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Rugby bei Olympia: Das sind die Titelfavoriten

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Olympia in Rio Die Rückkehr des Rugby

Nach 92 Jahren ist Rugby in Rio erstmals wieder olympisch. Zuletzt gewannen die USA die Goldmedaille, Top-Favoriten sind jedoch die Männer aus Fidschi. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Rugby bei Olympia, das ist neu, oder?

Nein, Rugby gehörte bereits in den Jahren 1900, 1908, 1920 und 1924 zum Programm, wurde dann aber von der Liste der olympischen Sportarten gestrichen. Zum einen gab es zu wenige Teilnehmer, zum anderen mündete das Finale 1924 in Paris zwischen Frankreich und den USA in Ausschreitungen.

Es kam zu Massenschlägereien zwischen Fans, die Gendarmerie konnte nur knapp verhindern, dass Anhänger das Spielfeld stürmten. Schwupps - war Rugby raus. 2009 entschied das Internationale Olympische Komitee (IOC) schließlich, Rugby bei den Sommerspielen 2016 wieder ins Programm zu nehmen. In Rio de Janeiro feiert die Sportart damit nach 92 Jahren ihr Olympia-Comeback.

Rugby Union oder Rugby League - was wird in Rio gespielt?

Siebener-Rugby, eine Unterart des Rugby Union. Das Prinzip: Sieben Spieler bilden eine Mannschaft, es wird zweimal sieben Minuten gespielt. Ansonsten gelten die Regeln des Rugby Union (siehe Rugby-Glossar), das mit 15 Akteuren pro Team gespielt wird. Siebener-Rugby ist schneller als Fünfzehner-Rugby, den Spielern wird ein Höchstmaß an Schnelligkeit, Kondition und Ballkontrolle abverlangt.

Wer ist Titelverteidiger?

Überraschung: die USA. Die Amerikaner sind sogar Rekord-Olympia-Sieger, zweimal schon haben sie bei Olympischen Sommerspielen triumphiert, 1920 und 1924. An den Spielen 1920 nahmen allerdings insgesamt nur zwei Mannschaften teil, 1924 immerhin drei. Dass die USA bis heute Titelverteidiger sind, hat natürlich mit dem 92 Jahre währenden Olympia-Aus der Disziplin Rugby zu tun. Die Amerikaner sind bei einer Rugby-Union-Weltmeisterschaft noch nie über die Vorrunde hinausgekommen, international gelten sie als zweitklassig. Aber 92 Jahre lang hatte keine große Rugby-Nation die Gelegenheit, die USA vom olympischen Thron zu stoßen und die Verhältnisse zurechtzurücken.

Wie gut sind die Amerikaner diesmal?

Gut, wenn auch sicher nicht favorisiert. Kapitän Madison Hughes wuchs in England auf und lernte den Sport damit im Mutterland des Rugby. Mit Carlin Isles läuft ein ehemaliger Leichtathlet und Football-Spieler für die "Eagles" auf, der als schnellster Rugby-Spieler der Welt gilt . Seine persönliche Bestzeit über 100 Meter liegt bei 10,13 Sekunden. Zudem haben die Amerikaner mit Nate Ebner einen NFL-Star an Bord, der 2015 mit den New England Patriots den Super Bowl gewann. Mit ein paar Football-Stars im Team dürfte es den Amerikanern vor den Fernsehbildschirmen etwas leichter fallen, sich für Rugby in Rio zu begeistern.

Was ist mit Neuseeland? Die sind doch im Rugby immer so gut

Die "All Blacks" sind nicht nur im Fünfzehner-Rugby eine Macht, sondern auch in der Siebener-Variante. Zwölfmal hat Neuseeland die "World Rugby Sevens Series" gewonnen, die jährliche Turnierserie der besten Nationen - so oft wie keine andere Mannschaft. Fünfzehner- und Siebener-Rugby sind aber so unterschiedlich, dass auch die jeweiligen Kader völlig verschieden sind. Der einzige neuseeländische Siebener-Star, der im vergangenen Jahr mit der Fünfzehner-Auswahl Weltmeister wurde, ist Sonny Bill Williams. Der 30-Jährige, den die heimischen Medien meist nur "SBW" nennen, stand auch schon als Profiboxer im Ring. Sieben Kämpfe hat er als Schwergewichtskämpfer für sich entschieden - unter anderem gegen den Südafrikaner Francois Botha. Williams' Schwester, Niall Williams, spielt ebenfalls für Neuseelands Olympia-Team. Auch bei den Frauen zählen die "All Blacks" zu den Titel-Favoriten.

Wer ist der Top-Favorit?

Der Top-Favorit unter den zwölf teilnehmenden Mannschaften ist Fidschi. Der Inselstaat aus dem Südpazifik mit gerade mal 900.000 Einwohnern ist seit Jahren eine Mannschaft, an der man im Siebener-Rugby nicht vorbeikommt. Bei einer Rugby-Union-Weltmeisterschaft ist Fidschi zwar noch nie über das Viertelfinale hinausgekommen, und in der Weltrangliste rangiert das Land nur auf Platz zehn. Zuletzt hat das Team aber zweimal in Folge die "World Rugby Sevens Series" gewonnen. Eine olympische Medaille in Rio wäre für Fidschi die erste in der Geschichte des Landes.

Der fidschianische Kader ist grandios besetzt, liest sich aber für den Laien ungefähr so wie die Mitgliederliste des chinesischen Politbüros: komplett unbekannt. Oder hat man hierzulande schon mal von Osea Kolinisau gehört, dem Mannschaftskapitän, einem gläubigen Christen, der seit seinem Debüt 2008 bereits 243 Länderspiele für Fidschi absolviert hat?

Für Schlagzeilen sorgte die Entscheidung des fidschianischen Trainers, auf Jarryd Hayne zu verzichten. Hayne, der wegen seiner Schnelligkeit "The Hayne Plane" gerufen wird, ist ein Rugby-League-Profi, der in Australien zweimal zum Spieler des Jahres gekürt wurde. 2015 wechselte er in die NFL zu den San Francisco 49ers, wo er einen Dreijahresvertrag im Wert von 1,6 Millionen Dollar erhielt - ohne zuvor jemals professionell Football gespielt zu haben. Ein Jahr später kündigte Hayne an, bei Olympia für Fidschi auflaufen zu wollen, das Land seines Vaters. Fünf Länderspiele bestritt er schließlich für den Inselstaat. Für Rio wurde er aber nicht berücksichtigt. Dass ein Ausnahmeathlet wie der Australier nicht nominiert wurde, zeigt die Klasse der Männer aus Fidschi.

Und Deutschland?

Deutschland scheiterte im Juni in der Qualifikation. Das deutsche Siebener-Team unterlag Samoa, das wiederum gegen Spanien verlor. Die Spanier sind jetzt in Rio dabei. Kurz: Es war knapp. Zuletzt nahm die deutsche Rugby-Mannschaft 1900 an olympischen Spielen teil, hautsächlich vertreten durch den SC 1880 Frankfurt. Fans erzählen gerne, Deutschland habe 1900 im Rugby olympisches Silber gewonnen. Das ist nicht falsch, aber sehr relativ. Damals spielten nämlich nur drei Mannschaften um den Titel - und am Ende wurden eine Gold- und zwei Silbermedaillen vergeben.

Das Turnier der Frauen findet vom 6. bis zum 8. August statt, die Herren spielen vom 9. bis zum 11. August. Mehr Informationen gibt es hier .

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