
Sechste Tour-Etappe Boasson Hagen siegt im Massensprint
Hamburg - Der norwegische Radprofi Edvald Boasson Hagen hat die sechste und längste Etappe der 98. Tour de France für sich entschieden. Am Ende des 226 Kilometer langen Teilstücks von Dinan nach Lisieux in der Normandie setzte sich der 24-jährige Sky-Fahrer im Schlusssprint gegen den Australier Matthew Harley Goss (HTC-Highroad) durch. "Das ist unglaublich. Ich gewinne meine erste Etappe, und meine Eltern erleben es hier mit", sagte Boasson Hagen, der seine zweite Tour fährt.
Dritter wurde Norwegens Weltmeister Thor Hushovd vom Team Garmin-Cervélo, der damit das Gelbe Trikot des Führenden zum vierten Mal in Serie erfolgreich verteidigte. Eine Sekunde dahinter in der Gesamtwertung folgt der Australier Cadel Evans von BMC Racing. Die beiden großen Favoriten auf den Tour-Gesamtsieg, Alberto Contador und Andy Schleck, kamen zeitgleich mit Evans ins Ziel. Bester Deutscher wurde Gerald Ciolek (Quick Step) auf Rang acht.
Andreas Klöden (RadioShack) ist als Fünfter weiterhin bester Deutscher im Gesamtklassement, Tony Martin (HTC-Highroad) liegt auf Platz elf. "Das war schwer heute, besonders die letzten drei Kilometer bergauf", sagte Martin, dem das schlechte Wetter keine Probleme bereitete: "Ich mag das eigentlich. Für mich ist das besser als extreme Hitze."
"Ich weiß auch nicht, was da am Ende schiefgelaufen ist"
Die klassischen Sprinter spielten in einem anspruchsvollen Finale erwartungsgemäß keine Rolle. Der Belgier Philippe Gilbert behauptete das Grüne Trikot des Punktbesten als Siebter des Tages. Auf den regennassen Straßen von Lisieux in der Normandie wurde während der ansteigenden Zielankunft kräftig attackiert, kein Fahrer setzte sich jedoch entscheidend ab. Boasson Hagen siegte schließlich aus einer größeren Spitzengruppe, der auch alle Tour-Favoriten angehörten.
Mit Beginn der entscheidenden Rennphase setzten sie sich im Feld an die Spitze und gaben das Tempo vor. Top-Sprinter Mark Cavendish musste zusammen mit Anfahrer Mark Renshaw abreißen lassen. So lief alles auf Goss hinaus, der für das Team letztlich aber den zweiten Tageserfolg nacheinander verpasste. "Ich weiß auch nicht, was da am Ende schiefgelaufen ist", sagte Martin.
Auch im zweiten Teil der Etappe besserten sich die Bedingungen nicht. Im Gegensatz zur 5. Etappe, als es ein regelrechtes Sturzfestival gab, wurden die Teams der Tour-Favoriten jedoch diesmal verschont.
"Solche Straßen gehören nicht in die Tour"
Allerdings wurden starke Vorwürfe an der Etappenführung vom Mittwoch laut. Schleck fand die ausgewählten Passagen durch die Bretagne völlig ungeeignet. "Solche Straßen gehören nicht in die Tour. Das waren teilweise Feldwege", sagte der Herausforderer des spanischen Titelverteidigers Contador.
Jacob Fuglsang, Schlecks dänischer Kollege vom Team Leopard Trek, twitterte: "Gott sei Dank bin ich noch am Leben und in einem Stück. Das war die dümmste Etappe, die ich je gefahren bin." Besonders getroffen hatte es das Team RadioShack von Klöden, die in Janez Brajkovic (Slowenien) einen ihrer vier Co-Kapitäne nach einem schweren Sturz verloren.
Auch am Donnerstag hatten sie Pech, als Levi Leipheimer (USA) kurz vor dem Ziel zu Fall kam und Zeit verlor. Fünf Fahrer befanden sich diesmal in der Fluchtgruppe, die bei Kilometer 29 entstand. Der Franzose Anthony Roux (FDJeux), der Kolumbianer Leonardo Duque (Cofidis), Adriano Malori (Italien/Lampre) sowie die beiden Niederländer Johnny Hoogerland und Lieuwe Westra (beide Vacansoleil) erarbeiteten zwischenzeitlich einen Vorsprung von 11:25 Minuten.
Roux gewann den Zwischensprint nach 131 Kilometern, im Feld sicherte sich Cavendish die noch verbleibenden zehn Punkte. Hoogerland hatte es dagegen auf die Bergwertungen abgesehen und wurde am Ende mit dem Trikot des besten Kletterers belohnt, das er Cadel Evans abnahm.
Die siebte Etappe am Freitag ist mit 218 Kilometern von Le Mans nach Chateauroux die zweitlängste der diesjährigen Tour. Für die Favoriten und Fahrer mit Ambitionen auf das Bergtrikot ist sie jedoch keine große Herausforderung, denn das Streckenprofil ist äußerst flach.