Team Telekom Tour-de-France-Sieger Riis gesteht Doping
Kopenhagen - "Ich habe Doping genommen, ich habe Epo genommen. Ich habe es selbst gekauft und eingenommen", sagte der ehemalige Telekom-Kapitän, der 1996 die Tour de France gewann. Er ist der erste Sieger des wichtigsten Radrennens der Welt, der zugibt, seinen Sieg mit unerlaubten Mitteln erreicht zu haben.
Riis ist seit 2001 Teamleiter des dänischen CSC-Teams. Zuvor war er bis 2000 an der Seite von Jan Ullrich für den T-Mobile-Vorgänger Team Telekom gefahren. Aus dieser Mannschaft hatten bereits Bert Dietz, Christian Henn, Udo Bölts, Rolf Aldag, Brian Holm und Erik Zabel Doping zugegeben.
Riis will seinen CSC-Rennstall weiter führen. Alle wichtigen Sponsoren hätten ihm ihre weitere Unterstützung zugesagt. Der 43-Jährige sagte, seit Ende seiner aktiven Zeit ein entschiedener Gegner jeder Manipulation zu sein. Deshalb habe er vor der Tour 2006 auch seinen Kapitän Ivan Basso aus dem Aufgebot genommen und sich von dem unter Dopingverdacht stehenden Italiener im vergangenen Herbst getrennt. Basso hat inzwischen gestanden, mit dem Doping-Arzt Eufemiano Fuentes zusammengearbeitet zu haben.
Der Däne rechtfertigte sich für seine Doping-Vergehen: "Ich war Radsportler zu den Bedingungen, die es damals im Sport gab." Er sagte weiter: "Ich bin stolz auf meine Ergebnisse. Ich weiß, dass sie nicht auf ganz ehrliche Weise zustande gekommen sind, aber ich weiß, wieviel Arbeit und Anstrengungen ich hineingesteckt habe." Diese Sichtweise begründete Riis so: "Man kann soviel dopen, wie man will wenn man kein richtiger Sportler ist und nicht richtig trainiert, hat man keinen Erfolg."
Riis bestritt auch die Aussagen, die der frühere Telekom-Betreuer Jef D'hont im SPIEGEL über Riis gemacht hatte: "Ich habe nie einen Hämatokritwert von 64 gehabt, ich habe nie Gicht gehabt, wie D'hont sagt. Ich war nie vollgepumpt mit Doping." Der Däne weiß nach eigenen Angaben nicht, ob sein früherer Teamkollege Jan Ullrich früher gedopt hat. Auf mehrfache Nachfragen sagte er: "Das ist eine private Sache.
Ullrich hat über seine Anwälte erneut Widerspruch gegen die Überstellung von Beweismitteln aus Spanien an die deutsche Justiz eingelegt. "Der Einspruch ist jetzt bei uns eingegangen", sagte die Bonner Staatsanwältin Monika Ziegenberg der "Süddeutschen Zeitung". Ullrichs Manager dementierte auf Nachfrage von SPIEGEL ONLINE einen Zeitungsbericht, nach dem sich der Radstar zu den Geständnissen äußern wolle.
Trotz des Doping-Geständnisses wird Riis sein Toursieg nicht aberkannt. "Die achtjährige Verjährungsfrist ist abgelaufen, wir schreiben die Geschichte nicht mehr um", sagte Pat McQuaid als Präsident des Radsport-Weltverbandes. Riis sagte: "Das gelbe Trikot liegt in einem Pappkarton im Keller. Ihr könnt kommen und es abholen. Es bedeutet nichts. Die Erinnerungen kann mir keiner nehmen." Den zweiten Platz bei der Tour 1996 hatte Ullrich belegt.
Riis äußerte sich kritisch zur Doping-Berichterstattung in diesen Tagen: "Es gibt eine Tendenz, die Dummheiten der Vergangenheit zur wichtigsten Angelegenheit der Gegenwart zu erklären. Ich verstehe das nicht. Ich habe gedacht, die Vergangenheit wäre Vergangenheit." Auf die Nachfrage dänischer Journalisten, warum er elf Jahre lang gelogen hatte, sagte Riis: "Ich finde, ich hatte keine andere Wahl."
Der dänische Ex-Profi will auch nicht Teil eines Doping-Systems gewesen sein: "Es tut mir leid, dass die Ärzte so bloßgestellt werden. Ich muss es sein, der selbst die Verantwortung übernimmt." Auch sein damaliger Arzt Luigi Cecchini sei nicht am Doping beteiligt gewesen: "Cecchini hat mir nie Epo oder verbotene Stoffe gegeben. Er war derjenige, der mir gesagt hat, ich solle auf mich aufpassen."
Riis gestand zudem ein, auch andere Dopingmittel genommen zu haben: "Es war Kortison im Spiel und ein paar Wachstumshormone." Nebenwirkungen will der einstige Telekom-Kapitän nicht verspürt haben: "Die einzige Wirkung war, dass ich ein schneller Fahrer war."
Der CSC-Teamleiter warb für das nach seinen Worten "sichere" Testsystem in seinem Rennstall und plädierte dafür, die anhaltende Doping-Diskussion zu beenden: "Es ist nicht nötig, dass sich alle jetzt in die Öffentlichkiet begeben. Wo soll das denn aufhören? Die Vergangenheit kann man nicht ändern." Weitere Geständnisse von Radprofis seien laut Riis nicht sinnvoll: "Der ganze Radsport muss sich nicht bekennen. Wenn ich das hier stellvertretend für den Radsport tun soll, kann ich das machen."
Die deutsche Regierung hat mit Bestürzung auf den jahrelangen Betrug in der Szene reagiert. "Im Radsport hat es offensichtlich ein bislang unvorstellbares Ausmaß an systematischer und fortgesetzter Manipulation gegeben", erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel, "dis bisherigen Geständnisse und Ermittlungen reichen nicht aus, um reinen Tisch zu machen".
all/sid/dpa