
Vendée Globe: Einsam über die Ozeane
Segeln Hart, härter, Vendée Globe
Sie segeln allein, einmal um die Welt, nonstop, rund 24.000 Seemeilen über die Ozeane. Vorbei an Kap Hoorn, Kap Leuwin und dem Kap der Guten Hoffnung, entlang der Treibeisgrenze durch das Südpolarmeer. Begleitet werden sie von horrenden Stürmen, nervtötenden Flauten und ständigen Risiken. Es warten schlafende Wale oder treibende Container, dazu Schlafmangel, Einsamkeit und die Angst, bei Verletzungen irgendwo auf einem der Weltmeere auf sich allein gestellt zu sein.
Diese Kurzbeschreibung muss genügen, um zu erklären, warum die Vendée Globe als die härteste Segelregatta der Welt gilt. 1989 vom Segler Philippe Jeantot ins Leben gerufen, findet das Rennen seitdem alle vier Jahre statt. In Les Sables d'Olonne an der französischen Westküste fiel am Samstag der Startschuss zur siebten Auflage dieser Tortour für Einhandsegler. 19 Männer und eine Frau machten sich auf den einsamen Weg in der Hoffnung, am schnellsten von allen wieder in Les Sables d'Olonne anzukommen. Michel Desjoyeaux gewann die Auflage 2008/2009 in 84 Tagen, drei Stunden, neun Minuten und acht Sekunden.
Die Rennyachten der Teilnehmer vom Typ Imoca Open 60 sind rund 18 Meter lange Einrumpfer aus Karbon. Wahre Rennmaschinen, die ihre Kiele unter Wasser nach Luv schwenken können. Normalerweise sitzen bei diesen Bootsgrößen mehr als zehn Mann auf der Kante, bei der Vendée Globe müssen die Skipper allein kämpfen. 4000 bis 6000 Kalorien verbrennen sie bei der Regatta pro Tag. Wer ganz vorne mit dabei sein will, muss seine Kräfte gut einteilen.
Ein Sieg bei der Vendée Globe ist für Segler so etwas wie die Besteigung des Mount Everest für Bergsteiger. Was beide Vorhaben eint: Nicht jeder schafft sie, manche bezahlen gar mit ihrem Leben für das Abenteuer.
Nur die Hälfte aller Starter kommt ins Ziel
Bei der vergangenen Ausgabe der Vendée Globe 2008/2009 gaben von den 30 gestarteten Skippern 19 unter anderem wegen gebrochener Masten oder totaler Erschöpfung auf. Bei den bisherigen sechs Regatten kam im Schnitt nur die Hälfte aller gestarteten Teilnehmer auch ins Ziel. 1992 verlor der Brite Nigel Burgess sein Leben auf hoher See. Bei der dritten Auflage 1996/1997 blieb der Kanadier Gerry Roufs verschollen.
Für die aktuelle Ausgabe haben es 20 Segler an die Startlinie geschafft: zwölf Franzosen, drei Engländer, zwei Schweizer sowie je ein Italiener, Spanier und Pole. Das Feld ist zwar kleiner als sonst, aber selten war es so ausgeglichen.
Fünf Franzosen gelten als Favoriten auf den Sieg
Der deutsche Top-Segler Jörg Riechers sieht eine Gruppe von fünf Skippern um das Podium kämpfen. Marc Guillemot (Safran), François Gabart (Macif), Jean-Pierre Dick (Virbac), Armel Le Cléac'h (Banque Populaire) und Vincent Riou (PRB), allesamt Franzosen mit Yacht-Konstruktionen des VPLP/Verdier Büros. Als Top-Favorit sieht Riechers dabei Le Cléac'h. "Er hat einen sehr guten Background aus der Classe Figaro und mit Brit Air 2008 ein super Vendée-Globe-Debüt abgeliefert. Er versteht es, ein Boot hart zu segeln, ohne es zu zerstören."
Riechers hätte sich auch gerne für die Vendée Globe qualifiziert, scheiterte aber ebenso wie Deutschlands zweiter herausragender Einhandsegler, Boris Herrmann, bei den Bemühungen, finanzkräftige Sponsoren zu finden. Riechers kündigte aber bereits einen Anlauf für die nächste Vendée Globe 2016 an und hat mit dem Mare Verlag schon einen Teil des Sponsorings gedeckt. Aber auch Herrmann will einen erneuten Anlauf starten.
Die Bedeutung der Vendée Globe lässt sich auch daran erkennen, was seit Wochen in diesem beschaulichen 15.000-Einwohner-Städtchen Les Sables d'Olonne los ist. Rund 1000 akkreditierte Journalisten berichten über die Veranstaltung. Die französische Bahn hat täglich sechs zusätzliche TGV-Züge für die Strecke Paris-La Rochelle eingesetzt, um die Besucher zum Start- und Zielort zu bringen. Der riesige Busparkplatz vor dem Hafen ist täglich überfüllt.
Bevor sich die Absperrgitter täglich um Punkt zehn Uhr öffnen, warten bereits Tausende Besucher schon seit Stunden am Regattahafen. Dann schwappt die Menschenflut über das Hafengelände. Bislang waren mehr als eine Million Besucher da, um Boote und Skipper aus der Nähe zu bestaunen. Der Steg ist breit, für derlei Massen aber nicht breit genug. Und so kommt es, dass täglich ein paar der Besucher im Wasser landen. Genau das wollen die Skipper auf den Weltmeeren um jeden Preis vermeiden.
Mehr zur Vendée Globe lesen Sie auf segelreporter.com .