Talkshow-Auftritt Ullrich bricht mit Beckmann
In dem TV-Gespräch brachte Beckmann Ullrich mit kritischen Fragen ein ums andere Mal in Verlegenheit und schaltete zu dessen offensichtlicher Verblüffung den ARD-Dopingexperten Hajo Seppelt aus einem Nebenstudio zu. Im Anschluss an die Aufzeichnung der Sendung am Montag Nachmittag kam es zu einem Wortgefecht zwischen Ullrich, dessen Beratern und der "Beckmann"-Redaktion. Das bestätigte Ullrichs Sprecher Michael Lang, der bei der Auseinandersetzung anwesend war, auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE.
Anlass der hitzigen Diskussion war laut Ullrichs Manager Wolfgang Strohband, dass Talkmaster Reinhold Beckmann mehrere mündliche Vereinbarungen nicht eingehalten haben soll, die vor der Aufzeichnung angeblich getroffen worden waren. Demnach hatte bereits am Sonntag ein Gespräch zwischen Ullrich, Strohband und Reinhold Beckmann stattgefunden - laut Strohband "auf Wunsch von Beckmann".
In diesem Gespräch soll der Talkmaster seinem prominenten Gast zugesichert haben, ihn nicht zum spanischen Dopingskandal zu befragen und keine weiteren Gäste außer Ullrich und seiner Frau Sara einzuladen. Zudem soll Ullrich die mündliche Zusage erhalten haben, die Aufzeichnung der Sendung - die erst am späten Abend ausgestrahlt wurde - vorab zu sehen und kritische Passagen herausschneiden lassen zu können.
Nach der Aufzeichnung des Talks mit den scharfen Fragen Beckmanns und der Zuschaltung Seppelts "haben wir darum gebeten", so Strohband, "diesen Teil der Sendung herauszuschneiden. Daraufhin hat uns eine Mitarbeiterin des NDR erklärt, das sei nicht mehr möglich".
Ullrich-Sprecher Lang hat die Situation so in Erinnerung: "Herr Beckmann und seine Redaktion waren offenbar nicht abgeneigt, unsere Vorgaben zu erfüllen und die Passagen zu entfernen", doch auf Druck des NDR sei der Gastauftritt von Seppelt gesendet worden. Die Sendung "Beckmann" wird von einer privaten Produktionsfirma im Auftrag des NDR hergestellt.
In der ersten Aufregung überlegten Strohband und Lang laut Informationen von SPIEGEL ONLINE, mit einer einstweiligen Verfügung die Ausstrahlung der Sendung zu verhindern, sahen davon aber mit Blick auf mögliche negative Schlagzeilen ab. Ein Bericht der "Bild"-Zeitung von heute, in dem mit Bezug auf einen angeblichen schriftlichen Vertrag zwischen Beckmann und Ullrich behauptet wird, dass der Radstar juristisch gegen weitere Ausstrahlungen der Sendung vorgehen wolle, ist laut Strohband schlicht falsch. Der im Artikel zitierte Rechtsanwalt Marcus M. Hotze sei "sehr erbost" über den Artikel. Auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE teilte eine Mitarbeiterin von Hotze unwirsch mit, dass es "ganz und gar unmöglich sei, ihn zu diesem Thema zu sprechen".
Strohband versicherte SPIEGEL ONLINE, dass weder eine schriftliche Vereinbarung existiert habe noch juristische Schritte gegen Beckmann geplant seien. Er sei ebenso wie Ullrich "menschlich enttäuscht", dass der Talkmaster "die Freundschaft zu Jan und Sara genutzt hat, um die beiden in die Sendung zu holen" und sich dann nicht an die Absprachen gehalten habe. Bereits in der offiziellen Ankündigung der Sendung war allerdings am Sonntag nachzulesen, dass es auch um Doping-Vorwürfe gehen werde. "Beckmann"-Sprecher Frank Schulze ist erstaunt über Strohbands Vorwürfe: "Wo soll es denn da Absprachen gegeben haben? Wir kündigen doch nicht einen Tag vorher das zentrale Thema der Sendung an, wenn es angeblich nicht angesprochen werden durfte."
Beckmann selbst verteidigt sich gegen die Vorwürfe. Der "Bild"-Zeitung sagte er heute: "Jan Ullrich wusste, dass es sich um ein journalistisches Gespräch handeln wird. Darüber haben wir vorher gesprochen. Es ist doch klar, dass wir eine Untersagung der zentralen Frage nach dem Doping-Arzt Fuentes niemals zugelassen hätten. Jan Ullrich hat einen ganz normalen Gäste-Vertrag bei uns. Darin ist nicht vorgesehen, nach der Sendung Passagen zu entfernen, die einem nicht gefallen oder Einfluss auf die Sendung zu nehmen."
Der NDR bestätigt Beckmanns Aussage in einer schriftlichen Stellungnahme und betont, dass "lediglich ein Gespräch über die Sendung nach der Aufzeichnung" zugesagt worden sei. Ulrike Jonas, die zuständige NDR-Redakteurin, habe demnach gegenüber Ullrich und dessen Begleitern "deutlich gemacht, dass weder ein Herausschneiden der Doping-Passage noch der Zuschaltung des Doping-Experten Hajo Seppelt für sie in Frage kommt".
Zur Aussage von Ullrich-Sprecher Lang, dass Beckmann durchaus bereit gewesen sei, die umstrittene Passage wieder herauszunehmen, hat der Talkmaster auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE bislang noch nicht Stellung genommen.
Der Auftritt von Jan Ullrich bei "Beckmann" wird ungeschnitten morgen um 10.15 Uhr auf 3sat wiederholt.