+++ Schach-Kandidatenturnier live +++ Anand gegen Karjakin
Mit einem Sieg könnte Viswanathan Anand das Schach-Kandidatenturnier wieder richtig spannend machen: In Moskau liegt der Fokus heute auf der Partie des Altmeisters gegen Sergej Karjakin.
Von
Bernd Schroller
- Das war es für heute. Morgen geht es wie üblich um 13 Uhr weiter. Bis dahin!
- Viswanathan Anand führt nun zusammen mit Fabiano Caruana die Tabelle an. Sergej Karjakin ist auf den dritten Platz zurückgefallen. Der Russe hat nun erstmals einen halben Punkt Rückstand. Da er in den letzten Runde aber noch gegen den Amerikaner antreten muss, darf er sich weiter berechtigte Hoffnungen machen.
- Nachdem Anand die möglichen Drohungen gegen seinen König ausgeräumt hatte, gelang es ihm, den schwarzen König an den a-Bauern zu binden und dann auf der anderen Brett-Seite entscheidend einzudringen. Am Ende konnte Karjakin nicht mehr alle Drohungen abwehren.
- Anand feiert einmal mehr in diesem Turnier ein sensationelles Comeback und gewinnt nach seiner gestrigen Niederlage heute gegen den bislang ungeschlagenen Spitzenreiter.
- 63. … Kc7 64. Kf4 Td7 65. Lh4 Kb7 66. Te8 Lf7 67. Te4 Ld5 68. Te3 Lb7 69. Kg5 Ka6 70. Te7 1:0
- 57. .. a5 58. Kg3 Tf7 59. Kf4 Th7 60. Te1 Kc8 61. Kg3 Tf7 62. Te8+ Kd7 63. Ta8
- Kommen wir zu unseren Partie zurück, in der einige weitere Züge gespielt sind und Anand nach einer kurzen Umgruppierung nun doch den Bauern auf der a-LInie ins Visier nimmt.
- Anish Giri - Hikaru Nakamura: Auch hier vergibt der Weiß-Spieler einen klaren Vorteil. Giri hatte den Sieg vor Augen, doch Nakamura fand den richtigen Verteidigungsweg und so endete dioe Partie in der Punkteteilung.
- Lewon Aronjan - Piotr Swidler: Swidler feiert seinen ersten Turniersieg. Und danach sah es ausgerechnet heute nicht unbedingt aus, da Aronjan lange Zeit die bessere Stellung hatte. Doch in Zeitnot kippte die Partie. Am Ende drangen Dame und Turm tödlich in die weiße Stellung ein. Das ist vielleicht ein wenig ausgleichende Gerechtigkeit für die vielen ausgelassenen Chancen des Sankt-Petersburgers.
- 55. Ta8 Ke6 56. Te8+ Kd7 57. Te3
- Die Idee ist aber nicht ohne Risiko, weil nach 55. Ta8 Ke6 56 Txa6 Th3 ein Matt auf f3 in der Luft liegt. Und die Coolness der Maschine hat kein Mensch, dass Anand dann einfach seinen Läufer auf h4 für ein Königsschlupfloch opfert und der a-Bauer den Weg zur Dame nimmt. Daher...
- 51. ... Kf7 52. Tc8 Ld5 53. Kf4 Ke6 54. Te8+ Kd7
- Der Turm pfeift den König wieder auf die siebte Reihe zurück. 51. ... Kd5 geht nicht, weil dann der Freibauer auf f6 unter Turmschutz nach 52. Te7 vorlaufen kann und der König dem Läufer die Sicht versperrt.
- 48. Txb7+ Kg8 49. Tb8+ Kf7 50. Kg3 Ke6 51. Te8+
- 45. Lg5 Le6 46. Td8+ Kf7 47. Tb8 Lxc4
- Wesselin Topalow vs. Fabiano Caruana: Die erste Partie des Tages endet mit einem Remis. Caruana hatte zwar eine Qualität mehr, doch gegen das unangenehme weiße Läuferpaar sah er am Ende keine Möglichkeit, daraus entscheidenden Vorteil zu ziehen. In der Zeitnotphase ließ der Amerikaner einige gute Züge aus, er wird mit dem halben Punkt aber an der Spitze bleiben. Mit wem er die Tabellenführung dann teilt, das der der Verlauf unserer Partie zeigen.
