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100-Meter-Sprint: Die magischen 9,63 Sekunden des Usain Bolt

Foto: Alex Livesey/ Getty Images

Gold für Usain Bolt über 100 Meter Zu gut für diese Welt

Usain Bolt hat es in London allen gezeigt. Erst sprintete der Jamaikaner mit der zweitschnellsten je gelaufenen Zeit über 100 Meter souverän zu Gold. Dann zog er seine Stadionshow ab - und bedankte sich hinterher bei dem Deutschen, der seinen Triumph ermöglicht hatte.

Der Meister selbst wusste als erster, dass an diesem Abend alles nach Wunsch laufen würde. Nach dem Halbfinallauf "war jeglicher Druck verschwunden", danach herrschte bei Usain Bolt nur noch "Vorfreude" auf den Endlauf. Und ein Bolt ohne Druck - der ist immer noch zu gut für den Rest dieser Welt. In beeindruckenden 9,63 Sekunden verteidigte der Jamaikaner seinen Olympiatitel auf der 100-Meter-Strecke und konnte anschließend allen Zweiflern und Kritikern ins Gesicht sagen: "Ihr habt gezweifelt, aber ich habe es gebracht."

Bolt ist und bleibt der schnellste Mann der Welt. Das hat die Konkurrenz, die zuvor am Thron des Sprintstars gerüttelt hatte, einsehen müssen. "Er ist einfach der Beste", gab Landsmann Yohan Blake, der zweitbeste Sprinter der Welt, zu. Und Bronzemedaillengewinner Justin Gatlin aus den USA war schon zufrieden damit, "dabei gewesen zu sein, als hier Geschichte geschrieben wurde". Dem Vierten, Gatlins US-Kollegen Tyson Gay, liefen da schon die Tränen übers Gesicht. Die US-Amerikaner waren wieder einmal die großen Geschlagenen.

Das Aufeinandertreffen der fünf Männer, die bisher die schnellsten Zeiten über die 100 Meter gelaufen sind: Bolt, Blake und der dritte Jamaikaner Asafa Powell auf der einen Seite, Gatlin und Gay auf der anderen Seite - mehr ging nicht. Und es war am Ende dennoch eine klare Angelegenheit. Wie so oft verbummelte Bolt zwar seinen Start, zog aber im Endspurt unaufhaltsam an der Konkurrenz vorbei.

Vorlauf: Wieder mal vor dem Ziel abgebremst

Sein Trainer Glen Mills habe ihm zuvor geraten, sich einfach keine Gedanken mehr über seine Starts zu machen, schließlich liege seine Stärke doch ganz woanders, nämlich im Zielsprint. "Also habe ich aufgehört, mir Sorgen zu machen." So einfach ist das in der Welt des Usain Bolt.

Viele hatten damit gerechnet, dass Blake den 25-Jährigen besiegen würde. Der Weltmeister hatte zuvor mit 9,75 Sekunden die beste Zeit des Jahres hingelegt, er hatte Bolt in den jamaikanischen Ausscheidungen hinter sich gelassen, er war auch im Halbfinale schneller gewesen - wobei Bolt da wieder einmal vor dem Ziel förmlich abgebremst hatte. So wie er das bei seinen großen Wettkämpfen bei den Spielen in Peking 2008 oder bei der WM 2009 in Berlin auch schon gemacht hatte. Eine erste Demonstration der Stärke.

Auch eine Glasflasche konnte Bolt nicht stoppen

Die er dann im Endlauf voll ausspielte. 9,63 Sekunden - so schnell ist nur ein Mensch bisher einmal gelaufen: Bolt selbst bei seinem Weltrekord in Berlin. Aber zwischen den Olympischen 100-Meter-Triumphen von Peking und London gab es eben nicht nur Berlin, es gab auch die WM im südkoreanischen Daegu im Vorjahr, wo Bolt nach einem Fehlstart im Finale disqualifiziert wurde. "Das hat mich lange beschäftigt", gab Bolt zu und war in diesem Moment das Gegenteil von dem Sprücheklopfer und Großmaul, das er sonst so gerne und ausgiebig nach außen spielt. "Erst als ich im Stadion war, die Menschenmassen hörte und sie mich bei der Begrüßung bejubelt haben, da war das alles vergessen."

Der Supersprinter ließ sich dann auch nicht mehr von einer Glasflasche irritieren, die kurz vor dem Start aus dem Publikum geworfen wurde und in seiner Nähe landete. Wenn die Bolt-Show erst einmal läuft, ist sie nicht aufzuhalten. Und ging im Stadion noch weiter, als das Rennen schon eine Stunde lang vorbei war. Bolt ließ sich feiern, schlug einen Purzelbaum, machte seine berühmte Siegerpose und tat ohnehin all das, was man vom Leichtathletik-Entertainer Bolt erwartet.

Vor der Presse verteilte er noch ein paar freundliche Wort an seinen Arzt, den Münchner Hans-Wilhelm Müller Wohlfarth - "viel mehr als ein Doc für mich" - er applaudierte den Journalisten, die sich im Gegenzug erkenntlich zeigten und keine Fragen über lasche Dopingkontrollen auf Jamaika und ähnlich böse Dinge fragten. Ein Abend ganz nach dem Geschmack des Usain Bolt.

Und es soll noch lange nicht der letzte dieser Art gewesen sein. "Gegen Yohan in Rio 2016 zu laufen, das könnte doch interessant sein", sagte er. Der Plan, seine Dominanz auch auf die 400-Meter-Strecke auszuweiten, ist ebenfalls noch nicht abgehakt. Für seine Gegner hatte er noch einen Trost parat: "Es kann nicht jeder der schnellste Mann der Welt werden." Es gibt nämlich nur einen.

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