Der Rennstall habe versucht, seine Fahrer auf Mallorca von der Einnahme zu überzeugen: "In diesem individuellen Gespräch, das jeder dort geführt hatte, wurde erstmal die Gesamtsituation im Radsport beschrieben. Dann immer mehr auf die Situation des Team Telekom: dass wir Druck haben im Frühjahr. Und wenn wir vorne mitfahren wollen, müssten wir wahrscheinlich dieses neue Mittel probieren. Es wurde groß erklärt, welche Wirkungen und welche Nebenwirkungen und welche Risiken bestehen. Dann war die Entscheidung im Prinzip, dass wir das machen", so Dietz.
Auf die wörtliche Frage von Moderator Reinhold Beckmann "Haben die Telekom-Ärzte den Gebrauch von Epo angeordnet oder angeboten?" , antwortete Dietz: "Sie haben es angeboten, aber natürlich in so einer Form, dass jeder wusste: Wenn ich es jetzt nicht nehme, habe ich wahrscheinlich am Jahresende so schlechte Ergebnisse, dass mein Vertrag nicht verlängert wird. Es war schon eindeutig, ja."
Der Leipziger ist damit der erste ehemalige Fahrer des Team Telekom, der auf die Enthüllungen des belgischen Masseurs Jef D'Hont reagiert. Der Belgier war in den neunziger Jahren Masseur beim damaligen Team Telekom und behauptet in seinem im April erschienenen Buch ("Erinnerungen eines Radfahrer-Pflegers") sowie in einem ausführlichen Gespräch mit dem SPIEGEL, dass es im Team Telekom organisiertes Doping gegeben habe.
Die Vorwürfe richten sich auch gegen Jan Ullrich und den früheren Team-Kapitän Bjarne Riis, die damals beim Bonner Rennstall unter Vertrag standen, sowie gegen den damaligen Manager Walter Godefroot. Bei der Tour de France 1996 sollen der Sieger Riis und der Zweite Ullrich gedopt gewesen sein. Ullrich hat bisher stets alle Doping-Vorwürfe zurückgewiesen ("Ich habe in meiner Karriere nicht betrogen und niemanden geschädigt").
Der Zellforscher Werner Franke erstattete in Folge der Vorwürfe d'Honts Anzeige gegen die Ärzte des Teams, Heinrich und Schmid, wegen Verdachts auf Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz und wegen versuchter Körperverletzung bei der Staatsanwaltschaft Freiburg. Die Mediziner wurden daraufhin vom Team T-Mobile suspendiert. Die Freiburger Uni-Klinik hat bereits eine Gutachterkommission zur Prüfung der Vorwürfe einberufen.
T-Mobile-Kommunikationschef Christian Frommert wertete die neuerlichen Vorwürfe als "Bestätigung unserer Reaktion auf die Vorwürfe von D'Hont. Wir werden weiter mit einer klaren Linie die Vergangenheit aufbereiten. Dabei werden wir natürlich auch mit Leuten reden, die noch im Team sind", sagte Frommert in Bezug auf Sportdirektor Rolf Aldag, der stets betont hatte, nie etwas von systematischem Doping gewusst und auch selbst nie gedopt zu haben. Aldag war am Montagabend nicht zu erreichen.
Nach 1998 schloss sich Dietz dem Team Nürnberger an, in dem er nach seiner aktiven Karriere 2000 Sportlicher Leiter wurde. Ende 2001 wechselte er als Sportlicher Leiter zu Team Logistik-quattro-LTA, 2003 als Team-Manager zu Team Rose Versand-Merlin Logistics und 2004 als Sportlicher Leiter zu Team Volksbank-Ideal. Zur Zeit betreibt Dietz einen Versand für Sportartikel.
fpf/sid/dpa