- 38. ... g6
- Auch die Worte von Daniel King werden etwas vorsichtiger: „Jedes Mal denke ich - es muss Remis sein, aber Anand hat jedes Mal einen gewissen Fortschritt gemacht. Er hat einen gesunden Bauern gewonnen. Ich wiederhole: es sollte aufgrund der verschiedenenfarbigen Läufer remis sein, aber jetzt hat Anand Gründe, um weiterzuspielen.“
- Anand verzichtet auf die direkte Eroberung des Bauern und verstärkt lieber seine Stellung. Der schwarze Läufer, der einst über wichtige Diagonalen verfügte, wird auf die Felder d7 und e8 beschränkt. Nimmt Karjakin nun auf h7, dann könnte Anand seinerseits den Bauern auf c7 decken. (Grafik: Chessbase)
- Selbst wenn es Schwarz nicht gelänge, diesen Bauern zurück zu holen, reicht der Blick auf den festgelegten Damenflügel: Dieser Mehrbauer ist nur schwer in irgendeinen Vorteil zu verwandeln.
- 34. Txe4 Kf7
- Karjakin gibt den Bauern auf e5 auf. Doch vermutlich ja er das einkalkuliert, weil nach dem Tausch der Türme auf c7 der dort dann stehende Bauer nur schwer zu halten ist.
- 33. c4 Le6
- Mit dem Königsrückzug droht Karjakin nun, die Stellung abzuschließen. Wenn der schwarze Läufer nach d5 kommt, sehe ich für Weiß wenig - vermutlich sogar keine - Möglichkeiten. Das Turmpaar wäre getrennt und der weiße Läufer hätte weiter keine aktiven Felder.
- 32. Tc7 Kf8
- Natürlich musste Karjakin die Bauernstrukur festlegen, weil Anand nach 31. ... bxa6 32. cxb6 ansonsten einen sehr starken Bauern auf der a-Linie bekommen hätte. Nun gibt es für Weiß aber die Idee, mit 32. Tc7 die beiden Türme auf die siebte Reihe zu bringen. Schwarz muss weiter sehr genau verteidigen.
- 31. b6 a6
- 30 Züge sind gespielt, ab jetzt dürften sich beide Spieler auf ein Remis einigen. Ich vermute aber, dass Anand seinen Angriff am Damenflügel zumindest zum Ende bringen wird. Ihm kann in dieser Stellung ja nichts passieren.
- 30. Td7 Te8
- Karjakin hätte im Zweifelsfalle nichts gegen einen Turmtausch auf c6 (30. bxc6 Txc6 31. Txc6 bxc6). Mit jeder Figur, die vom Brett verschwindet, kommt er der Punkteteilung normalerweise näher. Schwarz bringt zudem seinen Läufer über Umwege zurück ins Zentrum. Auf d5 wäre die schwarze Stellung im Zentrum komplett stabilisiert.
- 28. ... Lg8 29. b5 Tc8
- Daniel King will meinen Optimismus, dass in dieser Partie für Anand noch etwas möglich ist, nicht teilen. "Obwohl Anand die d-Linie mit den Türmen kontrolliert, sehe ich nicht, wie er weiterkommt. Das Problem für Weiß ist der Läufer - er kommt nicht richtig ins Spiel. Also, ich glaube, dass die Partie remis enden wird", so der Großmeister.
- Karjakin ist in dieses Turnier als großer Außenseiter gestartet. Und nun hat der ELO-schwächste Teilnehmer den Ausgang zumindest fast sicher in eigener Hand. Denn in der letzten Runde wartet als Gegner Fabiano Caruana. Der Russe darf die möglicherweise turnierendscheidende Partie zudem mit Weiß spielen.
- 23. Tad1 Le6 24. b3
- Karjakin wurde nach seinem Sieg gegen Anand in der Vorwoche gefragt, ob er sich schon Gedanken über den Turniersieg machen würde. Er verneinte und meinte zu Recht, dass es dafür nach vier Runden natürlich viel zu früh sei. In der elften Runde bekommt eine solche Frage natürlich eine etwas andere Relevanz.
- 22. Td6 Te8
- 21. ... g5
- 14. Dh5 Lxc5 15. dxc5 Se4
- Nach 40-minütiger Überlegung zieht Karjakin seinen Springer nach g6. In der schon zitierten Vorbildpartie gegen Iwanschuk hat er in leicht veränderter Zentrumsposiotion den Springer auch auf dieses Feld manövriert. Im Unterschied zu der Partie in Peking hat Anand aber jetzt die Möglichkeit zu 14. Dh5 - einem sehr prinzipiellen Zug in Richtung Königsflügel, der Schwarz aber nicht mehr zu Lf5 kommen lässt. Weiß muss allerdings auch aufpassen, dass er nicht in eine Stellung gerät, in der sich das Material quasi zwangsweise abtauscht. Dann würde die Stellung aufgrund der symmetrischen Bauernstruktur vermutlich sehr schnell verflachen.
