Radsport Hamilton wirft Armstrong Doping vor

Neue Anschuldigungen gegen Lance Armstrong: Sein ehemaliger Teamkollege Tyler Hamilton beschuldigt ihn, bei drei Tour-Siegen gedopt zu haben. Er habe gesehen, wie Armstrong sich Epo gespritzt habe, so Hamilton zu einem US-Sender.
Ex-Radprofi Hamilton (l) über Armstrong (r.) (2003): "Ich sah, wie er sich Epo spritzte"

Ex-Radprofi Hamilton (l) über Armstrong (r.) (2003): "Ich sah, wie er sich Epo spritzte"

Foto: VINCENT KESSLER/ REUTERS

Hamburg - Es sind schwere Vorwürfe, die der frühere Radprofi Tyler Hamilton gegen Lance Armstrong erhebt. Laut Hamilton habe Armstrong vor seinen Siegen bei der Tour de France 1999, 2000 und 2001 das Blutdopingmittel Epo verwendet. Das sagte der 40-Jährige im renommierten Nachrichtenmagazin "60 Minutes" des US-Senders CBS. "Ich sah Epo in seinem Kühlschrank", so Hamilton. "Ich sah mehr als einmal, wie er es sich gespritzt hat, wie wir alle es gemacht haben, wie ich es viele, viele Male getan habe."

"Er hat das genommen, was der Großteil des Feldes genommen hat. Epo, Testosteron, Bluttransfusionen", fuhr Hamilton fort, der von 1998 bis 2001 Teamkollege Armstrongs war. Der siebenmalige Tour-de-France-Gewinner antwortete über Twitter : "Eine mehr als 20-jährige Karriere, 500 Doping-Tests weltweit, vor, nach und während der Rennen. Kein einziger positiver Test."

Armstrongs Anwalt Mark Fabiani widersprach den Vorwürfen ebenfalls vehement. "Er hat seine Geschichte, die er bislang immer erzählt hat, komplett verändert", sagte der Anwalt. Hamilton wolle mit seinen Anschuldigungen nur seine Chancen verbessern, einen Verleger für ein mögliches Buch zu finden, so Fabiani. "Aber Gier nach Geld und Aufmerksamkeit kann die Fakten nicht ändern."

Hamilton war 2009 als Doping-Wiederholungstäter acht Jahre gesperrt worden. Daraufhin hatte der Zeitfahr-Olympiasieger von 2004 seine Karriere beendet. Nach den Olympischen Spielen war Hamilton des Dopings mit Fremdblut überführt worden. Er hatte seine Goldmedaille aber behalten dürfen, weil die B-Probe wegen falscher Lagerung nicht mehr geöffnet werden konnte. Nach dem Ablauf seiner ersten Sperre 2007 soll Hamilton auch Kunde des mutmaßlichen Dopingarztes Eufemiano Fuentes gewesen sein.

Hamilton bestätigt Landis-Anschuldigungen

Thomas Bach, Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), sagte, dass Hamiltons Aussagen geprüft würden. Das IOC hat die Möglichkeit, Medaillen nachträglich abzuerkennen, wenn ein Athlet überführt wird oder selbst zugibt, gedopt zu haben. Der Radsport-Weltverband UCI äußerte sich nicht. Dies könnten nur Hamilton und Armstrong, so ein Sprecher.

Lange hatte Hamilton den Gebrauch von Dopingmitteln bestritten, erst jetzt räumte er öffentlich ein, gelogen zu haben. Von der Grand Jury in Los Angeles soll er im Fall Armstrong bereits sechs Stunden lang als Zeuge verhört worden sein.

Vor einem Jahr hatte Floyd Landis die staatlichen Ermittlungen in Gang gebracht. Auch er war früher Teamkollege Armstrongs gewesen und wurde des Dopings überführt. Nachdem er aufgeflogen war, beschuldigte Landis unter anderem Armstrong, gedopt zu haben. Bei der Tour de Suisse 2001 soll Armstrong positiv getestet worden sein, hatte Landis behauptet. Der heute 35-Jährige sagte, dass Armstrong ihm erzählt habe, dass dieser eine finanzielle Regelung mit dem damaligen UCI-Präsidenten, Hein Verbruggen, getroffen habe, so dass der positive Test ignoriert werden würde. 2005 hatte Armstrong eine 100.000-Dollar-Zahlung an die UCI getätigt, die drei Jahre zuvor vereinbart worden war. Davon war eine Maschine zur Analyse von Blutproben angeschafft worden. Armstrong und Verbruggen haben die Anschuldigungen stets bestritten.

Auf eine Klage gegen Landis hatte der mittlerweile 39 Jahre alte Armstrong Anfang Mai allerdings verzichtet. Landis' Vorwürfe soll Hamilton in der CBS-Sendung, die am Sonntag (Ortszeit) ausgestrahlt wird, wohl bestätigen. "Die Zahl der Leute, die die Wahrheit sagen, hat sich verdoppelt. Ich denke, Hamilton fühlt sich befreit", sagte Landis ESPN.com.

Bereits im Januar dieses Jahres hatte "Sports Illustrated" berichtet, dass Armstrong in den späten 90er Jahren das Epo-ähnliche Medikament Hemassist genommen habe. Dabei hatte sich das Sportmagazin auf Quellen rund um die staatlichen Ermittlungen berufen.

max/dpa
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