- 13. ... Sg6
- Ein solcher 'jemand' könnte in diesem Turnier natürlich Anish Giri sein. Obwohl der Niederländer noch ohne Gewinnpartie ist, darf er sich vier Runden vor Toreschluss mit einem Punkt Rückstand durchaus noch kleine Hoffnungen auf den Turniergewinn machen. In drei der vier Runden hat der jüngste Turnierteilnehmer mit Hikaru Nakamura, Piotr Swidler und Wesselin Topalow drei Gegner vor sich, die vielleicht nicht mehr die allergrößten Ambitionen haben. Aber nach nun zehn Remis-Partien sind Zweifel an einer solchen Serie angebracht.
- Das lässt sich vielleicht auch an der bislang verbrauchten Bedenkzeit erkennen. Anand ist nach seiner Neuerung im zehnten Zug noch mitten in seiner Vorbereitung und hat bislang kaum Bedenkzeit verbraucht. Karjakin hingegen schaut jetzt schon über eine halbe Stunde in die Stellung nach dem zehnten Zug.
- Großmeister Daniel King sieht in der entstandenen Stellung sehr viel Potenzial für Anand: "Die Bauernstruktur mag symmetrisch sein, aber Anands Figuren stehen etwas aktiver. Der Läufer auf c1 kommt eventuell nach f4 und sieht besser aus als seinem gegenüber auf b6. Rein theoretisch ist die Stellung ausgeglichen, aber sie ist sehr viel leichter für Weiß zu spielen als für Schwarz."
- Anand müsste also im Vergleich zu Karjakin und Caruana aus den letzten drei Partien einen halben Punkt mehr holen als die beiden Führenden. Nach dieser Runde muss der Inder aber in gleich zwei der drei noch zu spielenden Partien mit Schwarz ran. Anand hat seine Siege hier ausschließlich mit Weiß geholt.
- 12. ... c6 13. Sc5
- Eigentlich muss Anand heute fast schon auf Gewinn spielen, wenn er dieses Turnier gewinnen will. Warum? Da wäre zunächst der Blick auf die Regularien. Sind am Ende des Turniers zwei oder mehr Spieler punktgleich, dann entscheidet zunächst der direkte Vergleich. Endet diese Partie also Remis, dann hätte Anand sowohl gegen Karjakin als auch gegen Caruana durch die jeweiligen Niederlagen das Nachsehen.
- 11. ... Sd6 12. Sb3
- Die anderen drei Duelle endeten einmal mehr remis, wir bleiben auch nach der zehnten Runde bei einer Quote von 25 Prozent Gewinnpartien. Nach den sehr tief ausgekämpften Partien vom Montag hatten wir gestern wieder zwei sehr schnelle Punkteteilung rund um den 30. Zug.
- Anand entschied sich für das sofortige Gegenopfer, bekam aber nach dem abschließenden Abtausch der Damen eine derart schlechte Stellung aufs Brett, dass die Einsteller nicht lange auf sich warten ließen. Nach 33 Zügen war der Spuk für den Inder entsprechend schnell vorbei.
- Anand verfiel in der Folge in langes Nachdenken. Und als Caruana in dieser Stellung auch noch seinen Läufer auf h6 opferte kam aus dem Staunen wohl mehr richtig heraus. Der Gewinn war zwar in der Folge nicht zwangsläufig, doch aufgrund der komplexen Stellung war eine echte Wiederlegung des Opfers am Brett auch fast unmöglich. (Grafik: Chessbase)
- Im Spitzenspiel des Mittwochs schlug der Amerikaner Anand auf sehr eindrucksvolle Art und Weise. Zunächst zeigte sich der 23-Jährige in der Eröffnung einmal mehr sehr gut präpariert, überrumpelte seinen Gegner in einer gut bekannten Variante mit einer interessanten Neuerung. Angeblich hatte sein Team im gewählten Vier-Springerspiel der Englischen Eröffnung 12. Dc2 erst in der Nacht zuvor entdeckt.
- Seit gestern ist der Kampf um das WM-Ticket noch einmal spanender geworden. Sergej Karjakin ist seit sechs Runden ohne Sieg an der Spitze. Die Co-Führung wechselte in dieser Zeit gleich dreifach. Nach der vierten Runde führte er zunächst allein. Nach der sechsten Runde gesellte sich Lewon Aronjan hinzu, Montag löste Viswanathan Anand den Armenier ab und seit gestern ist es nun Fabiano Caruana.
- Herzlich willkommen in Moskau. Noch sind die Spieler auf dem Weg zum Spiellokal. Aber in 30 Minuten beginnt wie jeden Tag das Kandidatenturnier. Heute wird bereits die elfte Runde gespielt.